Seitenlogo
Carola Pönisch

Protestaktion "Stumme Künstler"

»Wir möchten wieder vor Publikum spielen und gern auch Steuern zahlen. Nur ist das aktuell für uns wirtschaftlich nicht machbar.«

Kann sich eine Kabarettvorstellung rechnen, wenn unter den aktuellen Hygienevorschriften 35 von 240 Plätzen in der Herkuleskeule besetzt werden dürfen? »Nein, natürlich nicht«, sagt Philipp Schaller, Künstlerischer Leiter der Keule. »Es ist existenzbedrohend«, sagen auch alle anderen Betreiber und Künstler privater Bühnen, die zwar ihre Häuser seit 15. Mai theoretisch wieder öffnen, doch nur ein Viertel bis ein Achtel der Plätze in ihren Häusern verkaufen dürfen. Oder denen alle Konzerte weggebrochen sind wie der A-capella Band »medlz«. Oder die wie das Veranstaltungsmanagement Aust bereits wissen, dass es bis mindestens 31. August, vermutlich aber bis Jahresende nichts zu veranstalten gibt.  
Stumme Künstler, die gehört werden wollen
Weil das so ist, hat Dresdens Kulturszene jetzt vor allem eins: Stumme Künstler. Wobei »stumm« dafür steht, dass sie ihre Bühnen nicht öffnen. Stumm sind sie deswegen nicht, im Gegenteil: Bereits zweimal haben sie öffentlich auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Und die ist prekär: Freie Künstler fallen durch fast alle Förderprogramme, die meisten sahen bis heute keinen Cent staatlicher Hilfe. Kilian Forster, Initiator der gleichnamigen Protestaktion und Intendant der Jazztage Dresden, weiß: »Ohne finanzielle Unterstützung landen viele von uns mittelfristig in der Insolvenz.« Oder in Hartz IV, wenn es nach der Politik geht.
Deshalb haben die »Stummen Künstler«, zu denen u.a. die Betreiber von Boulevardtheater, Comödie, Herkuleskeule, Comedy & Theaterclub, das Tom Pauls Theater und das Radeberger Biertheater, das August Theater und der FriedrichstaTTpalast gehören, aber auch Veranstalter wie Mirco Meinel und Rodney Aust, einen Forderungskatalg erstellt, der u.a.  die Anrechnung der Lebenserhaltungskosten vorsieht, wie das zum Beispiel in Baden-Würtemberg der Fall ist,  sowie die Anrechnung eines Unternehmerlohns in Höhe von 1.180 Euro. 
»Jeden Monat, in dem wir keine Einnahmen haben, bedeutet ein Jahr Verlust bei unserer privaten Altersvorsorge«, sagt Kilian Forster.  »Derzeit sieht es so aus, dass wir alle vom Ersparten leben«, ergänzt Heike Jack, Chefin des Comedy & Theater Club. 
Die Kultur dürfe nicht in zwei Lager gespalten werden: In diejenigen (im staatlich geförderten Kulturbetrieb), die in der Krise unterstützt werden und dadurch diese Zeit überstehen, und jene (freie), die aus eigener Kraft diese unverschuldete Krise nicht überstehen können, lautet eine zentrale Forderung der Stummen Künstler. »Es bedarf deshalb einer sofortigen Weichenstellung und politischen Rahmensetzung für allgemeine, bei Bedarf auch maßgeschneiderte Hilfsangebote,  die die freie Veranstaltungsbranche und die Künstler zum Überleben benötigen«, so Kilian Forster.
Die nächste Protestdemo der Stummen Künstler findet am 27. Mai um 17 Uhr am Areal der Filmnächte am Elbufer statt. Unabhängig von ihrer Teilnahme an der Aktion haben einige Bühnen (u.a. FriedrichstaTTpalast und ab 29. Mai Comedy & Theater Club) wieder geöffnet und spielen trotz Einschränkungen.


Meistgelesen