

Für den Laien ist die leicht milchige Substanz auf den betroffenen Silbermünzen und -medaillen kaum wahrnehmbar. Museumsmitarbeiter hatten sie dagegen bereits im Dezember 2016 entdeckt. Schnell stellte sich heraus, dass es sich dabei um Silberchlorid handelt. Rund 100 numismatische Objekte der Sammlung waren davon betroffen. Um größeren Schaden abzuwenden und der Ursache auf den Grund zu gehen, wurde das Münzkabinett sicherheitshalber im März geschlossen. Seither versuchten Institute, Wissenschaftler und Experten anderer Münzkabinette das Geheimnis um die Entstehung des dünnen Films zu lüften – erfolglos. "Schaden an den Objekten selbst entstand glücklicherweise nicht", sagte Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Kein Schema Betroffen sind Münzen und Medaillen aus der Antike bis in die Gegenwart, die in Vitrinen an unterschiedlichen Orten platziert worden waren. "Einzige Gemeinsamkeit: Sie sind aus Silber und nicht konserviert", sagte Rainer Grund, Direktor des Münzkabinetts. Ansonsten folge der Befall keiner logischen Systematik. Vitrinen-Problem? Die Vitrinen, die von einem österreichischen Produzenten stammen, entsprechen allen Anforderungen. "Sie sind von der Raumluft entkoppelt. D.h. die Luft darin wird umgewälzt. Nur aller zehn Tage gibt es einen Luftaustausch", sagte Michael John, Leiter der Abteilung Bau, Technik, Sicherheit bei den SKD. Man habe die Vitrinen untersuchen lassen – von den verbauten Materialien, wie Boden, Textilien und Schläuchen bis hin zur Luft. Einen entscheidenden Hinweis auf die Quelle der Chloremission konnten nicht einmal die Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts für Holzforschung (Braunschweig) finden. Sie sind Spezialisten auf dem Gebiet von Schadstoffen in Museen, Bibliotheken und Archiven. Noch nie erlebt Auch Kollegen anderer namhafter Museen, beispielsweise in München, Berlin und Wien, waren sprachlos über das Dresdner Phänomen. Einen derartigen Vorfall habe es in Europa, möglicherweise weltweit, noch nie gegeben, hieß es. Die genaue Wirkung des Silberchlorids auf historische Münzen über eine längere Zeit kann daher nicht genau vorhergesagt werden. Experten vermuten, dass dadurch zunächst die Patina auf den Münzen zerstört werde, später u.U. auch deren Oberfläche. So weit kam es in Dresden jedoch nicht. Vor Weihnachten wieder offen Neben den 100 betroffenen werden weitere 1.300 Silbermünzen und -medaillen nun konserviert. Die Arbeiten dauern noch bis Dezember an. Zudem wurde eine Vielzahl von Umgebungsparametern optimiert. So hat man u.a. die Klimaanalagen in den Vitrinen und Räumen gesäubert und neue Aktivkohlefilter installiert. Auch die "Reinigungstechnologie" des Fußbodens wurde verbessert. "Wir wollen dadurch möglicherweise katalytisch wirkende Verbindungen ausschließen", sagte Michael John. Die Ursachensuche ist noch nicht vollends abgeschlossen. Die SKD kündigten an, das Münzkabinett noch vor Weihnachten wieder eröffnen zu wollen. Seit Ende Juni sind Teile der Sammlung in einer temporären Ausstellung zu sehen. Bald 500 Jahre Das Dresdner Münzkabinett beherbergt neben Berlin und München die bedeutendste Münzsammlung in der Bundesrepublik. Ihr Bestand umfasst rund 300.000 Exponate. Ausgestellt sind allerdings nur 3.300 Objekte. Die älteste Münze ist ein Elektron aus der Zeit um 700 v. Chr.. Ihren Ursprung hat das Dresdner Münzkabinett im Jahr 1518. Es geht auf die Sammelleidenschaft von Georg dem Bärtigen zurück. Der Herzog soll eine Vorliebe für römische Münzen gehabt haben und Medaillen mit seinem Konterfei.