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Wenn die 110 sehr spät anruft

Nach dem Enkeltrick wird eine neue Betrugsmasche bei Gaunern immer beliebter. Sie geben sich als Polizisten aus und wollen an Bargeld und Wertsachen ran.
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Bei der Masche der Schockanrufe geben sich die Anrufer als Polizeibeamter oder Rechtanwalt aus und behaupten, ein Verwandter sein in Not geraten. Dann wird Geld gefordert, um den Verwandten vor dem Gefängnis oder strafrechtlicher Verfolgung zu bewahren. Symbolfoto: Pixabay

Bei der Masche der Schockanrufe geben sich die Anrufer als Polizeibeamter oder Rechtanwalt aus und behaupten, ein Verwandter sein in Not geraten. Dann wird Geld gefordert, um den Verwandten vor dem Gefängnis oder strafrechtlicher Verfolgung zu bewahren. Symbolfoto: Pixabay

Mitte August klingelt bei einem Seniorenpaar in Bad Muskau das Telefon. Ein vermeintlicher Polizist meldet sich. Eine Angehörige sei in eine Notlage geraten. Eine Kaution sei fällig, sonst wandere sie ins Gefängnis. In Sorge um das Familienmitglied und unter dem Schock des unerwarteten Anrufs hebt das Paar eine fünfstellige Summe ab und übergibt sie. Vor dem Gefängnis bewahrt wurde dadurch allerdings niemand. „Übergeben Sie auf telefonische Kontaktaufnahme niemals Bargeld an fremde Personen. Polizeibeamte treten in keinem Fall mit der Anregung zur Kautionszahlung an Angehörige heran“, teilt die Polizei mit. Die Betrugsmasche der sogenannten Schockanrufe wird von Gaunern mittlerweile häufig angewandt. Neu ist sie nicht. So berichtete die Polizei im Oktober 2019 von einem ähnlich gelagerten Fall in Löbau. Damals hatte eine 87-Jährige zahlreiche Anrufe von falschen Polizisten erhalten. Die gaben vor, einer Betrügerbande auf der Spur zu sein, die zwölf Frauen ins Visier genommen hätte und plane, die Damen um ihr Vermögen zu bringen. Zu diesen zwölf Frauen sollte auch die Angerufene gehören. Natürlich war das alles frei erfunden. Schließlich bekam die Frau den Auftrag, all ihr Geld abzuheben und einem „Kriminalbeamten“ zur Überprüfung zu übergeben. Die Dame kam dem nach und 10000 Euro waren verloren. Schon damals wies die Polizei auf wichtige Details hin: In vielen Fällen rufen die Betrüger sehr spät an, oft nach 21 Uhr. Um diese Uhrzeit rufen echte Polizisten allerdings nicht an. Oftmals erscheint auf dem Display der Angerufenen auch die Nummer 110, was zusätzlich die Echtheit des Anrufers belegen soll. Auch das passiert in der Praxis so aber nicht, der Notruf ruft einen nicht an.

Hauptkommissar Frank Weber

Vielleicht nicht direkt unter die Kategorie Schockanrufe, aber zumindest unter die Kategorie „Betrug“ fallen Anrufe aus dem Februar dieses Jahres. Da hatten mehrere Personen in Neugersdorf einen Hauptkommissar Frank Weber am Telefon.  Der falsche Polizist fragte, ob bei den Angerufenen alles in Ordnung sei und ob diese Tresore hätten, forderte aber nichts Konkretes. Glücklicherweise bekam die echte Polizei Wind davon und begann wegen des Verdachts der Amtsanmaßung zu ermitteln. Wichtig ist hier der Hinweis: Geben Sie gegenüber Fremden keine Auskünfte zu ihrem Vermögen oder privaten Daten. Die Polizei ruft nicht an und fragt, ob Sie Tresore im Haus haben. Vor einer Geldübergabe wie der in Bad Muskau steht natürlich oft das Geldabheben. Bei welcher Bank das in dem konkreten Fall geschah, hat die Polizei natürlich nicht mittgeteilt. Die Geldinstitute der Region haben die Betrugsmaschen aber auf dem Schirm und schulen ihre Mitarbeiter dementsprechend. „Als regionale Filialbank kennen wir unsere Kunden, sodass den Kolleginnen und Kollegen in den Filialen, aber auch denen im internen Zahlungsverkehr, Transaktionen in ungewöhnlicher Höhe auffallen“, sagt Vivien Gneuß von der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien. Man versichere sich dann in solchen Fällen bei den Kunden zur Richtigkeit dieser Überweisungen oder Barauszahlungen und sei sehr bemüht dafür zu sorgen, dass Betrüger keine Chance haben. „Leider kommen derartige Betrugsversuche immer wieder vor und leider haben diese auch hin und wieder Erfolg“, so Gneuß. Auch Viola Müller von der Volksbank Spree-Neiße bekräftigt, dass die Mitarbeiter zu Themen wie Pishing und anderen Betrugsmaschen regelmäßig geschult werden. „Dabei wird an bekannten Fällen die Vorgehensweise erläutert, damit im Falle des Falles die Mitarbeiter sensibilisiert sind und den Kunden bei der Abhebung von großen Beträgen auf mögliche Gefahren aufmerksam machen können. Unsere Kunden- und Kreditberater haben ein partnerschaftliches Verhältnis zu unseren Kunden, so dass sich jeder Kunde im Zweifelsfall vertrauensvoll an seinen kompetenten Ansprechpartner vor Ort, per Telefon oder per Email wenden kann“, so Müller. Sven Fiedler, Vorstand der Volksbank Niederschlesien, bestätigt ebenfalls, dass die Mitarbeiter geschult werden. Dabei gehe man auch auf aktuelle Gegebenheiten ein. „Die Mitarbeiter sind angehalten, bei auffälligen Summen das Gespräch zu suchen“, sagt Fiedler. Das müssen keine fünfstelligen Summen sein. Auch wenn ein Kunde sonst eher nur 100 oder 200 Euro abhebe und plötzlich 2000 Euro von seinem Konto hole, werde nachgefragt. „Wer dazu nichts sagen möchte, muss es natürlich nicht“, sagt Fiedler. Damit es gar nicht erst so weit kommt und das Geld auf dem Konto bleibt, gilt für Betroffene im Zweifel immer, sich rückzuversichern. Wenn also der Angehörige angeblich in Not geraten ist, rufen Sie ihn an und fragen nach, ob das stimmt. Oder rufen Sie bei einer Polizeidienststelle an und fragen dort nach.


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