

Sind Sie in Meißen angekommen?
Ja (lacht). Die Frau hat Arbeit, der Sohn einen Kitaplatz und die Wohnung Möbel.
Was läuft in Meißen anders als in Idar-Oberstein?
Das Ehrenamt wird hier in weitaus größeren Dimensionen gelebt als drüben. Wenn man sieht, was der Gewerbeverein allein mit dem Weinfest stemmt oder welche Veranstaltungen durch den Kunstverein oder Kulturverein auf die Beine gestellt werden, dann verdient das Respekt. In Meißen bringen sich mitunter auch Menschen ein, die nicht unbedingt durch ein eigenes Geschäft davon profitieren. Das finde ich klasse.
Die Idee der Marketingstammtische geht auf Sie zurück. Gibt es schon konkrete Ergebnisse?
Ja. Es wurde durch die Gewerbetreibenden ein City-Anzeiger angeregt, wo sie ihre Exklusiv-Angebote einmal im Monat bewerben können. Darüber hinaus stehen wir in den Startlöchern mit dem Meißner Geschenkgutschein, ebenfalls eine Idee aus den Reihen der Gewerbetreibenden.
Wie soll der Gutschein funktionieren?
Typisches Beispiel: Die Oma schenkt dem Enkel 50 Euro. Dieser fährt dann nach Dresden und kauft sich etwas davon. Die Kaufkraft wandert damit aus der Stadt ab. Deshalb wäre es gut, wenn unsere Geschäfte den Gutschein (ab 10 Euro) anbieten, beispielsweise zum Weiterverschenken. Der Beschenkte hat dann die Möglichkeit, den Gutschein in zahlreichen Meißner Geschäften einzulösen. Die Attraktivität dieses Angebotes ist natürlich abhängig von der Zahl der teilnehmenden Händler. Wer mitmachen möchte, kann sich gern bei mir melden.
Welche Ideen gibt es, um mehr Touris und Tagesausflügler in die Stadt zu locken?
Ich bin zur Zeit in Gesprächen mit der Sächsischen Dampfschifffahrt über ein Ausflugspaket. Angedacht ist, dass die Besucher mit dem Schiff nach Meißen kommen und dann auf eine organisierte Erlebnistour gehen. Die Erlebbarkeit des Porzellans hat in unserer Stadt ebenfalls noch Luft nach oben. Ein weiteres wichtiges Thema sind Radtouristen. Denkbar wäre ein Fahrradverleih am Elbkai, möglicherweise auch mit E-Bikes. Für den Nahbereich ist ab Frühjahr ein grüner Markt auf dem Kleinmarkt geplant. Auch hierzu suche ich Stände und Händler, die regionale Erzeugnisse anbieten möchten, zunächst im zweiwöchigen Rhythmus.
Und international?
Viele Menschen im Ausland kennen die Marke Meißen, nicht aber die wunderschöne Stadt, die dahinter steht. Für Werbung, beispielsweise in Asien, brauchen wir einen international aufgestellten Partner, wie die Manufaktur. Der Draht auf die Talstraße ist ausgesprochen gut.
Die Marketing GmbH ist mittlerweile vom Tisch. Warum eigentlich?
Diese Rechtsform hätte sehr viele Nachteile gehabt, da wir uns auf privatwirtschaftliches Terrain begeben hätten. Die Steuer hätte zudem den Zuschuss der Stadt geschmälert. Jetzt wird die Marketingabteilung im Rathaus angesiedelt, inklusive Tourismus-Information, Bibo und Stadtmuseum.
Machen Sie sich dieser Tage eigentlich Sorgen um den Ruf der Stadt?
Die Bilder und die Demos, mit denen Meißen in der Republik Schlagzeilen produziert, sind äußerst schädlich und konterkarieren nicht nur meine Arbeit, sondern auch die der ansässigen Gewerbetreibenden und Unternehmen. Wenn inzwischen Menschen deshalb ihre Urlaubsreise für kommendes Jahr absagen, dann ist das schon alarmierend. Persönlich finde ich, die Reportage* hätte auch das andere, weltoffene Meißen zeigen müssen.
*Dunkles Deutschland (ARD)
Es fragte: André Schramm
Christian Friedel ist unter 03521/467420 erreichbar. Foto: asc