Lässt die Stadt Millionen liegen?
Weißwasser. Ein Bürgerbegehren fordert ein Umdenken zum Bahnhofsvorplatz. Jetzt werden Unterschriften gesammelt.
Was sich seit dem 6. März in Weißwasser abzeichnet, sorgt bei vielen Bürgern für Unverständnis, besonders bei Anett Felgenhauer und Anne Petrick. Die beiden engagieren sich für ein Bürgerbegehren, um Stadtratsentscheidungen unter anderem zur Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes zu korrigieren.
Konkret geht es um 5,2 Millionen Euro Fördermittel für fünf Projekte - darunter die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes, die sogenannte Mobilitätsachse vom Bahnhof zur Waldeisenbahn und die Brache der ehemaligen Schnitter-Brauerei. Der Stadtrat beschloss von den je Projekt möglichen Varianten nur eine stark abgespeckte Minimalvariante.
"Das Fördergeld ist da. 90 Prozent der Kosten werden übernommen. Der städtische Eigenanteil von rund 520.000 Euro ist längst in die Planung und vorbereitende Konzepte geflossen", sagt Anne Petrick (67), Bauingenieurin und frühere Inhaberin einer Planungsgruppe. Dennoch: Drei Varianten für den Bahnhofsvorplatz, die intensiv in einer frühen Bürgerbeteiligung entstanden, wurden abgelehnt. "Viele fühlen sich übergangen. Ich habe in meinem Berufsleben mit Fördermitteln gearbeitet. Aber wir haben nie Geld zurückgegeben. Genau das droht jetzt."
Auch Anett Felgenhauer versteht die Entscheidung nicht, dass der Bahnhof eben saniert wird und die Anschlussförderung nicht in Anspruch genommen werden soll. "Wir sanieren unser Haus und lassen den Vorgarten fast unverändert?", vergleicht sie das Vorhaben mit dem eigenen Grundstück. "Wenn man das Geld hat, verschönert man auch den Garten - für sich und für Gäste."
Rund 50 Frauen und Männer unterstützen das Bürgerbegehren und helfen Unterschriften zu sammeln. "Wir bekommen viel Rückhalt", sagt Felgenhauer. Viele hätten nicht gewusst, wie weit die Umgestaltungsmaßnahmen greifen - mit Verweilflächen, Grüninseln und einem attraktiven Weg zur Waldeisenbahn. Besonders bitter: Während an der Waldeisenbahn mehrere Millionen Euro investiert werden, etwa in ein neues Empfangsgebäude, bleibt der Zugang von der Stadt aus ungeklärt. Derzeit führt nur ein Trampelpfad über den ehemaligen Kohlestaubplatz dorthin. Eine befestigte, beleuchtete Verbindung, die in der mittleren Planungsvariante enthalten ist, lehnte der Stadtrat ab.
"Man argumentiert, man baue nicht für Touristen. Aber der Platz ist auch für uns", sagt Felgenhauer. Bei einem Bürgerdialog am Mitte März wurde deutlich, wie emotional das Thema ist - und wie viele sich mehr Beteiligung wünschen. "Viele fragen: Warum hat der Stadtrat so entschieden?", sagt Petrick.
Für das Bürgerbegehren werden 647 Ja-Stimmen benötigt - fünf Prozent der Wahlberechtigten. Gelingt das bis Anfang Juni und ist das Begehren zulässig, kommt es zum Bürgerentscheid. "Dann werden alle Weißwasseraner gefragt - wie bei einer Miniwahl", so Felgenhauer. Dafür sammeln sie weiter Unterschriften, etwa am 8. und 12. Mai auf dem Bahnhofsvorplatz jeweils von 16 bis 18 Uhr. Bei allen Projekten gibt es Minimal-, Mittel- und Maximalvarianten. Sie hoffen, der Stadtrat lässt sich umstimmen - bei der Schnitterbrache zumindest für die Minimalvariante, beim Bahnhofsvorplatz und dem Weg zur Waldeisenbahn idealerweise für die mittlere oder sogar die Maximalvariante. Für ein lebenswerteres Weißwasser - für Gäste und Bürger.