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Zwischen Musik und Wissenschaft

Die Max Grünebaum-Stiftung würdigte Sonntagabend in Cottbus zum 23. Mal Künstler des Staatstheaters Cottbus und Wissenschaftler der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg. Das sind die Ausgezeichneten.
Die Preisträger der Max Grünebaum-Preisverleihung 2019 (v.l.n.r.): Dr.-Ing. Thomas Giersch, Dr.-Ing. Thi Mai Hoa Häßler,  Theaterpädagogin Nadine Tiedge, Konzertpädagogin Stefanie Platzer und Chuanru He, 1. Konzertmeister des Philharmonischen Orchesters des Staatstheaters Cottbus. Foto: Marlies Kross

Die Preisträger der Max Grünebaum-Preisverleihung 2019 (v.l.n.r.): Dr.-Ing. Thomas Giersch, Dr.-Ing. Thi Mai Hoa Häßler, Theaterpädagogin Nadine Tiedge, Konzertpädagogin Stefanie Platzer und Chuanru He, 1. Konzertmeister des Philharmonischen Orchesters des Staatstheaters Cottbus. Foto: Marlies Kross

Verliehen wurden in diesem Jahr ein Max-Grünebaum-Preis an das Staatstheater Cottbus und zwei Max-Grünebaum-Preise an die BTU Cottbus–Senftenberg sowie an das Staatstheater Cottbus ein Förderpreis. Der Max-Grünebaum-Preis ist mit jeweils 5.000 Euro dotiert.   Max-Grünebaum-Preisträger des Staatstheaters Cottbus ist der 1. Konzertmeister Chuanru He. Den Karl-Newman-Förderpreis, eine Theaterreise nach London, erhielten gemeinsam die Theaterpädagogin Nadine Tiedge und die Konzertpädagogin Stefanie Platzer.     An die Wissenschaftlerin Thi Mai Hoa Häßler und den Wissenschaftler Thomas Giersch von der BTU Cottbus–Senftenberg wurde je ein Max-Grünebaum-Preis verliehen.

Die Preise im Einzelnen

Max-Grünebaum-Preis 2019 • Der 1. Konzertmeister Chuanru He erhielt den Max-Grünebaum-Preis 2019.  Geboren 1986 in Nanjing (VR China), studierte Chuanru He in seiner Heimatstadt, in Shanghai und in Hamburg. Ausgezeichnet bei zahlreichen nationalen und internationalen Wettbewerben, trat er vielfach solistisch auf. Erfahrungen als Konzertmeister sammelte er bei weltweit renommierten Dirigenten wie Christoph Eschenbach, Herbert Blomstedt, Christoph von Dohnany, Thomas Hengelbrock und vielen anderen.  Ein besonderes Anliegen ist ihm auch die Kammermusik. Chuanru He war Stipendiat der Oscar-und-Vera-Ritter-Stiftung und des Richard-WagnerVerbands. Nachdem Chuanru He zunächst als Gast die Konzertmeistertätigkeit in den Opern AUFSTIEG UND FALL DER STADT MAHAGONNY, WOZZECK und TURANDOT übernommen hatte und dabei durch seine souveräne Musikalität überzeugte, ist er seit August 2017 als 1. Konzertmeister des Philharmonischen Orchesters engagiert. Er war seitdem in zahlreichen Opernproduktionen und bei den Philharmonischen Konzerten an dieser Position tätig. Besonders bemerkenswert waren seine Soli in den Werken EIN HELDENLEBEN, TILL EULENSPIEGELS LUSTIGE STREICHE, ROSENKAVALIER SUITE von Richard Strauss, der 1. SINFONIE von Brahms sowie in Musiktheater-Werken wie TURANDOT oder DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN. Bindeglied zwischen Orchester und Dirigent In seiner Funktion als Konzertmeister hat er eine ganz entscheidende Rolle als Bindeglied zwischen Orchester und Dirigent und trägt für den Erfolg jeder Aufführung eine große Verantwortung. Durch seine ruhige und souveräne Art füllt er diese Position in vorbildlicher Art und Weise aus. Geschätzt wird Chuanru He von seinen Musikerkolleginnen und -kollegen darüber hinaus als Persönlichkeit, die die nötige Durchsetzungsfähigkeit mit einer überaus positiven Atmosphäre verbinden kann.  Karl-Newman-Förderpreis 2019 • Die Theaterpädagogin Nadine Tiedge und die Konzertpädagogin Stefanie Platzer erhielten den Karl-Newman-Förderpreis. 
Beide leisten in der kulturellen Bildung von Kindern und Jugendlichen eine herausragende Vermittlungsarbeit. Durch die Arbeit von Nadine Tiedge und Stefanie Platzer hat die Theater- und Konzertpädagogik am Staatstheater Cottbus in den vergangenen Jahren an Qualität und Quantität enorm gewinnen können.  Nadine Tiedge arbeitet seit November 2016 als Theaterpädagogin am Staatstheater. Sie hat nach einem Diplom in Sozialpädagogik und parallel zur Arbeit als Bildungsreferentin Theaterpädagogik studiert und lange Zeit freiberuflich auf diesem Gebiet gearbeitet.   Nadine Tiedge verfügt über eine außerordentlich hohe fachliche Kompetenz sowohl in Sachen Schauspiel als auch hinsichtlich theaterpädagogischer Instrumente und Methoden. Sie vermag die Themen, Stoffe und Geschichten des Spielplans auf eine äußerst lebendige, immer zielführende und höchst abwechslungsreiche Weise für die verschiedenen Altersgruppen aufzubereiten. Dabei stellt sie die künstlerische Selbstbetätigung der jungen Leute in den Mittelpunkt der theaterpädagogischen Veranstaltung. Sie ermutigt mit ihrer Methodik zu differenzierter Selbstreflexion, zu aktiver Stellungnahme und zu solidarischem Verhalten. Ihr Verhältnis zu Lehrer*innen, Erzieher*innen oder Sozialarbeiter*innen wird durch ein tiefgründiges Wissen über die Anforderungen und Arbeitsbedingungen des Pädagogen bestimmt. Sie ist diesen Partnern ganz und gar zugewandt, immer offen und zuverlässig. Tolle Arbeit des Theaterjugendclub In kürzester Zeit hat sie sich in Cottbus und der Region jene Kontakte erarbeitet, die für ihre Arbeit notwendig sind. In der Folge ist die Anzahl der organisierten Schülerbesuche seit ihrem Amtsantritt spürbar gewachsen, ebenso aber auch das Bedürfnis vieler Jugendlicher, Theater als selbstverständliches Mittel in ihrem eigenen Entwicklungsprozess zu nutzen. Das zeigt sich insbesondere in der sehr erfolgreichen Arbeit des Theaterjugendclubs, der unter ihrer Leitung eigene Produktionen, wie zuletzt LEONCE UND LENA nach Georg Büchner, erarbeitete und zur Aufführung brachte. Stefanie Platzer ist seit 2002 ist als Solo-Piccolo-Flötistin im Philharmonischen Orchester des Staatstheaters Cottbus tätig, seit 2006 im Festengagement. Im Herbst 2008 nahm sie das berufsbegleitende Studium „Musikvermittlung / Musikmanagement“ an der Hochschule für Musik Detmold auf. Neben ihrer Tätigkeit als Orchestermusikerin arbeitet sie seit 2012 auch als Konzertpädagogin am Staatstheater Cottbus. Hohes musikalisches Können und phantasievolle Formate Dank ihrer immer spürbaren Liebe zur Musik und durch ihre zusätzlichen Qualifikationen im konzertpädagogischen Bereich ist Stefanie Platzer als langjähriges Orchestermitglied die ideale Vermittlerin zwischen professionellen Musikern und Kindern beziehungsweise Jugendlichen, insbesondere auch solchen, die in ihrem Elternhaus nur wenige musische Anregungen erhalten. Eine schier unerschöpfliche Geduld, eine außergewöhnliche Bereitschaft, sich auf die Probleme Heranwachsender einzulassen, ihr hohes musikalisches Können und phantasievolle Formate, wie zum Beispiel der Instrumentenbau mit Baumarktmaterial, ermöglichen es ihr, eine große Wirkung zu entfalten. Ihr Engagement trug dazu bei, dass die Familienkonzerte, die zunächst auf Familien mit Kindern ab sechs Jahren beschränkt waren, in der Spielzeit 2013/2014 auf den frühkindlichen Bereich ausgedehnt werden konnten. Sie entwickelte altersspezifische musikalische Angebote und Rahmenbedingungen, gewann unter den Orchestermitgliedern die erforderlichen Partner und moderiert die Konzerte. Die Ausstrahlung dieses Angebots in Cottbuser Familien ist kaum zu überschätzen. Kinder sitzen bei den Musikern Stefanie Platzer ist es gelungen, im Vorschul- und Grundschulbereich in Cottbus viele Partner für die Schulkonzerte des Philharmonischen Orchesters zu finden. Gemeinsam mit Orchestermusikern veranstaltet sie Konzerteinführungen in den Schulen oder lädt Schüler zu Orchesterproben ein, bei denen die Kinder mitten unter den Musikern sitzen und hautnah erleben, wie musiziert wird. Mit den „Konzertklassen“ zu ausgewählten Philharmonischen Konzerten arbeitet Stefanie Platzer mit Schülern ab Klasse 7, wiederum gemeinsam mit Orchestermusikern, in mehreren Veranstaltungen zum jeweiligen Konzertprogramm. Am Ende steht ein gemeinsamer Besuch des großen Orchesterkonzerts.

Die Preisträger der BTU Cottbus–Senftenberg 2019

• In diesem Jahr gingen zwei der mit jeweils 5.000 Euro dotierten MaxGrünebaum-Preise an die BTU Cottbus-Senftenberg: Dr.-Ing. Thomas Giersch und Dr.-Ing. Thi Mai Hoa Häßler nahmen die begehrte Trophäe im Rahmen der Festveranstaltung am 20. Oktober im Großen Haus des Staatstheaters Cottbus entgegen. Beide wurden für ihre Dissertationen und für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen geehrt.  Max-Grünebaum-Preis 2019 Thomas Giersch hat eine herausragende Dissertation zum anspruchsvollen Gebiet der Schwingungen integraler Verdichter-Laufräder in Flugtriebwerken unter aeroelastischen Wechselwirkungen angefertigt. Die Arbeit mit dem Titel „Numerical Models for the Vibration Response of High Pressure Compressor Rotors with Validation for Forced Response and Surge“ wurde mit „summa cum laude“ bewertet: Moderne Flugtriebwerke stellen besondere Anforderungen an Leichtbau, Zuverlässigkeit, Effizienz sowie die Reduzierung von Emissionen, Lärm und Kosten. Neuere, in Integralbauweise gefertigte Laufräder (Schaufeln und Scheibe bestehen aus einem Stück) sind sehr leicht, haben geringe Strömungsverluste und können hohe Umfangsdrehzahlen bewältigen. Allerdings sind sie sehr anfällig für Schwingungsanregungen, die die Funktionsweise beeinflussen. Zudem können so genannte Schaufelverstimmung aus Abweichungen in Fertigung und Materialgüte resultieren. Für die sichere und robuste Auslegung der Rotoren hat Dr-Ing. Thomas Giersch ein Simulationswerkzeug entwickelt, welches alle wesentlichen Effekte mit hoher Genauigkeit einbezieht und dabei stabil, rechenzeiteffizient ist. Rolls-Royce nutzt es bereits Thomas Giersch widmete sich in seiner Dissertation dieser Gesamtproblematik, wobei er die Strukturdynamik und die Aerodynamik gleichermaßen berücksichtigt. Seine Ergebnisse und die von ihm entwickelten Methoden werden beim Triebwerkshersteller Rolls-Royce Deutschland bereits in den Designprozess integriert. Darüber hinaus hat er bereits 26 Publikationen veröffentlicht, davon 18 peer-review. Er führte seine Forschungen im Verbundprojekt „Aerothermomechanisch robuster Verdichter mit Blisk (AeRoBlisk)“ mit dem Industriepartner Rolls-Royce Deutschland und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) durch. Seine Ergebnisse validierte er anhand der Versuchsdaten eines 1,5 Stufen Verdichterprüfstandes der TU Darmstadt und des 4,5 stufigen Prüfstands des DLR in Köln. Thi Mai Hoa Häßler untersuchte unter dem Titel "ldentification of the state of stress in iron and steel truss structures by vibration based experimental investigations", wie bestehende Stahlbauten auf Basis einer verlässlichen Bewertung ertüchtigt und erhalten werden können – ein hoch aktuelles Thema und eine immer wichtiger werdende Aufgabe im Bauingenieurwesen. Zentrale Herausforderungen sind in diesem Kontext Nachhaltigkeit, ressourcenschonender Materialeinsatz und die Bewahrung des kulturellen Erbes. Bisher führt der Mangel an fundierten Bewertungsverfahren oft entweder zum Abriss erhaltenswerter Bauwerke oder zu unwirtschaftlichen, möglicher Weise nicht erforderlichen konstruktiven Verstärkungsmaßnahmen. Im Denkmalbereich kann die Folge der vollständige Verlust eines Baudenkmals sein. Die Dissertation von Dr.-lng. Häßler wurde mit "magna cum laude" sehr gut bewertet.  Neuartige Verfahrensweise Unter Nutzung von Schwingungsuntersuchungen in Kombination mit numerischen Strukturanalysen und Modellparameter-Identifikationsmethoden entwickelte Dr. Häßler in ihrer Arbeit eine neuartige Verfahrensweise, um zerstörungsfrei den Spannungszustand von bestehenden, komplexen Eisen- und Stahltragkonstruktionen zu identifizieren. Das von ihr vorgeschlagene zweistufige Verfahren ermöglicht zudem auch eine Beurteilung der vorhandenen Rotationsfedersteifigkeiten in den Knotenpunkten. Überzeugend ist die Validierung des zunächst theoretisch entwickelten Verfahrens durch klug strukturierte Laborversuche und die Anwendung an einem realen Dachtragwerk. Im Ergebnis hat Dr.-Ing. Thi Mai Hoa Häßler den Forschungsstand zum Reverse Engineering deutlich erweitert und Grundlagen für eine Methodik entwickelt, die der praktischen Anwendung interessante Optionen eröffnet und eine effektive Zustandsbewertung ermöglicht. Für ihre Ergebnisse erhielt sie im Oktober 2018 den Forschungspreis des Deutschen Ausschusses für Stahlbau  (DAStForschungspreis).

Hintergrundinformation

Max Grünebaum-Stiftung Cottbus Der Tuchfabrikant und Cottbuser Ehrenbürger Max Grünebaum (18511925) verband als erfolgreicher Unternehmer soziales Engagement und Mäzenatentum in vorbildlicher Weise und förderte zeitlebens das Cottbuser Theater. Aus rassistischen Gründen wurden die Nachfahren Max Grünebaums in der Zeit des Dritten Reiches aus Deutschland vertrieben, das Familienvermögen wurde enteignet. Die Familie wagte in England einen Neuanfang. In Erinnerung an das Wirken von Max Grünebaum in Cottbus errichteten die in England lebenden Enkel im Mai 1997 die Max Grünebaum-Stiftung, deren Anliegen es ist, die guten Beziehungen zwischen Cottbus und England weiter zu fördern. Um das Staatstheater Cottbus und die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg zu unterstützen, verleiht die Stiftung jährlich an künstlerische und wissenschaftliche Nachwuchskräfte die Max-Grünebaum-Preise.
  (PM/Max Grünebaum-Stiftung)


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