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Ein Großteil der Reiselust ist wieder da

Meißen. Interview mit Lutz Thieme - Meissen Tourist - über die Veränderungen in der Reisebranche.

Lutz Thieme, Geschäftsführer Meissen Tourist.

Lutz Thieme, Geschäftsführer Meissen Tourist.

Bild: Archiv

Eine Branche, die in den vergangenen zwei Jahren - und teilweise bis heute - in ihrer Arbeit beeinflusst wurde, ist die Reisebranche. Doch wie ist die derzeitige Lage? Wie steht es um die »Reiselust« der Sachsen? Wir fragten dazu Lutz Thieme, Geschäftsführer MeissenTourist.

 

Hat sich das verhaltene Buchungsgeschehen der Kunden (im Vergleich der vergangenen zwei Jahre) wieder verbessert?

Ja, es ist zwar noch nicht so wie vor Corona, aber der Januar als buchungsstärkster Monat im Jahr, läuft sehr gut. Im Moment buchen vor allem die Gäste, die klare Reisevorstellungen haben, sich die teils begrenzten Kontingente sichern wollen und die günstigen Frühbucherkonditionen nutzen wollen.

 

Was sind aktuell die beliebtesten Wunschreiseziele?

Da muss man schon etwas differenzieren. Bei unserem Eigenveranstalter laufen gerade Frühjahrsklassiker, wie z.B. die Tulpenblüte in Holland. Bestimmte Eventreisen sind z.T. schon fast ausgebucht, wie Andre Rieu in Maastrich. Es werden auch derzeit hochwertige Rundreisen gebucht, wie Skandinavien oder die Schweiz. Da wir mit unserem umfangreichen Flusskreuzfahrtangebot dieses Jahr relativ spät auf dem Markt waren, merkt man jetzt den Nachholebedarf. Im Reisebüro sind jetzt endlich wieder Fernreisen nachgefragt, aber auch die Klassiker wie Griechenland und die Türkei sind wieder gefragt.

 

Holen die Kunden ihre »ausgefallenen« Urlaube nach – buchen mehr oder gönnen sich teurere Reisen?

Einige auf jeden Fall. Diese Tendenz war schon 2022 erkennbar und sie hält an. Auch der Trend zu höherwertigen Reisen ist unverkennbar, und die sind leider natürlich auch teurer.

 

Oder macht sich die Teuerung im Alltag (Einkauf, Energie) bemerkbar und die Kunden halten sich beim Reisekauf eher zurück?

Auch wenn das jetzt widersprüchlich zu meiner vorhergehenden Antwort erscheint, ja auch hier spüren wir die Auswirkungen der Preisentwicklung. Gerade im mittleren Segment verspüren wir eine abwartende Haltung unserer Kunden. Auch wenn die Reiselust ungebrochen erscheint, müssen natürlich auch viele unsere Kunden genau auf das zur Verfügung stehende Budget achten. Und da wird schon mal die Reiseentscheidung hinausgezögert, denn die täglich notwendigen Dinge des Lebens haben natürlich Vorrang.

 

Wie sind ihre Jahresprognosen für die Reisebranche?

Alle Umfragen sprechen ja von einer sehr hohen Reiselust in der Gesamtbevölkerung. Wir werden also sicher Buchungszahlen sehen, die dem des letzten normalen Jahres 2019 nahekommen. Man muss aber ganz ehrlich sagen, dass noch lange nicht alle Krisenfolgen beseitigt sind. Nicht zuletzt der akute Personalmangel in allen Bereichen der Touristik europaweit führt immer wieder zu Verwerfungen. In dieser Situation sind wir als Reiseveranstalter natürlich besonders gefordert. Wir wollen trotzdem unseren Gästen ein möglichst optimales Reiseerlebnis bieten und das ist heute nur mit sehr viel Mehraufwand gegenüber der Vor-Corona-Zeit möglich.

 

Was wünschen Sie sich für die kommenden Monate von den Kunden und der Politik?

Sicher wird uns auch in diesem Jahr ein Problem erhalten bleiben. Ein Teil der Gäste trifft sehr kurzfristige Buchungsentscheidungen und das macht natürlich die Planung nicht unbedingt einfacher. Also deshalb die große Bitte an unsere Kunden, warten Sie nicht zu lange mit der Buchungsentscheidung, kurzfristig könnte es dann kompliziert werden. Wir bitten auch unsere Reisegäste, vielleicht wieder etwas mehr Toleranz walten zu lassen und entspannter mit nicht immer vorhersehbaren Situationen umzugehen. Denn auch wenn wir mit großer Sorgfalt planen, lassen sich nicht alle Eventualitäten vorhersehen. Man sollte es positiv sehen, Reisen bleibt nun einmal auch ein kleines Stück Abenteuer. Von der Politik wünsche ich mir eigentlich nur eins. Sie soll endlich wieder zu sachorientierter Politik zurückkehren und diese unselige ideologische Zuspitzung sein lassen, dann hätten wir heute viele reale Probleme weniger. Ich glaube da zwar nicht an eine Änderung, aber den Wunsch darf ich ja hoffentlich noch äußern.

 

Das Interview führte Verena Farrar


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