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Das GHT hat Fernweh

Görlitz. Eine Sondergenehmigung macht’s möglich: Das GHT kehrt ans Große Haus in Görlitz zurück. Die neue Spielzeit steht unter dem Motto „Fernweh“

Das Gerhart-Hauptmann-Theater hat eine bewegte Spielzeit hinter sich. Der Wasserschaden am Großen Haus in Görlitz forderte viel Flexibilität. Im November 2022 hatte ein Fehler im Brandmeldesystem die Sprühflutanlage ausgelöst, mehrere tausend Liter Wasser fluteten den Bühnenbereich. Es mussten Ausweichspielstätten gefunden und Stücke darauf zugeschnitten werden.

 

Lange war unklar, wo das GHT bis zur Ertüchtigung einer Ausweichspielstätte und der folgenden Renovierung des Großen Hauses Görlitz ein Zuhause finden würde. Jetzt ist klar: In der Spielzeit 2023/2024 wird am Großen Haus in Görlitz gespielt. Das Theater hat in Absprache mit den Prüfstellen und Ordnungsbehörden ein Konzept erstellt, das das ermöglicht. „Die Bühne ist zwar noch nicht saniert, aber sie ist trocken. Und auf Dauer ist es nicht zu schaffen, ständig an unterschiedlichen Orten zu spielen“, sagt Intendant und Geschäftsführer Dr. Daniel Morgenroth. Man brauche einen festen Ort, der Platz bietet für Darsteller auf der Bühne und für ein Orchester.

 

„Es wird ein vollwertiger Spielbetrieb“

 

Natürlich geht die Rückkehr auf die Görlitzer Bühne mit vielen Einschränkungen einher. Schon vor dem Wasserschaden umfassten die Brandschutzauflagen zwei Seiten, jetzt sind noch einige Punkte dazugekommen. Denn die Brandmeldeanlage auf der Bühne funktioniert aktuell nicht, deswegen muss das Risiko minimiert werden. So darf das Haus beispielsweise keine Halogenscheinwerfer einsetzen, weil die heiß werden. Wo immer Licht auf die Bühne fällt, sind jetzt also ausschließlich LED-Scheinwerfer im Einsatz. Es gibt keine Stoffe mehr auf der Bühne, die Seitengassen, eigentlich aus Theatersamt, sind jetzt aus einem nicht brennbaren Material und es darf auf der Bühne auch nichts mehr gelagert werden. Normalerweise wird im Bereich der Hinterbühne noch Material für zwei bis drei andere Produktionen gelagert. Dadurch kann man schnell für ein anderes Stück umbauen. Weil das aktuell nicht geht, muss das Theater auch vom Repertoirespielbetrieb auf einen En-suite-Spielbetrieb umschwenken.

 

Da der Wasserschaden auch die Technik in Mitleidenschaft gezogen hat, fällt auch hier vieles aus. Statt 53 Handkonterzügen sind aktuell beispielsweise nur sechs für die Beleuchtung im Einsatz. Dazu mussten komplett neue Kabel verlegt werden, weil die ortsfeste Elektrik noch nicht funktioniert und die alten Kabelstrecken nicht verwendet werden konnten.

 

Bei der Vorstellung der neuen Spielzeit am 7. September war noch nicht klar, wie lange die neue Sondergenehmigung für das Große Haus überhaupt gilt. Man ging zu dem Zeitpunkt von 2,5 Jahren aus. Wichtig war Intendant Daniel Morgenroth vor allem eins: „Auch wenn es für uns Einschränkungen gibt, es wird ein vollwertiger Spielbetrieb.“

 

Prinz von Preußen wieder dabei

 

Un der hat viel zu bieten, wie ein Blick ins neue Spielzeitheft zeigt. Am 1. Oktober soll das Große Haus in Görlitz wieder geöffnet werden. An diesem Tag wird das 1. Philharmonische Konzert gespielt. Das kann man bereits am 30. September auch in Zittau erleben. Das Musical „Prinz von Preußen“ fiel durch den Schaden am Görlitzer Theater ins Wasser. Die Premiere wird in der neuen Spielzeit nachgeholt. Die „Posse um deutsche Obrigkeitshörigkeit“ (Beschreibung aus dem Spielzeitheft) feiert am 23. September in Zittau Premiere. „Wir haben ‚Prinz von Preußen‘ zum einen natürlich wieder aufgenommen, weil es ein tolles Stück ist. Aber ich halte es auch psychologisch für wichtig. Es zeigt, dass wir nicht aufgeben“, sagt Intendant Daniel Morgenroth.

 

In Görlitz feiert am 4. November »Saul«, ein dramatisches Oratorium von Georg Friedrich Händel, Premiere. „Intrigen, Machtkämpfe, Generationskonflikt, Krieg und Gefährdung der Heimat, Hoffnung auf eine bessere Zukunft – Georg Friedrich Händels Saul bietet reichlich Stoff für einen spannenden Theaterabend“, heißt es dazu im neuen Spielzeitheft.

 

Welturaufführung im Januar

 

Eine Welturaufführung hält die Tanzcompagnie für das Publikum bereit. „Wir machen aus Peter Pan und der Musik von Leonard Bernstein ein Tanzstück. Das gab es in der Form noch nie“, freut sich Tanzcompagnie-Leiter Marko E. Weigert. Die Spartenübergreifende Produktion wird im Januar in Görlitz erstmals aufgeführt.

 

Goldzombies (Premiere am 10. Februar in Zittau) handelt von der 16-Jährigen Lissi, die Make-Up-Tutorials auf YouTube zeigt. „Statt des Lidschattens aus der Drogerie gibt es bei ihr Mischungen aus Muskatnuss, Margarine, Asche, Zimt und was sonst eben da ist“, schreibt das Theater. Denn Lissi lebt in einem Kriegsgebiet. „Wir haben für das Stück eine Afghanische Regisseurin gewinnen können, die nach Schweden geflohen ist“, erzählt Schauspieldirektor Ingo Putz.

 

Das ist natürlich nur ein winziger Auszug aus dem, was das GHT in der Spielzeit 2023/2024 zu bieten hat. Wer mehr wissen will, kann im neuen Spielzeitheft schmökern. Die Eintrittspreise hat das Theater dieses Jahr moderat angehoben. Das sei im üblichen Turnus von zwei Jahren geschehen, nachdem die Preise zur vergangenen Spielzeit konstant geblieben waren. Man habe aber darauf geachtet, dass sich auch weiterhin alle Menschen Theater leisten können. Die Preise steigen demnach je nach Kategorie um 50 Cent bis maximal 2 Euro. Vergünstigte Tickets wie etwa das Teilhabe-Abo (vier Vorstellungen für Empfänger von Bürgergeld und vergleichbare Anspruchsberechtigte) gibt es weiterhin.

 

Wie geht's am GHT weiter?

 

Wie genau es mit dem Gerhart-Hauptmann-Theater über die Spielzeit hinaus weitergeht, das war bei der Spielzeitvorstellung nur am Rande Thema. Zumindest konnte Daniel Morgenroth berichten, dass man sich inzwischen mit der Versicherung geeinigt habe. Zahlen wurden dabei aber nicht genannt.

 

Neben der Beseitigung des Wasserschadens steht auch die grundsätzliche Finanzierung aktuell zur Debatte. Schon im Frühjahr wies das Theater auf seine schwierige finanzielle Lage hin. Man steuere aufgrund von Tariferhöhungen und gestiegenen Kosten auf eine Insolvenz zu. Gelöst ist das Problem noch nicht, es würden aber viele Gespräche geführt, sagt Daniel Morgenroth. „Wir müssen darüber reden, wie eine gute Theaterinfrastruktur und -finanzierung in den kommenden fünf bis zehn Jahren aussehen soll. Denn diese Probleme haben nicht nur wir, sondern alle kommunal getragenen Theater.“


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