Birgit Branczeisz

Schließfächer für Räder und die erste Fahrradstraße

Radebeul. Dr. Michael Steinbusch, Stadtentwicklungsamt, zu Radfahren in Radebeul und warum er das Auto nicht verdrängen will.

Dr. Michael Steinbusch fährt selbst jeden Tag mit dem Rad und kennt alle Wege in Radebeul.

Dr. Michael Steinbusch fährt selbst jeden Tag mit dem Rad und kennt alle Wege in Radebeul.

Bild: Branczeisz

Herr Steinbusch, wie viel Rad und wie viel Auto stecken drin im neuen Radverkehrskonzept?

Wir wollen Autos nicht verdrängen, sondern mit einem klugen Netz an Wegen dafür sorgen, dass der Verkehr insgesamt flüssiger wird. Radebeul sieht sich als Pendlerfreundliche Region. Wenn wir uns alle sicherer und flüssiger bewegen wollen, müssen wir Konflikte mit den jeweils anderen Verkehrsteilnehmern minimieren.

Die Straßen werden jetzt also nicht umgebaut, wie das in Dresden passiert ist?

Unser Radverkehrskonzept ist eine Fachüberlegung, alles weitere wie eine Fahrradstraße ist eine politische Entscheidung, die der Stadtrat trifft. Wir bereiten Entscheidungen fachlich vor, indem wir fragen: Was wird gebraucht? Was wäre die beste Lösung? Was können wir uns leisten? Wir haben uns die Stadt als Ganzes angeschaut. Wo wohnen die Leute, wo wollen sie in der Stadt hin, wohin pendelt der Durchgangsverkehr? Wo fahren Schulkinder lang? Was ist vorhaben an Wegen, Übergängen, Markierungen, Schildern? Wo muss dringend etwas passieren? Wo kann man sich das Leben ohne großen Aufwand leichter machen? Wo müssen neue Routen geplant werden? Das waren unsere Fragen.

Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Radebeul hat eigentlich ein ziemlich gutes Radnetz, viele Nebenstraßen, die ruhig sind. Jetzt stellt sich die Frage, wie verbindet man die bis hin zu Radrouten.

Haben Sie ein Beispiel für Ihre Leser?

Die Meißner Straße. Sie ist eigentlich die beste Verbindung, die geradeste, mit den wenigsten Steigungen und so zentral, da wollen alle hin. Klar haben Radfahrer ihren Sicherheitsstreifen, aber letztlich ist die Meißner Straße eine Nebenroute fürs Rad - wegen ihrer Verkehrsdichte. Wer größere Strecken durchfahren möchte, ist woanders besser aufgehoben. Das dient auch dem Autoverkehr, denn es ist ärgerlich, wenn sie die Straßenbahn wegen des Radverkehrs nirgends überholen können.

Wo würden Sie Radfahrer hinführen?

Auf die Winzerstraße - die gut befahrbar ist, nicht zu weit von der Meißner Straße weg liegt, wo ich längere Strecken zurücklegen kann.

Bedeutet das für Anwohner, dass sie ihre Parkplätze verlieren wie in Dresden?

Wir können es uns nicht leisten, viele Parkplätze zu verlieren. Auch an Fahrradstraßen kann geparkt werden. Als Testballon für Fahrradstraßen wollen wir an der Uferstraße und an der Festwiese beginnen. Dort ist eine Lücke im Elberadweg, viele Radfahrer sind verunsichert, weil sie plötzlich ins Verkehrsgetümmel müssen. Dann schauen wir mal, was das bringt. Wir wollen kein ideologisches Konzept. Es soll ja mehr Frieden bringen und nicht weniger. Das ist uns ganz wichtig.

Zu "Fahrrad-Schnellstraßen" steht im Konzept fast nichts. Warum?

Radschnellwege sind qualitativ der höchste bauliche und rechtliche Standard. Sie können verschiedene Abschnitte haben - klassische Radwege links und rechts der Straße, ein Stück Fahrradstraße, einen freien Weg durch Feld und Flur. Es gibt nur wenige Gebiete, in denen die Pendlerzahlen Radschnellwege überhaupt rechtfertigen. Die Strecke Coswig-Radebeul-Dresden ist sogar die erfolgversprechendste in Sachsen, aber ausgerechnet auch die, wo am wenigsten planerisch passiert ist, weil das Gebiet kompliziert ist. Das braucht Zeit.

Kann sich Radebeul das Leben ohne großen Aufwand leichter machen, wie Sie sagen?

Zunächst mit 134 Maßnahmen auf Wegen, um flüssiger zu werden - vom Schlagloch bis zum Poller. Wir werden die Fahrrad-Abstellanlage am Bahnhof Kötzschenbroda demontieren und am Bahnhof Zitzschewig aufstellen und an der Forststraße, wo die Tarifzonen-Grenzen ist. Am Bahnhof Kötzschenbroda entstehen 12 Fahrrad-Schließfächer. Da steht das Rad sicher und trocken und wird noch geladen. Die Boxen sind mit einer App buchbar für einen Tag (1,50 Euro), eine Woche (7 Euro), einen Monat (20 Euro), mit Ladekabel für e-bikes. Je nachdem, wie es läuft, kaufen wir weitere, stellen sie woanders auf oder beenden den Versuch. Ein anderes Beispiel ist die Kreuzung Hauptstraße/-Sidonienstraße. Wenn die Radfahrer aus Gegenrichtung kommen, die für sie freigegeben ist und wo sie sogar Vorrang haben, wird das manchmal schlecht wahrgenommen, dass der Radfahrer richtig fährt. Die Kreuzung muss anders markiert werden. Wir brauchen klare Wege, nur das macht sicher.

www.radebeul.de/radverkehrskonzept


Meistgelesen