

"Wälle, Gräben, Mauern" - so heißt das neueste Buch von Dr. Uwe Schieferdecker. "Es gibt kein Thema, über das nicht mindestens einmal geschrieben wurde", sagt Schieferdecker im Gespräch schmunzelnd. Er hat es trotzdem getan. Der gebürtige Leipziger, der in Dresden aufgewachsen ist und seit vielen Jahren auch in Berlin lebt, kommt immer wieder zurück zu seiner großen Passion, seinem Dresden. Seine familiären Wurzeln reichen weit in diese Stadt. Er ist der Neffe des Dresdner Grafikers und Architekten Jürgen Schieferdecker, der eng mit Landeskonservator Gerhard Glaser und Stadtkonservator Hermann Krüger befreundet war.
Noch heute erzählt Uwe Schieferdecker, wie die drei Hüter Dresdens oben auf der Hofkirche standen, als die Sophienkirche abgerissen wurde. Als einziger gotischer Bau. Solche Begebenheiten haben den jungen Schieferdecker an den Umgang mit der geliebten Stadt, Architektur überhaupt, herangeführt. Seine berufliche DNA hat er beim Geografie-Studium in Halle und Moskau ausgeprägt. Promoviert hat er über Stadtplanung in Mexiko - und wer das am anderen Ende der Welt wähnt - der behutsame Umgang mit Stadtgeschichte und das verständliche Schreiben darüber sind der rote Faden seines Lebens geblieben. Nach beruflichen Stippvisiten als Stadtführer und Pressesprecher der Dresden-Werbung und Tourismus GmbH, ist er dem Gedanken der achtsamen Stadterneuerung ganz gefolgt: Als Stadtplaner für Freiberg, Johann-Georgenstadt, Strausberg, Velten, Müncheberg, Rüdersdorf bei Berlin und Seelow.
Unterhaltsam für jedermann
Als Autor ist er Dresdner geblieben. Nach Alltagsgeschichten vom Hauptbahnhof, Luftbildern und Nachkriegsgeschichten, dem Wirken des Stadtbaurats Hans Erlwein und unzähligen Stadt-Episoden aus unterschiedliche Zeiten liegt nun also sein 38. Buch vor. Eines, das zu den Grundfesten dieser Stadt zurückkehrt und das ist wörtlich zu nehmen. Es geht um "den Balkon Europas", "eine der Brühlschen Herrlichkeiten" - die Brühlsche Terrasse. Aber nicht nur, sondern um Mauern, Gewände, militärische Bastionen, die stets auch zu Grundfesten einer wandelbaren Stadt wurden - und unser Umgang mit diesen Zeugnissen - das ist sein Thema.
Da ist dieses jungenhafte Staunen über jene Zeit im 16. Jahrhundert, als Dresden 9.000 Einwohner zählte, als in nur neun Jahren Befestigung, Bastion und Graben gebaut wurden. Diese Erzählfreude von Histörchen wie dem "Grauen Mönch", jenem Augustinermönch, der am Bärenzwinger hingerichtet wurde, weil er die sächsischen Herrscher belauscht haben soll und heute noch an den Kasematten erscheint. Die neue Ausstellung in der Festung weiß davon natürlich ebenso zu berichten - obwohl Schieferdecker die neuen digitalen Animationen zuweilen zu schrill sind - die alten Mauern haben für ihn schon von sich aus eine starke Sprache. Aber vielleicht fällt es uns heute schwer, gut hinzuhören und es braucht optische Dauereffekte, um Wirkung beim Betrachter zu erzielen.
Debatte bleibt aktuell
Folgerichtig findet es Schieferdecker schade, dass so viele Zeugnisse in der Erde - zum Beispiel auf dem Neumarkt - Tiefgaragen weichen mussten und nur ganz bruchstückhaft bewahrt blieben. "Damals habe ich mir das so schöngeredet, dass dafür die Fundamente unter den Häusern bleiben - doch so ist es nicht gekommen. Es ist fast alles abgeräumt", resümiert Uwe Schieferdecker rückblickend. Da reichen "die alten Geschichten" bohrend ins Heute, wenn wir an den Streit denken, dass statt historischer Häuser nun Tiefgaragenzufahrten am Königsufer entstehen sollen.
Wie gehen wir mit unserer Stadt also um? Was ist wandelbar, was bewahrenswert und wenn ja, wie? Dem wird sich der Autor wohl auch mit seinem neuen Projekt widmen: Das alte Dresden natürlich, dann Darstellungen vom Anfang des 19. Jahrhunderts, einer Zeit, in der sich vieles rasant veränderte. "Dresden im Wandel" - nur eben im Jahr 1820.
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