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gb/Ulrich Nelles

»Weißt du, wo deine Schwester ist?«

Der Freitaler Stadtteil Potschappel Mitte August 2002.

Der Freitaler Stadtteil Potschappel Mitte August 2002.

Bild: Stadt Freital

Freital. Im August vor 20 Jahren erreichte die Flut in Freital ihren Höhepunkt. Ein Zeitzeuge erinnert sich an aufregende Stunden in seiner Familie. Der Roman »Der Fluthelfer« von Gunnar Klehm zeichnet die Geschehnisse in Freital und Umgebung authentisch nach.

»Zahlreichen Freitalern werden die ersten Stunden nach Beginn der Flut wohl unvergessen bleiben. So auch meiner Familie, die die Wettervorhersage am Wochenende des 10. und 11. August 2002 mit der Ankündigung von intensiven Stark-regen nur am Rande wahrgenommen hatte.

Allerdings staunten meine Frau und ich am Abend des 12. August gegen 22 Uhr über die scheinbar nicht enden wollende Fahrt durch riesige Pfützen entlang der Strecke von Dresden-Plauen nach Freital. In der Dunkelheit merkten wir bald, dass es sich bei den vermeintlichen Pfützen um die über die Ufer getretene Weißeritz handelte. Die Weiterfahrt auf der Dresdner Straße durch Freital wurde zunehmend zum Abenteuer, sodass wir das Auto stehen ließen und uns auf Umwegen zu unserer Wohnung aufmachten.«

 

»Sie können hier nicht weiter«

»Zu diesem Zeitpunkt waren bereits alle Brücken über die Weißeritz von Einsatzkräften des Technischen Hilfswerks oder der Bundewehr besetzt. ‚Sie können hier nicht weiter!‘, lautete eine klare Ansage – verbunden mit der dringlichen Aufforderung zum Einsteigen. ‚Wir bringen Sie ins Evakuierungszentrum Berufsschule!‘ In der Sporthalle des BSZ empfing man uns freundlich mit Decken, Tee und der Aussicht auf ein Nachtquartier. Doch ohne Information über unsere Kinder wollten wir auf keine Fall bleiben. So suchten wir erneut einen Weg über die Weißeritz und hatten diesmal Glück. Gegen Mitternacht zu Hause angekommen, war das Bett der 16-jährigen Tochter allerdings leer. Aufgeregt weckten wir den Sohn: ‚Weißt du, wo deine Schwester ist?‘ – ‚Die ist beim Kumpel drüben zum Flut gucken!‘, so seine Antwort.

Was als Beruhigung gedacht war, versetzte uns erst recht in Panik. In der Dunkelheit – die Straßenbeleuchtung war ausgefallen – sahen wir, dass das Haus des Freundes von der Weißeritz eingeschlossen war. Entwarnung gab es am nächsten Tag. Wir entdeckten unsere Tochter in einem der gegenüberliegenden Fenster des Hauses an der Wehrstraße und konnten uns mit Rufen verständigen.«

 

»Der Fluthelfer« von Gunnar Klehm

Unter dem Titel »Der Fluthelfer« erschien bereits 2012 ein Roman des Autors Gunnar Klehm, der nichts an Aktualität eingebüßt hat. Klehm war vor 20 Jahren in der Region als Reporter und Helfer unterwegs. Sein Buch schildert wahre Begebenheiten in Freital, Obercarsdorf, Ulberndorf und anderen Orten des Kreises. Bei den Recherchen unterstützt hat ihn Ralf Schindler, der als ehrenamtlicher Rettungsschwimmer der Wasserwacht und ausgebildeter Luftretter hautnah bei vielen Aktionen dabei war.


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