

Der Himmel hielt still, als wäre er Teil des Ensembles - kein Regen, kein Abbruch. Stattdessen volle Plätze, fliegende Programmhefte, leuchtende Augen.
Mit über 200 Darbietungen, mehr als 20 Künstler aus nah und fern sowie Hunderte helfende Hände & Firmen hinter den Kulissen fand am Samstag das 29. Internationale Straßentheaterfestival ViaThea seinen würdigen Abschluss.
Ob bewegende Tanzperformances, spektakuläre Artistik, Stelzentheater Walk Acts oder humorvolle Straßenszenen: Das ViaThea 2025 bot für jeden etwas. Mit dabei waren Künstler aus über einem Dutzend Ländern - darunter Irland, Israel, Kolumbien und Frankreich. Die am weitesten gereiste Gruppe - die Bugan Band aus der Mongolei - war als Publikumsliebling ein bewegendes Wiedersehen. Mit ihren Pferdekopfgeigen und den tiefen Kehlkopfgesängen brachten sie die Seele der Mongolei auf die Bühne - kraftvoll, archaisch und voller Herz. Ihre Musik ist tief verwurzelt in der nomadischen Lebensweise ihres Volkes, durchdrungen vom Rhythmus der Steppe und der innigen Verbindung zu den Pferden - ein lebendiges Stück mongolischer Tradition.
Ein besonderes Highlight war Hippana Maleta auf dem Görlitzer Untermarkt. Zwei Jongleure rennen scheinbar endlos auf beweglichen Laufbändern - getrieben von der Zeit, begleitet von einem Musiker, der mit jedem Ton ihre Schritte, Würfe und das unaufhörliche Pulsieren des Moments unterstreicht. Runners ist ein körperliches Gedicht über das Leben im Dauerlauf: voller Witz, Spannung und der Frage, wie lange man Schritt halten kann, wenn alles in Bewegung bleibt. Ein faszinierendes Spiel mit Rhythmus, Kontrolle und dem ständigen Drang, weiterzumachen.
Kate und Pasi haben sich mit ihren zwei Kindern auf den langen Weg aus dem hohen Norden Finnlands nach Görlitz gemacht und brachten nicht nur ihre Familie, sondern auch ein ganz besonderes Stück Herz mit. Auf der Bühne: ein alter Sessel und ein Paar, das mit atemberaubender Akrobatik und entwaffnender Selbstironie von ihrer Liebe erzählt. Hebefiguren werden zu Umarmungen, Stürze zu kleinen Streits, Balanceakte zu zärtlichen Gesten. Eine poetische, kraftvolle Reise durch das Auf und Ab einer Beziehung - humorvoll, berührend und ganz ohne große Worte.
Die Gruppe Kalumalu verwandelte mit Margaretes Schneiderei den Untermarkt in ein lebendiges Atelier des Miteinanders. Wo sonst nur Vorbeigehende flanieren, wurde geschnitten, gerissen, gewickelt und genäht; aus Stoffen entstanden neue Kreationen, aus Händen Begegnungen. Zwischen Garnrollen und Gedankenfäden wuchs ein Ort für Nachhaltigkeit, Kreativität und gelebte Gemeinschaft - offen, spielerisch und getragen vom Zauber des Selbermachens.
Neben den internationalen Gästen öffnete auch das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau sein kreatives Herz und zeigte ein facettenreiches Programm eigener Handschrift.
Die Neue Lausitzer Philharmonie ließ im grünen Klangraum des Stadtparks ihre Töne wie Blätter im Wind tanzen, während die Tanzcompagnie mit dem Stück WERT Fragen nach Bedeutung und Menschlichkeit in Bewegung den Marienplatz verwandelte. Der Jacob-Böhme-Monolog verlieh in der Görlitzer Altstadt philosophische Tiefe, ergänzt durch die Leichtigkeit des Augenblicks beim spontanen Improvisationstheater. So wurde das Theater selbst zu einem poetischen Pulsgeber im Festival - sinnlich, nachdenklich und lebendig.
Ob beim Kulturpicknick im Stadtpark, bei überraschenden Momenten zwischen Kopfsteinpflaster und Laternenlicht oder bei magischen Mitternachtsshows: Das ViaThea entfaltete sich erneut als leuchtendes Fest der Begegnung. Ein Kaleidoskop der Kulturen, der Kreativität und der Lebensfreude - tanzend, staunend, verbindend.
Und wenn die letzten Kulissen gefallen sind, bleibt eine Botschaft zurück, die alle Künstler:innen mit nach Hause nehmen: Das ViaThea-Publikum ist nicht nur zahlreich, es ist herzlich, neugierig, wach. Vielleicht eines der schönsten überhaupt.
Die Vorfreude auf die Jubiläumsausgabe 2026 ist schon jetzt spürbar.