Seitenlogo
sst

Den Weihnachtsstern im Blick

In der biblischen Weihnachtsgeschichte tritt eine besondere Himmelserscheinung auf, die heute gern als »Stern von Bethlehem« bezeichnet wird. Ullrich Patzek, Carsten Schmidt und Eckhard Bethge vom Planetarium Senftenberg e.V. sprechen im Interview über die astronomischen Hintergründe.
Eckhard Bethge (li.), Carsten Schmidt (Mitte) und Ullrich Patzek (re.) vom Planetarium Senftenberg e.V. sprechen im WochenKurier-Interview über die astronomischen Hintergründe zum »Stern von Bethlehem«. Foto: sts

Eckhard Bethge (li.), Carsten Schmidt (Mitte) und Ullrich Patzek (re.) vom Planetarium Senftenberg e.V. sprechen im WochenKurier-Interview über die astronomischen Hintergründe zum »Stern von Bethlehem«. Foto: sts

Sie beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit der Astronomie. Was fasziniert Sie an der Himmels- und Sternenkunde?
Letztlich beginnt wohl für jeden die Faszination für Astronomie mit dem Blick an den Nachthimmel, der mit seiner leuchtenden Sternenpracht überwältigend sein kann, zumindest, wenn er nicht allzu sehr durch künstliche Lichtquellen aufgehellt ist. Nach dem Staunen folgt dann schnell die Frage, was genau da eigentlich zu sehen ist, wo das Leuchten herkommt, wie weit die Sterne weg sind und wie man sich am Himmel zurecht findet. Die Astronomie hat zu diesen Fragen einiges an Wissen zusammen getragen, und das Erschließen dieses Wissens macht einen erheblichen Teil der Faszination aus. Über kurz oder lang entsteht dann der Wunsch, mithilfe von Teleskopen mehr zu sehen, als mit bloßem Auge sichtbar ist. Auch das Bewältigen der Probleme, das Gesehene fotografisch festzuhalten, also beim Betrieben der Astrofotografie, kann fesselnd sein.
In der Weihnachtsgeschichte des Matthäus-Evangeliums kamen Weise vom Morgenland nach Jerusalem und sprachen: »Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.« Gibt es einen realen Hintergrund für solch einen »Leuchtvorgang«, der heute oft als »Stern von Bethlehem« bezeichnet wird? Vermutlich wurde Jesus Christus gemäß den - nicht widerspruchsfreien - Angaben in den Evangelien zwischen den Jahren 7 v. Chr. und 4. v. Chr. geboren. Wenn es also einen Weihnachtsstern gegeben haben sollte, so muss man in diesem Zeitraum nach besonderen Himmelsphänomenen suchen. Die Weihnachtsgeschichte erzählt von einem Stern, der, nachdem er aufgegangen war, vor den Weisen »herzog bis zum dem Ort, wo das Kind war. Dort blieb er stehen.« In Frage kommende Objekte sollten eher außergewöhnlich sein, was auf die Sterne nicht zutrifft. Dass Gott in Form seines Sohnes zu den Menschen gekommen ist wäre wohl durch eine Supernova-Explosion angemessen angekündigt gewesen, allerdings ist so ein gewaltiges Ereignis für den Zeitraum um Christi Geburt nicht dokumentiert. Gleiches gilt auch für eine Kometensichtung. Meteoriten wiederum können aufgrund ihrer Kurzlebigkeit ausgeschlossen werden. Am besten lassen sich die Beschreibungen in der Bibel mit einer Planetenbeobachtung in Verbindung bringen. Diese sind über einen längeren Zeitraum sichtbar, fallen durch außergewöhnliche Helligkeit sehr auf und scheinen auch manchmal am Himmel stehen zu bleiben. Vermutlich war es Jupiter, dem die Weisen aus dem Morgenland gefolgt sind. Astronomischen Berechnungen zufolge war es im Jahr 7 v. Chr. als der Saturn dem Jupiter am Himmel ganz nahe kam, was die Außergewöhnlichkeit des Jupiter noch unterstrichen hätte. Der Weihnachtsstern wäre demnach kein Stern in heutigem Sinne gewesen, denn Jupiter leuchtet ja nichts selbst, sondern wird durch die Sonne angeleuchtet. Was sind Sterne?
Sterne sind selbstleuchtende Gaskugeln aus Wasserstoff, die mit Ausnahme unserer Sonne, die selbst ein Stern ist, viele Lichtjahre von uns entfernt liegen. Die Sterne, die wir sehen, gehören alle der Milchstraße an?
Richtig. Alle Sterne, die wir am Nachthimmel sehen, gehören der Milchstraße an und kreisen um deren Zentrum. Insgesamt wird die Anzahl an Sternen in der Milchstraße auf etwa 100 Millionen geschätzt, wobei wir nur einen Bruchteil am Himmel sehen können. Die meisten Sterne sind entweder zu weit weg oder zu leuchtschwach, um mit bloßem Auge gesehen werden zu können. Die Wärme und das Licht, das Sterne abstrahlen, werden tief im Innern durch Kernfusion von Wasserstoffkernen zu Helium erzeugt, wobei Temperaturen von mehreren Millionen Grad entstehen. Auf der Oberfläche sind Sterne mehrere Tausend Grad heiß. Je nachdem, ob es sich um eher kühle Sterne oder sehr heiße handelt, leuchten sie von rötlich über gelb-orange bis hin zu blau-weiß. In manchen Bildern wird der »Weihnachtsstern« als Stern mit Schweif, also als ein Komet, dargestellt. Warum konnte es aus heutiger, wissenschaftlicher Sicht jedoch kein Komet sein?
Kometen können sehr auffällige und beeindruckende Erscheinungen sein, so dass sie auf den ersten Blick als Ankündigung für die Geburt von Gottes Sohn in Betracht gezogen werden können.  So wird der Stern von Bethlehem auf dem Fresko von Giotto di Bondone »Anbetung der Heiligen Drei Könige« (1304 bis 1306) eindeutig als Komet dargestellt.
Vermutlich hat er sich vom Halleyschen Kometen, den er im Jahr 1301 beobachten konnte, inspirieren lassen. Allerdings ist für die Zeit um Christi Geburt kein Komet, zumindest kein heute bekannter, in das Innere des Sonnensystems vorgestoßen. Gegen einen Kometen spricht außerdem die Tatsache, dass Kometen von alters her als Ankündiger von Unglück galten. Was für einer Himmelserscheinung sind die Weisen damals gefolgt? Die Wissenschaft spricht aktuell von einer besonderen Planeten-Konstellation von Jupiter und Saturn. Was sagen Sie?
Es gibt aus wissenschaftlicher Sicht keinen eindeutigen Beweis für den Stern von Bethlehem, zumal der Stern nur im Evangelium des Matthäus erwähnt wird. Es bleibt immer auch die Möglichkeit, dass sich Matthäus den Stern von Bethlehem aus stilistischen Gründen in sein Evangelium aufgenommen hat, um der Weihnachtsgeschichte Feierlichkeit zu verleihen. Schließlich geht es bei der Geburt Jesu auch immer darum, dass ein Licht in die dunkle Welt geschickt wurde, was die Sichtung eines Sterns sehr gut unterstreichen würde. Wenn der Stern von Bethlehem aber doch auf eine reale astronomische Beobachtung zurückgeht, so wäre die Begegnung von Jupiter und Saturn das Überzeugendste.
Interessant ist auch, dass in diesem Fall die Symbolik sehr gut passt: In der damalige Zeit wurde den Sternen Bedeutungen zugeschrieben, wobei der Jupiter als Königstern und der Saturn als Stern des Volkes Israel galt. Hinzu kommt kommt, dass sich die beiden Planeten im Sternbild Fische begegneten und dieses Sternbild symbolisierte das Land Kanaan. Inwieweit hat sich der Sternenhimmel in den vergangenen 2000 Jahren verändert?
In der Tat sind die Sterne auch dann in Bewegung, wenn sich die Erde nicht drehen würde. Auch wenn oft von »Fixsternen« die Rede ist - alle Sterne bewegen sich um das Zentrum unsere Milchstraße. Dies führt dazu, dass sich irgendwann der Sternenhimmel inklusive der Sternbilder verändern wird. Um allerdings solche Veränderungen bemerken zu können, müssen zehntausende von Jahren vergehen, ein Zeitraum von 2?000 Jahren ist noch zu kurz, als dass es zu deutlichen Veränderungen kommen könnte. Der Sternenhimmel zur Zeit Christi Geburt sah also kaum anders aus als der heutige Sternenhimmel. Allerdings zeigt die Erde eine Kreiselbewegung, die dafür sorgt, dass sich die Ausrichtung der Erdachse ständig ändert.
Heute zeigt die Erdachse ziemlich genau in Richtung Polarstern - aber vor 2?000 Jahren zielte die Erdachse deutlich am Polarstern vorbei. Die erwähnte Kreiselbewegung sorgt außerdem dafür, dass sich auch der Frühlingspunkt ständig auf der Erdbahn verschiebt. Dies hat Auswirkungen darauf, zu welchen Zeitpunkten die Sonne in welchen Sternbildern steht. Seit Christi Geburt ist hier zu einer Verschiebung um ein Sternbild gekommen. Wie zeigt sich der Sternenhimmel über Brandenburg jetzt im Dezember? Was sind Besonderheiten beziehungsweise wo lohnt es sich, besonders hinzuschauen?
Der Jupiter ist leider nicht sichtbar, aber der Saturn ist in der ersten Monathälfte im Sternbild Schütze sichtbar. Venus ist am Abendhimmel sichtbar. Vom 9. bis 12. Dezember konnte man Venus am Saturn vorbeiziehen sehen. Am 29. Dezember steht die Venus in der Nähe der schmalen Mondsichel. Außerdem bietet der Dezember die Geminiden, einem Meteorstrom, der im Sternbild Zwillinge zu einer vermehrtem Auftreten von Sternschnuppen führen wird. Immer wieder schön anzusehen ist auch das Wintersternbild Orion.


Weitere Nachrichten aus Landkreis Oberspreewald-Lausitz
Meistgelesen