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Verena Farrar

Hohe Pässe und mit dem Zug in die Wolken

Zeithain/ Chile. Erlebnisse, die man nicht planen kann erleben Gabi und Frank Wagner aus Zeithain bei ihrer Reise durch Südamerika. Ihr Reisemobil "Paula" begleitet sie dabei überall hin - fast überall... Teil 8

Die Mercedes Werkstatt in Santiago hat mit einer Werkstatt nicht viel gemein. Es ist ein Werk. Über 700 Mitarbeiter sind hier beschäftigt und es gibt für alle Arbeitsschritte eigene Hallen. Es werden nicht nur Ersatzteile ausgetauscht sondern repariert. Alles ist sauber und aufgeräumt. Das hat schon hohen europäischen Standard. Wir verbringen zwei Tage hier und dürfen, aller Vorschriften zum Trotz, auch in der Werkstatt in Paula schlafen. Ab 22.00 Uhr sollen wir allerdings das Auto nicht mehr verlassen, damit wir den Alarm nicht auslösen. Zu unserer Zufriedenheit werden hier die Stoßdämpfer gewechselt und das ewig leidige Problem mit der Kupplung behoben. Täglich dürfen wir kostenlos in der betriebseigenen Kantine zu Mittag essen und am Ende bekommen wir noch einen fetten Rabatt, da wir arme Reisende aus Deutschland sind. Besser geht kaum. Nur eine Spurstange können sie uns hier in Chile nicht besorgen, im ganzen Land ist keine aufzutreiben.

Wir sollen es in Argentinien versuchen. Damit ändern wir unsere weiteren Reisepläne und machen uns auf den Weg auf die andere Seite. Da Reisefreunde von uns auf gleicher Höhe wir in Chile, in Argentinien unterwegs sind, beschließen wir kurzerhand uns in Mendoza zu treffen. Gesagt, getan. Wir verbringen ein paar schöne Tage mit Susi, Walter und Manfred. Da die Spurstange auch in Argentinien nicht zu besorgen ist, müssen wir leider in den sauren und teuren Apfel beißen und diese aus Deutschland kommen lassen.

 

Bei Mercedes in Zeithain wird alles bestellt und verpackt und unser Freund und Nachbar regelt den Versand. Vielen lieben Dank an Anica, Jens und Lutz für eure Unterstützung!!!!! Die Wartezeit in Mendoza füllen wir mit einem wöchentlichen Spanisch Kurs. Wir besuchen deutsche Reisefreunde, die in der Corona-Pandemie hier ein Haus gekauft haben. Wir treffen unsere Schweizer Freunde wieder, lernen eine portugiesische Familie kennen, und, und, und. Ehe wir uns versehen, sind wir drei Wochen in Mendoza und Umgebung unterwegs. Mittlerweile ist die Spurstange eingetroffen und eingebaut. Auch hier erhalten wir einen großzügigen Rabatt und endlich können wir weiter ziehen.

 

Unser nächstes Ziel ist der Pass Aqua Negra, der bis auf knapp 4800 Meter hoch führt und im weiteren Verlauf nach Chile hinüber. Wir wollen aber nur einmal hinauf und wieder hinunter und damit auch auf das Prozedere an der Grenze verzichten. Es dauert ein Weilchen bis die Beamten der Grenzstation im Tal begreifen, dass wir wieder zurückkommen und nachdem sie uns in eine Liste eingetragen haben dürfen wir ohne weiteres passieren. Wegen einer schlechten Wetterprognose, warnen sie uns noch, auf keinen Fall im Berg zu übernachten.

 

Die Fahrt auf den Pass ist eine Wucht. Die Berge schimmern in verschiedenen Farben und heben sich mit klaren Linien vom blauen Himmel ab. Guanacos grasen in der Sonne, Kondore schweben am Himmel, friedlicher kann man ein Bild nicht malen. Büßerschneefelder stehen ganz oben wie Spaliere am Wegesrand. Sie werden so genannt, da sie aussehen wie Mönche beim beten. Wir sind fasziniert von so viel Schönheit und können uns kaum satt sehen.

Pünktlich kurz vor Grenzschließung sind wir wieder im Tal und werden pflichtbewusst aus der Liste gestrichen. Seit einiger Zeit überlegen wir, die Tour mit dem Zug zum Viadukt in den Bergen zu machen und Paula einfach mal stehen zu lassen. Als wir in Salta am Ticketschalter nachfragen, und für den nächsten Tag etwas frei ist, geht mal wieder alles ziemlich schnell. Wir buchen und fahren noch bis Alfarcito, einem kleinen, nettem Dorf auf 2.700 Meter. Früh am Morgen geht es weiter bis San Antonio de los Cobres, auf 3.775 Meter. Von hier startet der Zug und in rasanten Kurven steigt die Fahrt bis zum Viadukt auf 4.200 Metern. Alle Fenster dürfen geöffnet werden und die Gäste können sich, wenn sie wollen, mit dem ganzen Körper soweit es geht heraushängen. Unvorstellbar, aber dafür kann man tolle Fotos schießen…..

 

Viaduct La Polvorilla

 

Das Viadukt ist 224 Meter lang und überspannt die Ruta 40 auf einer Höhe von 63 Meter. Die Bahnstrecke wurde ab 1921 von einem amerikanischen Ingenieur geplant und war ursprünglich für die Erschließung großer Borax- Vorkommen vorgesehen. Die Fertigstellung verschob sich aber immer wieder. Das Viadukt wurde erst 1930-1932 gebaut und tatsächlich erst 1938 in Betrieb genommen. Rund 1.600 Tonnen Stahl sind dafür von Italien nach Buenos Aires verschifft und anschließend 1.600 Kilometer über Land zur Baustalle transportiert worden. Für uns war das ein ganz besonderes Erlebnis und wir sind froh, die Entscheidung für den Zug getroffen zu haben. Auf der Rückfahrt gibt es ein heftiges Gewitter, und der wirkliche Name des Zuges "Tren a las Nubes"- Zug zu den Wolken bestätigt sich mal wieder.

 

Bücher vergangener Reisen unter www.paula-on-tour.de oder in der Riesa-Information.

 


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