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Aus Großbritannien nach Görlitz?

Mit einer neuen Online-Plattform spricht die Europastadt Görlitz/Zgorzelec ausländische Fachkräfte in Großbritannien an. Gezielt auf die Insel schaut man in Zittau und Weißwasser nicht. Um Fachkräfte wirbt man aber auch hier mit verschiedenen Aktionen.
Mit der neuen Plattform www.welcome-goerlitz-zgorzelec.com werben Görlitz und Zgorzelec gezielt um Fachkräfte in Großbritannien. Foto: Screenshot

Mit der neuen Plattform www.welcome-goerlitz-zgorzelec.com werben Görlitz und Zgorzelec gezielt um Fachkräfte in Großbritannien. Foto: Screenshot

Obwohl sich Görlitz in den letzten Jahren beharrlich gegen den Bevölkerungsrückgang gestemmt hat, sind die Spätfolgen des massiven Wegzugs in den 90er Jahren und der demografische Wandel deutlich zu spüren. Die Fachkräftesicherung gewinnt dabei besonders an Bedeutung. Schon jetzt gibt es viele deutsche Rückkehrer (also ehemalige Görlitzer, die in ihre Heimat zurückkehren), doch der weitere Bedarf ist sehr groß. Das gilt natürlich nicht nur für Görlitz. Im Landkreis Görlitz sind aktuell mehr als 1300 Stellen unbesetzt. In vielen Branchen wäre bereits heute ohne ausländische Mitarbeiter kein Betrieb möglich. Die Situation spitzt sich bis 2030 zu. Laut Zahlen der IHK Görlitz verlassen bis dahin ein Drittel der Beschäftigten die Betriebe und gehen in Rente. Das sind 26000 Menschen. Nur rund die Hälfte wächst über die Jugend nach. »Eine der ersten Fragen, die wir von potentiellen Investoren immer gestellt bekommen, ist: Wo bekommen wir unsere Fachkräfte her?«, sagt Andrea Behr, Geschäftsführerin der Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH, der kommunalen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus. Sie ist für die Konzeption und Umsetzung der Kampagne verantwortlich. Görlitz und Zgorzelec gehen jetzt mit der Plattform www.welcome-goerlitz-zgorzelec.com einen neuen Weg und werben gezielt um Fachkräfte in Großbritannien. »Wir wissen, dass viele gut ausgebildete Polen in Großbritannien beschäftigt sind. Aber nicht nur Polen, auch viele Deutsche arbeiten dort«, sagt der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu. Sein Zgorzelecer Kollege Rafa? Gronicz ergänzt: »Wenn diese Fachkräfte wegen des Brexits an eine Rückkehr denken, dann wäre es gut, wenn sie an unsere Region denken.« Was potenzielle Neu-Bürger hier erwartet, zeigt die Website. Neben umfangreichen Informationen zum Arbeiten und Leben in Görlitz/Zgorzelec beantwortet sie viele, ganz praktische Fragen zum Umzug nach Deutschland, präsentiert hilfreiche Links und porträtiert auch Neu-Görlitzer. Die Webseite ist deutsch, englisch und polnisch. „Wir merken, dass das Interesse an diesen Informationen sehr groß ist. Mit unserer kompakten Übersicht und emotionalen Geschichten wollen wir internationale Fachkräfte einladen, in unserer Europastadt ihre Chancen für die berufliche und private Zukunft zu finden und zu nutzen“, erläutert Andrea Behr.

Spätschicht, Berufepark und Rückkehrertag in Zittau

Gezielt in Richtung Großbritannien schaut man in Zittau nicht. „Wir verfolgen die Aktivitäten der Kolleginnen und Kollegen in Görlitz mit großem Interesse, haben aktuell jedoch keine eigenen Aktionen in Richtung Großbritannien in der Planung“, sagt Zittaus Pressesprecher Michael Scholze. Die Themen Rückkehrer und Fachkräfte würden aber aktiv bespielt, sagt Scholze und liefert Beispiele. Die von der Wirtschaftsförderung Zittau initiierte und inzwischen schon im zweiten Jahr mit Görlitz und Weißwasser gemeinsam veranstalteten „Spätschicht“ zielt als Tag der offenen Tür in den Unternehmen ganz bewusst auf Fachkräfte; der Berufepark spricht schon die Jüngsten Schulabgänger darauf an, ihre Ausbildung und ihren Jobeinstieg in den einheimischen Unternehmen zu wagen. „Und schließlich bereiten wir gerade gemeinsam mit der Stadt Ebersbach/Neugersdorf den dritten Rückkehrertag vor“, so Scholze. Am 27. Dezember werden von 10 bis 14 Uhr im Theater Zittau all die vielen Feiertags-Heimkehrer und Heimkehrerinnen angesprochen. Ihnen soll mit der Veranstaltung gezeigt werden, dass es sehr lohnenswert sein kann, in die frühere Heimat zurück zu kommen.

Weißwasser setzt auf Rückkehrer

Gezielt in Richtung Großbritannien schaut man auch in Weißwasser nicht. Man kenne das zielgruppenfokussierte Marketingprojekt aus Görlitz und Zgorzelec, biete das aber in dieser Exklusivität nicht, so Wulf Stibenz, Referent des Oberbürgermeisters. Ein Augenmerk liege in Weißwasser auf den Rückkehrern. Das habe einfache Gründe. „Rückkehrer müssen nicht emotional von Land, Leuten und Region überzeugt werden. Sie haben hier zumeist noch Kontakte, kennen die Potenziale, Reize und brauchen nur eine berufliche Perspektive, weil sie alles andere hier ja finden oder haben“, so Stibenz. Auf dem Rückkehrertelefon der Stadt haben bereits hunderte Leute angerufen, je nach Monat schwankt die Zahl zwischen einem bis zu zehn Anrufern.  Die Stadt setzt zudem auf Zuzug generell. „Wir haben als Stadt ein Gutscheinsystem entwickelt für jeden, der sich hier anmeldet.“ Das ermöglicht freien Eintritt bzw. freie Nutzung in Schwimmhalle, Tierpark, Glasmuseum und Bibliothek.  Zudem werden die Ankömmlinge beispielsweise bei Jobsuche, Wohnungssuche und Kitaplatzsuche unterstützt. „Außerdem haben wir mit der Homepage und der Stadtapp ein Modul geschaffen, was Alt und Jung zugleich neben Veranstaltungen auch Dienstleistungen und z.B. niederschwellige Angebote präsentiert und diese aktuell hält“, sagt Wulf Stibenz. Dadurch haben Neu-Weißwasseraner schnell und besser Anschluss.


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