Klein, clever, massenhaft
Zum ersten Mal war Christian Hartmann verblüfft, als sich das Umweltamt der Stadt Dresden für nicht zuständig erklärte. Zum zweiten Mal, als sich kein Kammerjäger fand, der für Langebrück diesen Job übernehmen wollte. Die Rede ist natürlich von der Super-Ameise, die Sachsen erreicht hat. Genauer gesagt »Tapinoma Magnum«, die nicht nur Superkolonien gründet, sondern sich auch mit anderen Ameisen-Staaten vernetzt und sich ihnen anschließt, wenn die eigene Königin getötet wird. Genau das unterscheidet sie von anderen Ameisenarten – und vielleicht ihr Drang in Gebäude, Kabelschächte und Leitungen. Da kommt sie dem Menschen in die Quere.
Der Westen macht es diesmal vor
Coswig (Landkreis Meißen) bangt nach erstem Auftreten in einem Gartenmarkt, dass doch genügend Exemplare ausgebüxt sein könnten und irgendwo auftauchen. Ordnungsamtsleiter Olaf Lier hat ein waches Auge darauf. Für ihn ist klar: Sollte die Ameise ausschwärmen, muss die Gemeinde mit den Bürgern gemeinsam etwas tun.
Der Westen macht es vor: In Kehl (Ortenaukreis) hat die Ameise unter anderem Stromausfälle ausgelöst und den Boden eines Spielplatzes unterhöhlt. Die Gemeinde hat ein spezielles Heißwassergerät angeschafft. Kostenpunkt: 20.000 Euro. Außerdem sollen extra Mitarbeiter eingestellt werden, die an mehreren Tagen in der Woche mit dem Gerät durch die Straßen Schutterwalds ziehen, um die Ameisen zu bekämpfen. Pro Jahr rechnet die Gemeinde dafür mit 40.000 bis 50.000 Euro.
In Langebrück, das kommunal zu Dresden gehört, laufen die Anwohner selbst mit Wasserkochern den Gehweg hoch und runter. Juristisch korrekt: Grundstückseigentümer sind ja auch für andere Schädlinge selbst zuständig. Im Leben nicht tauglich: Im Ernstfall hat nur eine übergreifende Bekämpfung Sinn. Christian Hartmann hat deshalb an Dresdens OB Dirk Hilbert geschrieben und dem Straßen- und Tiefbauamt mögliche Folgen benannt. »Ich werde jedenfalls nicht warten, bis aus 200 Metern Befall 20 Hektar werden«, sagt er.
Doch wer legt eigentlich fest, was heimisch ist? Ab wann gilt eine Art als »invasiv«, mit dem Nimbus »böse«, weil sie alles davor »heimische« verdrängt? Diese zutiefst lineare Weltsicht kann nur aus Amtsstuben kommen. Festgelegt gelten als invasive Arten tatsächlich alle Arten, die nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus 1492 nach Europa eingewandert sind bzw. eingeführt wurden, so die Landesdirektion Sachsen. Fachleute schätzen deren Zahl heute in Deutschland auf 2.000 Arten. Die EU hat in einer »Unionsliste« 88 Arten aufgeführt, die invasiv eingewandert sind und zuvor in keinem EU-Land vorkamen. Die Super-Ameise – die Große Drüsenameise (daher der stark ranzige Geruch) – steht nicht auf der Liste. Sie ist eine echte Südspanierin.
Zu den 88 Arten auf der Unionsliste gibt es von 48 Arten Nachweise, 30 Arten gelten als weit verbreitet. Zuletzt hinzugekommen ist übrigens die Asiatische Hornisse. In Sachsen gibt es von 26 Arten Nachweise, 16 sind in Sachsen überall anzutreffen (das sind beispielsweise Waschbär, Nutria, Nilgans, Kamberkrebs, Götterbaum oder Riesenbärenklau).
Gegen viele Arten längst aufgegeben
Die Super-Ameise gehört zu den Arten, die erhebliche wirtschaftliche Schäden hervorrufen können. Die Asiatische Hornisse wiederum erbeutet in großer Zahl Honigbienen. Der Waschbär dezimiert wie der Marderhund rapide Reptilien, Amphibien und Brutvögel und kann auch für den Menschen gefährliche Krankheiten übertragen. Der Saft des Riesenbärenklaus kann bei Hautkontakt und Sonneneinstrahlung zu schweren Hautverbrennungen führen. Die heimischen Edelkrebse sind bereits vor über 120 Jahren durch den invasiven Erreger der Krebspest fast völlig zusammengebrochen.
Ob der Mensch nun der Ameise den Kampf ansagt, wird wohl daran bemessen, wie groß die Schäden an seiner Infrastruktur sind. Denn gegen die Verschiebung des Naturgleichgewichts tut er gewöhnlich weniger.

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