Seitenlogo
Katrin Demczenko

Sportlegende fasziniert bis heute

Hoyerswerda. Im Lausitz-Center fanden vor kurzem die Gesundheitstage statt, um Menschen an mehr Bewegung und eine gesündere Ernährung heranzuführen. Der Lauftreff Lausitz (LTL) hatte dazu den Marathon-Doppelolympiasieger Waldemar Cierpinski eingeladen.
Waldemar Cierpinski zeigt sein Blatt, auf dem er sich im Goldenen Buch der Marathon Hall of Fame des LTL verewigt. Daneben steht Manfred Grüneberg.

Waldemar Cierpinski zeigt sein Blatt, auf dem er sich im Goldenen Buch der Marathon Hall of Fame des LTL verewigt. Daneben steht Manfred Grüneberg.

Bild: Katrin Demczenko

Auf einem Forum sprach der 73-Jährige über seinen sportlichen Werdegang, das anstrengende Lauftraining und die besonderen Erlebnisse seiner Olympialäufe 1976 in Montreal und 1980 in Moskau.

Laufen gehörte schon als Kind zu seinem Leben, denn die drei Kilometer von der Schule zum Bauernhof seiner Eltern ist er oft gelaufen, erzählt Waldemar Cierpinski. 1960 hat er im Fernsehen den Olympiasieg des Äthiopiers Abebe Bikila im Marathon in Rom gesehen und war begeistert. Vier Jahre später begann der Schüler, Hindernis- und Langstreckenlauf in einer Betriebssportgemeinschaft seiner Heimatstadt an der Saale zu trainieren. Gute Leistungen führten ihn 1966 zur Kinder- und Jugendsportschule Halle und in den DDR-Kader für 3.000-Meter-Hindernislauf.

Als seine Leistungen stagnierten, konnte Cierpinski zum Marathon wechseln, den er lieber mochte. Auslöser war sein erster gewerteter Marathonlauf 1974 in Kosice während eines Trainingslagers der Hindernisläufer. Dort wurde er Dritter.

 

Vom Kampfgeist gepackt

Nun wollte der junge Sportler für den Olympiasieg trainieren. Vor dem Frühstück zehn Kilometer laufen, dann eine Trainingseinheit vormittags und eine nachmittags, erzählt Waldemar Cierpinski. Das Studium an der DHfK Leipzig war ebenfalls anspruchsvoll. »Du musst weiter gehen als die Konkurrenz, das erfordert der Spitzensport«, sagt er im Gespräch mit dem LTL-Vereinsvorsitzenden Manfred Grüneberg.

Das Training und die intensive Beschäftigung mit der Laufeinteilung des amtierenden Marathon-Olympiasiegers Frank Shorter aus den USA fruchteten, am 31. Juli 1976 startete Cierpinski in Montreal bei Olympia. Wenige Kilometer vor dem Ziel konnte er den US-Amerikaner überholen und dachte nur: »Hoffentlich hältst Du durch.« Der Sieg war da noch nicht in seinem Kopf. Im Stadion stand auf dem Monitor »1 Cierpinski«. Galt das ihm? Niemand winkte ihn ab und so lief er noch eine Stadionrunde. Dann sah er Frank Shorter im Ziel und war durcheinander. Mit zwei Stunden, neun Minuten und 55 Sekunden wurde Waldemar Cierpinski Marathon-Olympiasieger. Gelaufen ist er ausversehen eine Stadionrunde zu viel.

Dank der Sportreporterlegende Heinz-Florian Oertel wusste die ganze DDR von dem Sieg und zu Hause in Halle bekam der Ausnahmeathlet wäschekörbeweise Glückwünsche. So erfuhr er vom Wunsch der Menschen, er möge diesen Erfolg bei den nächsten Olympischen Spielen wiederholen.

 

»Nennen Sie Ihre Neuankömmlinge Waldemar!«

Noch einmal trainierte der Sportler für das große Ziel, was im DDR-Sportfördersystem einfacher war, als es heute wäre, sagt Cierpinski. Den zweiten Olympiasieg in Moskau hat vor allem Heinz-Florian Oertels Ausspruch »Liebe junge Väter vielleicht, oder angehende, haben Sie Mut! Nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig Waldemar!« unsterblich gemacht. Selbst der Kaiser von Japan kannte diese Reportage. Ihn hat Cierpinski in den 1990er Jahren am Rande eines Marathons in Osaka getroffen.

Seine Sportkarriere hatte er schon vor den Olympischen Spielen 1984 eher unfreiwillig beendet, denn fast alle damals sozialistischen Staaten boykottierten diese Veranstaltung in den USA. Das Land war den Olympischen Spielen 1980 in Moskau ferngeblieben, erklärt der Sportler diese Situation im Kalten Krieg. Die Politik benutzt den Sport zu oft für ihre Zwecke, ohne an die im Training investierte Arbeit aller Athleten zu denken.

 

Eintrag ins »Goldene Buch« des LTL

Nach dem Gespräch trug sich Waldemar Cierpinski ins Goldene Buch der Marathon-Hall of Fame des LTL ein und ging mit den Läufern des Vereins auf eine 24-Minuten-Strecke. Beenden konnte er sie ausnahmsweise nicht, weil sein Fuß verletzt war.


Meistgelesen