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Ein Schatz fürs Stadtarchiv

Die Stadt Görlitz hat ein besonderes Weihnachtsgeschenk erhalten: Zahlreiche Dokumente aus dem Nachlass des Görlitzer Stadtarchivars und Ehrenbürgers Richard Jecht wurden kürzlich an die Stadtverwaltung übergeben.

Die Begeisterung war dem Görlitzer Stadtarchivar Siegfried Hoche vergangene Woche anzusehen. Im Ratssaal präsentierte er einen „Schatz“, der der Stadt kurz zuvor übergeben worden war. Dr. Ekkehard Jecht, Enkel des Görlitzer Ehrenbürgers Richard Jecht, hatte den Nachlass seines Großvaters übergeben, war für die offizielle Präsentation extra aus Nürnberg nach Görlitz gereist. „Es war meinem Vetter Ullrich und mir eine Herzensangelegenheit. Wir sind sehr froh, den Nachlass jetzt in guten Händen zu wissen“, sagte Ekkehard Jecht. Über 40 Konvolute mit 1.000 beschriebenen Blättern, Manuskripten und handschriftlichen Notizen kann der Stadtarchivar Siegfried Hoche jetzt studieren. Und doch war es ein anderes Stück aus der Hinterlassenschaft, das auf ihn zunächst den größten Eindruck machte. Denn übergeben wurde auch eine Schellackplatte auf der ein Rundfunkbeitrag aus dem Jahr 1932 zu hören ist. „Als ich die Aufnahme zum ersten Mal hörte, hatte ich Gänsehaut. Ich konnte nicht fassen, dass ich Richard Jechts Stimme höre“, so Siegfried Hoche. In Leipzig fand er eine Spezialfirma, die die Aufnahme digitalisierte.

Auf dem Weg zum Welterbe

Die jetzt übergebenen Dokumente sollen Görlitz auch bei ihrer Welterbebewerbung helfen. 2014 hatte es mit einer Aufnahme auf die nationale Bewerberliste nicht geklappt, der Stadt war aber großes Potenzial bescheinigt worden. „Das Feedback war, dass das Thema interessant ist, wir aber noch nicht soweit sind und weiter forschen müssen“, verrät Bau- und Kulturbürgermeister Dr. Michael Wieler. Genau diese Forschung ist momentan in vollem Gange. In den Fokus rückt dabei die alte Handelsstraße „Via Regia“ mit den mittelalterlichen Hallenhäusern. Untersucht wird nun, welche Rolle Görlitz für das zentraleuropäische Handelssystem der frühen Neuzeit gespielt hat. Und da können die frisch erhaltenen Aufzeichnungen von Richard Jecht wertvolle Erkenntnisse liefern. „Die Forschung zu den Kaufmannspalästen läuft auf Hochtouren. 20 der 40 Hallenhäuser sind schon Dank des Ratsarchivs erforscht. Damit erhalten wir eine Tiefe und Komplexität der Aufarbeitung die kostbar ist – und in eine neue Welterbebewerbung einfließen kann“, so Wieler. Sachsens Welterbekoordinatorin Friederike Hansell bescheinigt der Stadt ebenfalls das Potenzial für den Welterbetitel: „Görlitz verfügt über eine herausragende Bausubstanz“. Bei der Kulturratentagung in Görlitz habe man das vielen Icomos-Vertretern zeigen können. Die Experten des „International Council on Monuments and Sites“ entscheiden über die Aufnahme auf die Tentativliste. Der Blick von außen deckt sich mit dem der Vertreter der Stadt, die die Kulturroutentagung als vollen Erfolg ansehen. „Veranstaltungen wie diese sind unbezahlbar für uns. Europa spricht jetzt über Görlitz“, sagt Andrea F. Behr, Geschäftsführerin der Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH (EGZ).


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