Carola Pönisch

Fachkompetenz plus Faktor Zeit

Im Epilepsiezentrum Kleinwachau wurde das erste Medizinische Zentrum für Erwachsene mit Behinderung (MZEB) eröffnet.
Eröffnung des MZEB am 3. Januar: Dr. Thomas Mayer, Martin Greiling und Monika Schüler (Patienten) und Martin Wallmann, Geschäftsführer des Epilepsiezentrum Kleinwachau (v.l.) Foto: Pönisch

Eröffnung des MZEB am 3. Januar: Dr. Thomas Mayer, Martin Greiling und Monika Schüler (Patienten) und Martin Wallmann, Geschäftsführer des Epilepsiezentrum Kleinwachau (v.l.) Foto: Pönisch

Wer zum Arzt geht, weil etwas weh tut, kann dem Mediziner meist genau beschreiben, was ihm fehlt. Wenn jedoch geistig schwerstbehinderte Menschen an Zahnschmerzen, Schlafstörungen, Entzündungen, Verhaltensstörungen, Diabetes und deren Folgen oder irgendeiner anderen Krankheit leiden, ist für den behandelnden Hausarzt oft guter Rat teuer. Denn diese Patienten sind oft nicht in der Lage, sich klar zu artikulieren, Schmerz überhaupt zu beschreiben. »Wir hatten einen Fall, da lag ein solcher Patient drei Tage im Bett und klagte über Bauchschmerzen. Dabei war seine Kniescheibe verrutscht. Er konnte den Schmerz weder beschreiben noch lokalisieren«, erzählt Dr. Thomas Mayer, Chefarzt des Epilepsiezentrum Kleinwachau. Genau für diese Patientengruppe gibt es in Kleinwachau das Medizinische Zentrum für Erwachsene mit Behinderung, kurz MZEB. Es ist das erste seiner Art in Sachsen und es steht allen geistig und mehrfach Schwerstbehinderten offen, auch wenn sie nicht Epileptiker sind. Zwei Fachärztinnen haben sich speziell auf deren Behandlung spezialisiert, zum Team des MZEB gehören außerdem Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Innere Medizin, Fachkräfte für Physio- und Ergotherapie, Diätassistenten, ein Autismusfachberater und ein Spezialist für Botulinumtoxin-Therapie. Zusätzlich kooperiert das MZEB mit lokalen Fachärzten aus den Bereichen Orthopädie, Urologie, Gynäkologie, Humangenetik, Anästhesie und Logopädie. »Es geht im MZEB nicht darum, dass wir Patienten ‚abziehen‘, um sie nur noch hier zu behandeln. Sondern darum, dass es bisher ein großes Behandlungsdefizit für diese Patientengruppe gab. Denn ihre Behandlung ist vor allem eins: sehr zeitintensiv«, weiß Dr. Mayer. Die Experten im MZEB können sich diese Zeit nehmen, um für jeden Patienten einen individuellen  Behandlungsplan zu erstellen oder Gesundheitsleis-tungen zu koordinieren. Die weitere Behandlung kann dann vor Ort erfolgen. Dr. Mayer spricht von einem Netzwerk medizinischer Fachkompetenz, das für diese schwierige Patientenklientel gewoben werden muss. Für die Anfangszeit rechnet er mit rund 200 Patienten aus dem gesamten Einzugsgebiet pro Jahr. Gesetzliche Pflicht So gut und umfassend geistig und mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre in Sozialpädiatrischen Zentren versorgt werden, so groß war bisher das Defizit in der Versorgung, wenn sie volljährig wurden. Auch die Unterbringung in entsprechenden Heimen änderte daran nichts. Deshalb hat der Gesetzgeber im Juli 2015 das »Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung« beschlossen und damit die Voraussetzung für die MZEB. Voraussetzung für eine Behandlung im MZEB * ab 18 Jahre * Schwerbehindertenausweis, mindestens 70% Behinderung * Markenzeichen G, aG, H, BI, GI * geistige und Mehrfachbehinderung * Bedarf an komplexer Versorgung * Epilepsie ist muss nicht vorliegen als Behandlungsgrund Mehr zum MZEB erfahren Sie hier


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