Birgit Branczeisz

"Blaues Wunder" wird zum Stresstest für Dresden

Dresden. Baubürgermeister Kühn twitterte Sonntagnachmittag überraschend, dass die Radwege auf dem "Blauen Wunder" vorerst nicht markiert werden.
Die Markierung fiel ins Wasser. Gleichzeitig heißt es jetzt: mal wolle reden.

Die Markierung fiel ins Wasser. Gleichzeitig heißt es jetzt: mal wolle reden.

Bild: Branczeisz

Der Verkehrsversuch am Schillerplatz ist nur aufgeschoben. Birgit Branczeisz Dresden. Die Dresdner erleben ihr »Blaues Wunder«. Zum zweiten Mal verschiebt sich das Markieren der Radspuren auf Blauem Wunder und Schillerplatz. Erst intervenierte OB Dirk Hilbert, er wolle das Thema noch einmal »verwaltungsintern« besprechen - letztes Wochenende machte nun der Regen dem Bauamt einen Strich durch die Rechnung. Aber aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben: Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) bleibt dabei - die Stresstest kommt. Wann, das ist allerdings überhaupt nicht abzusehen.

Sobald es das Wetter erlaubt oder doch erst im Frühjahr 2024? Letzteres ließ der Tweet von Baubürgermeister Kühn auf X (Twitter) vermuten. Man wolle in den nächsten Wochen noch einmal mit dem Bauamt und der ausführenden Firma sprechen. Schon im Vorfeld gab es hitzige Diskussionen dazu, selbst die Experten der DVB gaben zu Bedenken: »Die Verkehrssimulation aus dem Fruhjahr 2023 weist erhebliche negative Effekte fur den ÖPNV aus, so wird in der Grundstraße eine Verlustzeit von uber 12 Minuten erkennen, sodass wir der Einordnung der Radverkehrsanlagen ohne begleitende Maßnahmen zur Stabilisierung des ÖPNV nicht zustimmen konnten.« So bestehe das Risiko, »dass sich mit den Radverkehrsanlagen der Ruckstau am Knoten Schillerplatz erhöht«. Zumal eben auch auf der Tolkewitzer Straße bereits eine Autospur fehlt.

Doch Stephan Kühn setzte sich bekanntlich zunächst gegen das kurzzeitige Veto von OB Dirk Hilbert durch. Dass sich Kühn dabei auf einen Stadtratsbeschluss von 2010 berief, der Radwege auf Sicherheit überprüfen lassen wollte - das nehmen ihm viele Stadträte übel, denn diese radikale Auslegung war ihrer Ansicht nach damit nicht mehrheitlich gedeckt. Bleibt es überhaupt beim ursprünglichen Plan? So sind die Pläne bisher: An der Ampel Schillerplatz wird die Phasenfolge so geändert, dass eine gemeinsame Freigabe der Fahrstreifen für den Rechtsabbieger und den Geradeausfahrer/Linksabbieger, vom Blauen Wunder kommend, ermöglicht wird. Morgens und nachmittags wird auch die Freigabezeit für das Blaue Wunder verlängert. Die Grünzeiten werden abhängig vom Verkehrsaufkommen in den Zufahrten Tolkewitzer Straße um zwei Sekunden und Naumannstraße um acht Sekunden gekürzt. Dort würde es also zu mehr Stau kommen.

Eine »akzeptable Verspätung« gibt es nicht, so Grünen-Beigeordneter Stephan Kühn in einer Antwort an den CDU-Ortsverband Loschwitz/Weißer Hirsch. Die CDU wollte klare Aussagen - bekam aber viel »Dehnbares« als Antwort. Ein Abbruch des Verkehrsversuches z.B. erfolge nur, wenn nach der ersten Woche die Busse 61 und 63 in den Spitzenzeiten mehr als 12 Minuten Verspätung hätten oder falls es zu schweren Unfällen käme, die auf den Verkehrsversuch zurückzuführen seien. Gleichzeitig erklärte Kühn aber, eigentlich gehe es gar nicht um Fahrzeiten, sondern um die Sicherheit der Radfahrer - und die sei ohnehin Geschäft der laufenden Verwaltung.

Den Stadtrat brauche es deshalb dafür nicht. Mit Teststart ist ein tägliches Monitoring der Fahrzeiten der Buslinien 61 und 63 sowie von Zählstellen des Kfz-Verkehrs geplant. Gemessen werde in der Früh- und Nachmittagsspitze an den Zufahrten am mittleren Werktag in 15-Minuten-Intervallen die Staus am Schillerplatz mit Naumannstraße, an der Tolkewitzer Straße, Loschwitzer Brücke und Kretschmerstraße, Körnerplatz mit Schillerstraße, Grundstraße, Pillnitzer Landstraße und F.-Wieck-Straße, Grundstraße/Bautzner Landstraße mit Bautzner Landstraße (beide Richtungen) und Grundstraße. Enden sollte das alles im April 2024 - vielleicht fängt der Stresstest nun erst im April an.


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