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„Der Siegfried ist göttlich“

Großartiger „Ring“-Zyklus an der Semperoper

Der Beifall, mit dem die Sächsische Staatskapelle Dresden und ihr Chefdirigent Christian Thielemann bereits vor der Aufführung des „Siegfried“ begrüßt wurden, verriet die großen Erwartungen des Publikums an diese dritte Oper des „Ring“-Zyklus in der Semperoper Dresden. Begeisterte Wagner-Fans  hatten schon einige Tage zuvor „Das Rheingold“ und „Die Walküre“ erlebt und wussten, dass diese Inszenierung von Willy Decker absolute Spitze war. Deshalb ließen sie sich zu „Vorschusslorbeeren“ hinreißen. Als die ersten Töne erklangen, wich die knisternde Spannung absoluter Stille im Zuschauerraum. Gebannt verfolgten die Zuhörer den Weg des furchtlosen Helden Siegfried, der sich aus der Bevormundung seines Zwerg-Ziehvaters Mime befreit, sich selbst ein Schwert schmiedet und damit den Drachen Fafner besiegt, der den Schatz der Nibelungen bewacht. Noch weiß er mit Ring und Tarnhelm nichts anzufangen. Er schreckt auch vor dem Feuer nicht zurück, hinter dem Brünnhilde in tiefem Schlaf liegt. Die Walküre wurde vom Göttervater Wotan hier her verbannt und kann nur von einem furchtlosen Sterblichen erlöst werden. Beide entbrennen in heißer Liebe zu einander. Sie werden die Welt vom Fluch des Ringes befreien. So schnell der Inhalt der Oper in groben Zügen skizziert ist, so lange dauerte sie: Insgesamt fünf Stunden einschließlich zweier „Erholungspausen“. Die brauchten Musiker, Sänger und Zuhörer gleichermaßen; denn Wagners Musik  ist sehr expressiv und anstrengend. Sie macht sogar süchtig. Das merkte man auch an diesem Abend an dem frenetischen Beifall, den es schon nach jedem Aufzug gab und der sich zum Schluss mit stehenden Ovationen und Bravo-Rufen och steigerte. Das hatten Dirigent, Musiker, Sänger und alle am Gelingen der Aufführung Beteiligten auch verdient. Eine absolute Spitzenbesetzung war Andreas Schager, der den Siegfried in Darstellung und Gesang  sehr kraftvoll, aber auch lyrisch und vor allem mit großer Leichtigkeit gab. Ihm schienen die fünf Stunden nichts auszumachen. Eine Glanzleistung! In der Rolle des listigen Mime überzeugte Gerhard Siegel. Kammersänger Georg Zeppenfeld  zog als Fafner alle Register seines imposanten Basses. Petra Lang stellte eine leidenschaftliche Brünnhilde dar und Christa Mayer eine schwermütige Erda. Christian Thielemann als Wagner-Kenner ersten Ranges verstand es, feinste Nuancen der Musik auszuloten. Das Zusammenspiel zwischen Sängern und Orchester klappte hervorragend, so dass man förmlich in der Fülle der Klänge badete. So kamen auch die Musikfreunde auf ihre Kosten, die nur eine Karte für „Siegfried“ ergatterten; denn beide Ring-Zyklen waren schnell ausverkauft. Richard Wagner selbst hatte in einem Brief an seinen Mäzen König Ludwig II. geschrieben: „Der Siegfried ist göttlich. Es ist mein größtes Werk“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. (gs) Nächster „Ring“-Zyklus: 29. Januar „Das Rheingold“, 30. Januar „Die Walküre“, 01. Februar „Siegfried“, 4.  Februar „Götterdämmerung“. 


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