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Henry Gburek

Unerwünschter Besuch vom Wolf

Milstrich. Er ist wieder da und er wird geliebt oder gehasst – der Wolf. Bis Ende der 90er Jahre galt er als ausgerottet, dann kam der Wolf zurück nach Deutschland.
Der Morgen nach dem Wolfsangriff in Milstrich. Laut LfULG wurde im Jahr 2022 in 183 Fällen der Wolf als Verursacher bei Nutztier-Tötungen nachgewiesen. Zum Vergleich: 2021 waren es 116 Fälle. Das entspricht einem Anstieg von über 57 Prozent.

Der Morgen nach dem Wolfsangriff in Milstrich. Laut LfULG wurde im Jahr 2022 in 183 Fällen der Wolf als Verursacher bei Nutztier-Tötungen nachgewiesen. Zum Vergleich: 2021 waren es 116 Fälle. Das entspricht einem Anstieg von über 57 Prozent.

Bild: hgb

Laut NABU gilt das Jahr 2000 als das Jahr der Rückkehr der Wölfe. Und es dauerte nicht lange, bis sich die Population der unter Naturschutz stehenden Wölfe rasant erhöhte und Isegrim sich nicht mehr nur am Wild im Wald schadlos hält.

 

13 auf einen Streich

 

Einen der letzten aktuellen Übergriffe auf Nutztiere beklagen die Einwohner von Milstrich bei Oßling. In der Nacht zum 3. März gab es einen Vorfall, bei dem ein Wolf insgesamt 13 Rehe getötet haben soll. Nicht der erste ungebetene Besuch vom Wolf in dem kleinen Ort, erzählt uns der Besitzer, der namentlich auf keinen Fall genannt werden möchte. Warum? »Ich bin nicht nur Besitzer der Tiere, sondern auch Jäger mit einer eigenen Meinung zum Wolf und seiner Ansiedlung. Es gibt genug Kollegen, denen die Jagdstände bereits angesägt wurden, dank der starken Wolfslobby.«

 

Was genau ist in der Nacht zum 3. März passiert? »Das Ganze ist ziemlich lautlos vonstatten gegangen«, erzählt der Geschädigte. »Ich denke, dass mindestens ein Wolf in das Gatter gelangt ist, in dem insgesamt 41 Damwild-Tiere untergebracht waren. Das Areal ist von einem Festzaun mit einem Untergrabe-Schutz umgeben. Trotzdem hat es der Wolf hineingeschafft.« Um 7 Uhr informiert ihn ein Anwohner, dass er soeben drei tote Rehe entdeckt hat. Eine Nachbarin ruft fast zeitgleich an, dass 50 Meter vor ihrer Haustür ein totes Tier liegt. »Ich hatte sofort wieder diese Angst, denn es ist noch gar nicht so lange her, dass hier 15 Schafe und Ziegen vom Wolf gerissen wurden. Und immer wieder sehen wir die Tiere tagsüber am Waldrand stehen und lauern«, berichtet sie.

 

Gutachter vor Ort

 

Karin Bernhardt, vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) bestätigt: »Bei dem Vor-Ort-Termin fand unser Rissgutachter zwölf tote Tiere im Gatter vor. Ein weiteres Tier war bereits vor Eintreffen unseres Rissgutachters vom Tierhalter erlöst worden aufgrund der Schwere der Verletzung. Bei der Begutachtung wurden die Spuren und Hinweise in und um das Gatter aufgenommen und die Kadaver auf Bissspuren, Verletzungen und Fraßspuren untersucht – mit dem Ergebnis, dass der Wolf als Verursacher hinreichend sicher ist.«

 

Wird der Besitzer entschädigt? Voraussetzung für eine Entschädigung ist, dass die Mindestschutzvoraussetzungen erfüllt sind. Diese waren im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da nicht an allen Stellen im Gatter ein ausreichender Bodenabschluss vorhanden war, sodass der oder die Wölfe unter dem Zaun hindurch in das Gatter gelangen konnten. Über die Gewährung eines Schadensausgleichs entscheidet die Landesdirektion Sachsen auf Antrag des Tierhalters. Die Fachstelle Wolf hat dem Tierhalter empfohlen, eine kostenlose Herdenschutzberatung in Anspruch zu nehmen, die er dankend angenommen hat. Dabei geht der Tierhalterberater vor Ort, um gemeinsam mit dem Tierhalter alle möglichen Maßnahmen und die Förderkriterien zu besprechen.

 

Ist es Zeit für eine Bestandsregulierung?

 

Vor dem Hintergrund des aktuellen Wolfsübergriffs in Milstrich fragen wir im Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft nach. Ist es Zeit für eine Bestandsregulierung? Dazu Referent Burkhard Beyer: »Die Frage einer Bestandsregulierung wird immer wieder diskutiert. Wölfe waren über lange Zeit in Deutschland und weiten Teilen Mitteleuropas ausgerottet. Seit gut 20 Jahren breiten sie sich jedoch wieder in Deutschland aus. Dies ist auch eine Folge der Unterschutzstellung. Wölfe waren seit jeher ein integraler Bestandteil unserer natürlichen Umwelt und erfüllen als Beutegreifer einen wichtigen Beitrag auch in durch Menschen geprägten Ökosystemen wie unserer Kulturlandschaft. Wölfe sind daher durch das deutsche und europäische Naturschutzrecht streng geschützt. Dieser bundes- und europarechtliche gewährleistete Schutz könnte also auf sächsischer Ebene / Landesebene auch nicht ausgehebelt werden. Gleichwohl bieten sowohl das Bundesnaturschutzgesetz als auch die Sächsische Wolfsmanagementverordnung Möglichkeiten, im begründeten Einzelfall Wölfe zu entnehmen, wenn in kürzerer Zeit und trotz ausreichenden Herdenschutzes größere Schäden durch Wolfsrisse entstehen. Dies bedarf einer Einzelfallprüfung und Entscheidung, die in Sachsen in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte liegt.«


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