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Sandro Paufler

Wie sich Bischofswerdas Frauen in der dritten Liga behaupten

Bischofswerda. Der Frauenfußball wird immer professioneller. Diesen Anforderungen muss sich auch der Bischofswerdaer FV 08 stellen. Welche Chancen und Risiken damit verbunden sind und wie sich das Team gegen Mannschaften wie Union Berlin, Turbine Potsdam II und Viktoria Berlin schlägt, verrät Trainer Tino Gottlöber im Interview.

Herr Gottlöber, die BFV-Frauen stehen derzeit im unteren Tabellenfeld der Regionalliga, einen Platz vor den abstiegsbedrohten Plätzen. Können Sie mit der Tabellenplatzierung zufrieden sein?

Tino Gottlöber: Mit der Tabellensituation und der Punktausbeute sind wir nicht ganz zufrieden. Wobei man bei der Auswertung etwas differenzierter rangehen muss: Auf der einen Seite haben wir gegen Mannschaften gepunktet, die etwas höher in der Tabelle stehen und auf der anderen Seite waren Spiele gegen die Aufsteiger Fortuna Dresden und Berolina Mitte enttäuschend gewesen. Auch in Magdeburg haben wir nicht gut gespielt. Wenn wir die Niederlagen gegen Union Berlin und Viktoria Berlin mal außen vor lassen, weil sie vom Niveau her gefühlt in einer anderen Liga spielen, dann haben wir die restlichen Partien recht ordentlich bestritten. Unsere Ausgangsposition für die Rückrunde ist trotzdem nicht so schlecht. Wir haben noch sieben Heimspiele vor uns, unter anderem gegen alle Mannschaften die zwei Plätze vor bzw. hinter uns stehen.

 

Gibt es Neuzugänge zu verzeichnen?

Ja, wir konnten zwei Spielerinnen verpflichten. Mylene Hetzke von Energie Cottbus und Mira Tietz aus Senftenberg, die bis vergangenen Sommer noch bei Turbine Potsdam gespielt hat, werden das Team verstärken. Ich möchte hier auch die Gelegenheit nutzen, mich bei ihren Heimatvereinen für die kooperative Zusammenarbeit zu bedanken!

 

Ist diese Liga noch fair, wenn sich die Schiebockerinnen gegen Teams wie Union Berlin oder Viktoria Berlin mit einem Etat von mehreren Hunderttausend Euro messen müssen?

Ich sehe das sportlich und mit keinem neidvollen Blick. Wenn das Mannschaften finanziell können und diese ein Ziel vor Augen haben, dann befürworte ich das. Union Berlin kann sich die finanzielle Ausstattung des Frauenteams aus dem Grund leisten, weil das Männerteam in der Bundesliga spielt und am Wettbewerb der Champions League teilgenommen hat. Die Spielerinnen von Union sind fest angestellt und können sich komplett auf den Fußball konzentrieren. In der Liga spielen sie auf einem Zweitliga-Niveau. Auch Hertha BSC ist auf einem guten Weg (Anm. d. Red.: Hertha BSC Berlin hatte im vergangenen Sommer die komplette Frauen- und Mädchenabteilung von Hertha Zehlendorf übernommen) , genauso wie der Magdeburger FFC, wenn sich die Frauenmannschaft im Sommer mit dem 1. FC Magdeburg zusammenschließen wird. Carl Zeiss Jena II, RB Leipzig II und Turbine Potsdam II hängen sowieso an Mädchen-Leistungszentren mit ihren Bundesliga Mannschaften dran. Sicherlich hat das alles Einfluss auf das Niveau der Liga, aber wir wollen uns dem sportlichen Wettbewerb stellen und haben es schon bewiesen, dass wir gegen solche Mannschaften punkten können.

 

Dass Bischofswerda in der dritthöchsten Liga der Frauen spielt, ist eine große Leistung. Doch welche Investitionen braucht es, damit sich das Frauenteam auch in Zukunft in der Liga behaupten kann?

Unser Verein macht schon viel in der Hinsicht. Er gibt den Frauen mit den machbaren Mitteln einen Ort, wo sie sich wohlfühlen und ihrem Hobby gern nachkommen. Ein schönes aktuelles Beispiel ist das Trainingslager in der Türkei, wo sie zusammen mit der ersten Männermannschaft und vielen Sponsoren auf die Reise gehen konnten. Sicherlich muss man immer über Dinge reden, die verbesserungswürdig sind. Ein neuer Trainingsplatz stellt ein aktuelles Thema dar. Das betrifft aber nicht nur die Frauen, sondern auch den Nachwuchs und die Männer. Insbesondere im Winter wird deutlich, dass wir nur über einen bespielbaren Kunstrasenplatz für eine Vielzahl von Mannschaften verfügen. Hier wäre sicherlich die Stadt gefragt, zu handeln. Aber das ist auch eine finanzielle Frage und braucht ein Konzept für die nächsten Jahre.

 

Wäre es denkbar, dass sich Frauenteams aus der Region zu einer starken Mannschaft formen, um sich gegen Hauptstadtclubs behaupten zu können?

Gute Frage. Wir haben es ja schon im Männerbereich gesehen, dass das schwierig ist. Es gab damals den Gedanken Bautzen, Bischofswerda und Neugersdorf zusammenzubringen. Aber dafür benötigt es nicht nur die Zustimmung, sondern auch Personen, die das finanzieren möchten. Wenn wir es schaffen würden, hier in der Region den Frauenfußball zu zentrieren, dann könnte man über Jahre bestimmt etwas aufbauen. Wie bereit die Vereine dafür sind, hat man bei Dynamo Dresden gesehen. Die hätten mit Fortuna Dresden kooperieren können, haben es nicht gemacht und fangen jetzt von ganz unten an.

 

Wäre eine Kooperation zwischen Bischofswerda und Dynamo Dresden denkbar?

Unsere Frauenmannschaft spielt in der Region in der höchsten Liga, da hätte man zumindest das Gespräch suchen können. Nach dem Motto: Wie stellt ihr euch die Zukunft des Mädchen- und Frauenfußballs in Ostsachsen vor? Es geht ja eigentlich darum, hier ein Zentrum für junge Talente zu schaffen, die man gut ausbilden kann. Wir machen das seit vielen Jahren mit unseren begrenzten Mitteln mit viel Leidenschaft und einem gewissen Erfolg, auf den wir stolz sind. Schlussendlich geht jedoch der Weg eines sehr guten Mädchens dann doch wieder über Leipzig oder Potsdam. Wenn wir es nicht hinbekommen, die Talente in der Region zu halten, dann wird man auf Dauer auch keine Mannschaft in einer der oberen Ligen halten können.


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