Matthias Stark

Die Familie macht es lebenswert

Radeberg. Der WochenKurier sprach mit Moderator, Schauspieler und Humor-Urgestein Thomas Böttcher über Beruf und Familie.

Zwischen zwei Auftritten nahm sich Thomas Böttcher Zeit für die Fragen des WochenKurier.

Zwischen zwei Auftritten nahm sich Thomas Böttcher Zeit für die Fragen des WochenKurier.

Bild: Matthias Stark

Wenn Du an das Wort »Familie« denkst - was ist das Erste, was Dir in den Sinn kommt?
Da kommt mir als erstes das Wort »Sommer« in den Sinn. Da geht es um Wärme und lange Tage voller Erlebnisse. Familie hat etwas von Sommer, wo man sich wohlfühlt.

Bist Du ein Familienmensch?
Absolut. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Die sind erwachsen und selbst dabei, Familien zu gründen. Ich beobachte, betrachte und begleite das mit großer Aufmerksamkeit. Ich denke, dass Familie etwas ist, was das Leben lebenswert macht.

Wie würdest Du Deine eigene Kindheit beschreiben, eher behütet oder geprägt von Herausforderungen?
Eher behütet. Ich bin ja noch zu DDR-Zeiten groß geworden, da war es mit den Herausforderungen ja nicht so weit her. Ich hatte eine tolle Kindheit. Meine Mutter, mein Vater und meine Omas haben mir ein wirklich sehr schöne Kindheit ermöglicht. Ich durfte Kind sein, das ist etwas, was ich heute manchmal vermisse. Lasst die Kleinen doch ein Stück weit länger Kind sein. Und wenn sie dreckig und mit Sand im Mund nach Hause kommen, dann habt ihr alles richtig gemacht.

Gab es in Deiner Familie jemanden, der Dich besonders gefördert oder inspiriert hat?
Was Werte angeht, da hat mich meine Oma geprägt. Sie war Vertriebene, hat die Bombennacht in Dresden erlebt. Darüber hat sie mir erzählt. Durch diese Erzählungen haben sich Dinge, die sie mir unterschwellig mitgegeben hat, erklärt. Dazu gehören Werte wie Empathie, Mitfühlen und dass man Gefühle zeigen darf. Auch von meiner Mutter habe ich da viel mitnehmen dürfen.

Du warst viele Jahre als Morgenmoderator beim Rundfunk tätig. Zusätzlich hattest Du abendliche Auftritte. Wie bringst man das unter einen Hut? Unterstützt Dich Deine Familie?
Die hat mit absolut unterstützt. Das waren über 25 Jahre, in denen in ich diesen Marathon gelaufen bin. Es gab solche Tage mehr als genug, wie Du sie beschrieben hast. Das kannst du nur machen, wenn deine Familie hinter dir steht. Sie hat das akzeptiert, weil ich das gern gemacht habe, weil es mehr als ein Job für mich ist. Was dabei geholfen hat, ist, dass meine Frau als Finanzbuchhalterin etwas völlig anderes tut, als ich. Das hat mit meiner Arbeit überhaupt nichts zu tun. Sie war nie auf einer Bühne im Rampenlicht. In ihre Welt bin ich jedoch auch nie eingetaucht und ich finde es unfassbar, was sie mit ihrer Arbeit leistet.

Gibt es Rituale oder feste Zeiten, die Du Dir trotz vollen Terminkalenders mit der Familie nimmst?
Da muss ich gestehen, dass das in meinem Beruf nicht möglich ist. Selbst an Feiertagen wie Weihnachten stehe ich manchmal auf der Bühne. Das geht alles nur, wenn die Familie mitzieht.

Wie geht Deine Familie mit Deiner öffentlichen Präsenz um? Gibt es da auch Momente, in denen sie lieber im Hintergrund bleibt?
Sie bleibt grundsätzlich gern im Hintergrund. Wenn wir gemeinsam bei öffentlichen Terminen sind, dann geht meine Frau sehr professionell damit um. Das ist umgekehrt natürlich auch so. Manchmal bin ich bei ihren Terminen dabei, dann bin ich das »Anhängsel«.

Ist Deine Familie manchmal auch Teil der künstlerischen Arbeit - etwa durch Geschichten, Anekdoten oder Inspiration?
Absolut. Ich sauge ganz viel aus meinem näheren Umfeld. Nicht immer wortwörtlich. In meinem Soloprogramm sind viele Geschichten drin, die autobiografische Züge tragen und die mit meiner Familie zu tun haben.

Was sagen Deine Kinder dazu, wenn sie Dich auf der Bühne oder in Fernsehen oder Radio erleben?
Ich glaube schon, dass sie stolz auf ihren Papa sind und ihm einiges verzeihen. Auch wenn er gelegentlich etwas spielt, was ein wenig daneben ist. Ich habe beispielsweise in der Komödie in Dresden eine Rolle, bei der ich mit freiem Oberkörper an einer Pooldance-Stange tanze. Meine Tochter war in diesem Stück und war dann doch etwas erschrocken, ihren Vater so auf der Bühne zu sehen. Sie hat's aber mit Humor genommen. Die Familie weiß um den Beruf und wenn der Vorhang fällt, dann bin ich wieder der Thomas.

Welche Werte möchtest Du Deinen Kindern oder der nächsten Generation unbedingt mitgeben?
Ich glaube, das allerwichtigste sind Toleranz und Menschenliebe, Empathie für andere. Sie sollen Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe, ihrer Sexualität oder nach ihrer Religion beurteilen, sondern mit denen fünf oder auch zehn Sätze wechseln und dann entscheiden, mit wem sie es zu tun haben.

Gibt es etwas, das Du im Rückblick auf Deine Karriere zugunsten der Familie anders gemacht hättest?
Im Nachhinein ist die Frage müßig. Vielleicht hätte ich manchmal nach einer langen Nacht auf der Bühne eher nach Hause fahren sollen, anstatt zu feiern. Wenn ich es noch einmal machen könnte, würde ich in den ersten Jahren meiner Kinder etwas mehr Zeit für sie aufwenden.

Was bedeutet für Dich persönlich »Erfolg« und hat sich diese Definition mit der Familie verändert?
Ich kann Erfolg für mich schlecht definieren. Was ist Erfolg? Das ist eine schnelllebige Branche. Die zehn Folgen »Böttcher schafft das«, die ich beim MDR drehen durfte, waren für mich persönlich ein großer Erfolg, weil ich schon immer so etwas machen wollte. Am Ende wurde das abgesetzt, der Erfolg war dahin. Mein persönlicher Erfolg aber bleibt. Manchmal ist es so, dass ein Auftritt beim Publikum total gut ankommt. Dasselbe Stück am nächsten Abend mit anderem Publikum aber nicht. War das dann weniger erfolgreich? Im Rückblick betrachtet, habe ich mich nie richtig toll freuen können über »Erfolge«, weil ich immer schon auf das nächste Vorhaben blicke. Ich beneide jeden, der seine Erfolge feiert und davon lange zehrt.

Welchen Moment mit Ihrer Familie würdest Du als einen der kostbarsten bezeichnen?
Da gibt es viele. Ich kann mich zum Beispiel an Tage mit meiner Oma erinnern, an denen wir über ihr Leben gesprochen haben. Oder die Erinnerung, als ich mit meinem Vater in der Garage irgendwas gebaut habe. Da wurde nicht viel gesprochen. Ein kostenbarer Moment ist auch, wenn mein 36-jähriger Sohn mich besucht und mich auf den Mund küsst. Das finde ich cool. Oder auch Momente mit meiner Frau, wenn wir Händchen haltend abends auf der Terrasse sitzen und ein Glas Wein trinken. Dann weiß jeder von uns beiden, wir müssen jetzt nicht reden, es ist alles gesagt. Oft sind es ganz leise Momente, die wertvoll sind.

Was wünschst Du Dir für die Zukunft - beruflich und privat?
Kürzlich starb meine Mutter. Da ist mir bewusst geworden, mich wieder mehr um meinen Vater zu kümmern. Ich hoffe sehr, dass ich gesund bleibe und meinen Job im Biertheater noch lange machen kann. Ich hab da noch ein paar Ideen, die ich verwirklichen möchte. Ich habe viel Freude an dem, was ich tue.

Wenn Du Deinem jüngeren Ich einen Rat geben könnten in Bezug auf Familie und Karriere - wie würde der lauten?
Mein Rat wäre, sei öfter zufrieden mit dem was du hast und opfere nicht zu viel Zeit mit der Suche nach anderem. Versuche im Leben, die Balance zu finden.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
Die Fragen stellte Matthias Stark.


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