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André Schramm

Justin radelt dem Krebs davon

Der Radebeuler Fahrradladen Tretmühle und der Verein Herzenswünsche haben sich zum zweiten Mal zusammen gefunden, um einem krebskranken Jugendlichen zu helfen. Glücklicherweise haben die Fahrradspezis heute für nahezu jedes Handicap eine Lösung parat.

Justin Radisch aus Kaltwasser (bei Niesky) düst an diesem Vormittag die Moritzburger rauf und runter. Sein leuchtend grünes Gefährt, ein Mountainbike der Firma „Bergamont“ (2.200 Euro), ist keine fünf Minuten alt und zweifelsohne das beste Geburtstagsgeschenk in diesem Jahr. Schock: "Das Knie muss raus!" Noch vor wenigen Monaten kämpfte Justin gegen Krebs. Am Ende des Jahres 2015 ereilte den damals 14-Jährigen eine niederschmetternde Diagnose. Sein Knie müsse aufgrund eines Tumors entfernt werden, teilten die Ärzte mit. Justin dachte, dass er nie wieder Sport machen könne. Anderthalb Jahre später gewöhnt er sich langsam an seine Knieprothese. „Bis hierhin war es ein schwieriger Weg. Eine Wundheilungsstörung hatte den Genesungsprozess in die Länge gezogen“, sagt Andreas Führlich vom Dresdner Sonnenstrahl Verein. Der Radebeuler durchlebte vor 20 Jahren dieselbe bösartige Tumorerkrankung und brachte die Spendenaktion ins Rollen. Beide hatten sich im Rahmen des Mentorenprojektes des Sonnenstrahl e.V. kennengelernt. Dass Justin kein ordentliches Fahrrad hat, blieb Führlich nicht verborgen. Also wurden gute Kontakte reaktiviert. Tretmühle, Herzenswünsche e.V. und der Radhersteller waren sofort im Boot. Schon 2015 hatte das Dreigespann ein Mountainbike für einen krebskranken Jugendlichen besorgt. Kurbel ist kürzer „Das Problem ist, dass das Bein mit der Zeit versteift. Das ist ein sehr schmerzhafter Prozess“, so Führlich weiter. Radfahren helfe bei der Rehabilitation, insbesondere die Muskulatur wieder zu entwickeln. „Damit Justin das Rad problemlos nutzen kann, wurde die Kurbel auf der Seite des operierten Beins so modifiziert, dass der Tretkreis deutlich kleiner ist als sonst“, erklärt Matthias Winzer von der Tretmühle. Die Erweiterung kann nachjustiert und eines Tages möglicherweise sogar demontiert werden. Der Radladen im Radebeuler Westen hat sich in den letzten Jahren auf derlei „Fahrhilfen“ spezialisiert und ist diesbezüglich gut nachgefragt.  „Schlaganfallpatienten, Menschen mit amputierten Gliedmaßen oder Trisomie 21 – für nahezu jede Einschränkung gibt es inzwischen Lösungen, um auf´s Bike nicht verzichten zu müssen“, erzählt Winzer. Die Anschaffungen würden auch von den Krankenkassen finanziell unterstützt. Herzenswünsche Der Verein Herzenswünsche hat ebenfalls mitgeholfen, das Rad zu finanzieren. „Wir sind ein bundesweit tätiger Verein mit vielen Ehrenamtlichen in den einzelnen Städten“, sagt Annett Grässler, die in der Kinderonkologie des Dresdner Uniklinikums arbeitet.   Anliegen ist es tatsächlich, kranken Kindern und Jugendlichen lang ersehnte Wünsche zu erfüllen. „Dabei stehen die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt“, sagt Grille. Oftmals seien das ganz andere Dinge, als das, was sich Eltern (für ihre Kinder) wünschten:  der Zoo-Besuch, ein Tandem-Sprung, der Laptop oder das gemeinsame Essengehen mit der Familie. Selbst die Fahrschule wurde schon möglich gemacht, auch wenn die Fahrschülerin gesundheitlich nicht bis zur praktischen Prüfung durchhielt. „Viele Betroffene konnten so unvergessliche Momente erleben und sich ablenken von Krankheiten, die leider manchmal tödlich endeten“, sagt Annett Grässler.   
                    


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