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"Postplatztreffen" in Dresden gibt es seit 100 Jahren

Dresden."Nach 2 Uhr nachts verkehren die Wagen der in Betrieb bleibenden Linien nur stündlich. Alle Nachtwagen der den Postplatz berührenden Linien treffen 2:15 Uhr, 3:15 Uhr und 4:15 dort ein, so dass gute Anschlußmöglichkeiten vorhanden sind“, heißt es in einem Zeitungsartikel vom Mai 1925 anlässlich der Einführung der nächtlichen „Postplatztreffen“ in Dresden.

Der Postplatz um 1920.

Der Postplatz um 1920.

Bild: Foto: "Archiv DVB"

Das erste Dresdner „Postplatztreffen“ der Straßenbahnen fand in der Nacht vom 12. zum 13. Mai 1925, um 2:15 Uhr statt. Die Treffen der damaligen Straßenbahnlinien 1, 6, 7, 9, 11, 12, 15, 18, 19 und 22 wurden eingeführt, um Fahrgästen, die nachts unterwegs sind, bessere Fahrtmöglichkeiten anzubieten und vor allem langes Warten auf die Anschlussbahn zu ersparen. Denn auch damals fuhren die Bahnen nach 2:00 Uhr nur jede Stunde. Alternativen zur Straßenbahn, wie heute beispielsweise Taxi-Fahrten, gab es seinerzeit nicht oder waren unerschwinglich teuer.

Drehkreuz des Straßenbahnverkehrs

Beinahe jeder Dresdner ÖPNV-Nutzer kennt heute die so genannten „Postplatztreffen“, die täglich etwa eine Stunde vor Mitternacht bis morgens gegen 5:00 Uhr, am Wochenende bis 9:00 Uhr beziehungsweise 10:00 Uhr, stattfinden. Zum „Postplatztreffen“ finden sich die durchgehend am Postplatz verkehrenden Linien der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) immer zur gleichen Zeit an der Station ein und warten einige Minuten, bis alle Fahrgäste umgestiegen sind.

Bis zum Umbau 2005 befanden sich mitten auf dem Platz rund um die "Käseglocke" mehrere Haltestellen. In den 1920er Jahren waren die Straßenbahnen mit 30 Metern Länge allerdings noch deutlich kürzer als heute. Für das Umsteigen zwischen zwei hintereinander stehenden Fahrzeugen war ausreichend Platz. Mit den Jahren wurden die Fahrzeuge bis zu 45 Meter lang und mit ihnen "wuchsen" die Bahnsteige. Zu Zeiten der Tatra-Dreierzüge standen die Wagen manchmal notgedrungen außerhalb der Bahnsteige. Auch später mit den Stadtbahnen war das nicht anders. Deshalb sind die Haltestellen 2006 im Zuge der Neugestaltung des Postplatzes an den Rand in die Wallstraße und Wilsdruffer Straße gerutscht. An den 90 und 100 Meter langen Bahnsteigen können beim Postplatztreffen problemlos zwei Fahrzeuge hintereinander halten.

Seit dem Einsturz der Carolabrücke ist der Postplatz als Drehkreuz des Straßenbahnverkehrs wichtiger denn je. Hier pulsiert das städtische Leben wie an kaum einem anderen Ort der sächsischen Landeshauptstadt.

Andere Städte beneiden Dresden um einen hervorragenden Nachtverkehr im ÖPNV, der am Wochenende sogar auf einen Halbstundentakt verdichtet wird. Während mancherorts nach Mitternacht der öffentliche Verkehr ganz eingestellt oder durch Nachtbusse mit unübersichtlichen Sondernummern abgewickelt wird, fahren viele DVB-Straßenbahn- und zwei Buslinien auch nachts auf ihren angestammten Strecken. Alle Haltestellen mit durchgehendem Angebot sind mit dem Symbol der „GuteNachtLinie“ gekennzeichnet. Mit einem ausgeklügelten System garantierter Anschlüsse, die sich zeitlich am traditionellen Postplatztreffen orientieren, kommen unsere Fahrgäste gut durch die Dresdner Nächte.

 


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