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Rainer Könen

Sorbisches Liedgut für einen Euro

Mit einem singenden Brunnen und einer Bronzeplastik wurde der Krabatmühlen-Erfinderin Gertrud Winzer ein Denkmal gesetzt.
Sieht doch toll aus, nicht wahr? Die Bronzeplastik, die Künstler Harald Lukschanderl schuf, gefällt Gertrud Winzer offensichtlich, und auch Hoyerswerdas Oberbürgermeister Stefan Skora. (Foto: Rainer Könen)

Sieht doch toll aus, nicht wahr? Die Bronzeplastik, die Künstler Harald Lukschanderl schuf, gefällt Gertrud Winzer offensichtlich, und auch Hoyerswerdas Oberbürgermeister Stefan Skora. (Foto: Rainer Könen)

Es kommt nicht oft vor, dass man Menschen, die sich besondere Verdienste erworben haben, noch zu deren Lebzeiten mit einem Denkmal ehrt. Die Krabatmühlen-Erfinderin Gertrud Winzer gehört  zu diesen Ausnahmen. Die 78-jährige Schwarzkollmerin wurde jüngst für ihr Lebenswerk geehrt. Mit einer auf einem singenden Brunnen sitzenden Bronzeplastik, die ihr Antlitz trägt. Damit hat die Krabatmühle ein weiteres touristisches Highlight. Initiiert wurde dieses Brunnen-Denkmal, das in Schwarzkollm umgangssprachlich bereits als »Winzer-Brunnen« bezeichnet wird, von der Krabatmühle gGmbH und dem Förderverein. »Wir möchten damit auf die herausragenden Verdienste unserer Gertrud hinweisen«, so Krabatmühle-Geschäftsführer Tobias Zschieschick.

Viele Gratulanten kamen zur Weihe

Hoyerswerdas Oberbürgermeister Stefan Skora wies in seiner Rede darauf hin, dass es »ohne die ‚Mutter der Krabatmühle‘« diese überhaupt nicht gebe. In seiner Laudatio hob er ihre Beharrlichkeit, ihr Durchsetzungsvermögen hervor, mit der sie viele ihrer Ideen realisierte. Gertrud Winzer war etliche Jahre Bürgermeisterin, Ortsvorsteherin und Vorsitzende des Krabatmühlenvereines. Sie konnte ihre Vision vom Krabatmühlen-Ensemble umsetzen, auch dank tätiger Mithilfe der Schwarzkollmer. Heute stehen auf dem Platz im Koselbruch bei Schwarzkollm acht Bauwerke, die von jährlich rund 40.000 Menschen besucht werden und die Kulisse für die bundesweit bekannten Krabat-Festspiele darstellen. Unter den zahlreichen Gästen, die zur Brunnen-Einweihung gekommen waren, befand sich auch der frühere sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Er hatte Gertrud Winzer vor drei Jahren das Bundesverdienstkreuz überreicht. Sogar aus Schwarzkollms Partnergemeinde Heinersreuth war eine kleine Delegation angereist. Der ehemalige Bürgermeister  Hans Dötsch hatte angesichts des Brunnens gleich den passenden Bezug zu Gertrud Winzer. »Aus ihr sprudeln Ideen wie aus einem Brunnen.«

Aus dem Brunnen sprudelt Musik

Jedoch: Wer Wasser aus dem Brunnen trinken will, muss sich nach anderen durstlöschenden Quellen umsehen. Denn aus dem Bauwerk, das zwar mit einem Schwengel und einem Wasserhahn versehen ist, sprudelt statt Wasser nur Musik. Sorbisches Liedgut. Wer das hören möchte, braucht bloß einen Euro einwerfen. Die Bronzeplastik schuf der Saalauer Künstler Harald Lukschanderl. Er berichtete, dass es bereits vor sechs Jahren Überlegungen für das Projekt des singenden Brunnens gab. Zuerst wollte man eine sorbische Frau in Arbeitstracht darstellen, dann, so Lukschanderl, habe er sich Fotos der jungen Gertrud Winzer angeschaut. Da stand für ihn fest, dass die Bronzeskulputur die Gesichtszüge der jungen Gertrud Winzer bekommen wird. Die Plastik zeigt sie mit einem Ei in der Hand, mit der anderen kratzt sie darauf ein Lindenblatt. Die Bauzeit für den Brunnen: ein halbes Jahr. Die Kosten, so Tobias Zschieschick, betrugen mehr als 20.000 Euro. Mit Spenden, dem Sponsoring der Ostsächsischen Sparkasse und einer Crowdfunding-Aktion war das Geld zusammengekommen. Und Gertrud Winzer? Sie saß während der Feierstunde neben dem Schwarzen Müller, freute sich still über die gelungene Bronzeplastik. Wenn sie demnächst die Krabatmühle aufsucht,  kann sie sich, in unbeobachteten Momenten, vielleicht selbst mal auf die Schulter klopfen. Haben wir das hier nicht alles gut hinbekommen? Aber ja. Und die Bronzeskulptur wird sie anlächeln, verschmitzt natürlich.


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