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André Schramm

Afrikanische Schweinepest: "Eine Frage der Zeit"

Sachsens Behörden gehen davon aus, dass die Afrikanische Schweinepest (ASP) irgendwann bei uns ausbrechen wird. Und dann?
Schätzungen gehen davon aus, dass es in Sachsen etwa 130.000 Wildschweine gibt. Die Afrikanische Schweinepest ist für Schweine tödlich. Foto: Archiv/Schlippe

Schätzungen gehen davon aus, dass es in Sachsen etwa 130.000 Wildschweine gibt. Die Afrikanische Schweinepest ist für Schweine tödlich. Foto: Archiv/Schlippe

Etwa vier Autostunden von der deutsch-tschechischen Grenze entfernt liegt die Industriestadt Zlín (CZ). In dem gleichnamigen Verwaltungsgebiet tauchten im Juni 2017 die ersten Fälle der Afrikanischen Schweinepest auf. Wie die Behörden dort herausfanden, wurden offenbar konterminierte Nahrungsmittel eingeschleppt. Ukrainische Arbeiter in der Wäscherei eines Krankenhauses hatten Salo-Schinken mitgebracht und Reste höchstwahrscheinlich unachtsam entsorgt. "ASP wird nicht nur von Tier zu Tier, sondern auch indirekt über Speiseabfälle, Fahrzeuge, Kleidung usw. übertragen", sagt Dr. Stephan Koch vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz. Er und seine Kollegen gehen inzwischen davon aus, dass es ASP-Fälle auch in Deutschland geben wird. Es sei nur noch eine Frage der Zeit und des Ortes. Zaun, Fallen, Scharfschützen Die Tschechen reagierten mit zum Teil restriktiven Maßnahmen. Das Kerngebiet wurde mit Duftfallen aufgerüstet und komplett umzäunt. Selbst Präzisionsschützen der Polizei helfen, um den Schwarzwildbestand zu minimieren. Zlín verfügt über eine ähnlich hohe Wildschweindichte wie Sachsen von rund sieben Tieren pro Quadratkilometer. Rein rechtlich trennen beide Gegenden aber Welten. Rechtlich bei uns unmöglich "Was unsere Nachbarn machen, wäre bei uns rechtlich überhaupt nicht möglich", sagt Koch mit Blick auf die Grundrechte hierzulande. Seit 2014 ist ASP regelmäßig Thema in sächsischen aber auch in Bundesministerien. "Es gab ehrlich gesagt noch nie eine Krankheit, die real gar nicht da war und uns so beschäftigt hat", gibt Koch zu. Es gab Gesprächsrunden mit Landkreisen, Beratungen mit Behörden, Tierseuchenübungen, Informationsabende mit Landwirten u.v.m.. Seit 2015 befindet sich eine Task Force "Tierseuchenbekämpfung" (zwei Ärzte und eine Sachbearbeiterin) in Stand-by. "Nichts rein und nichts raus aus dem Sperrgebiet" lautet die Devise im Katastrophenfall. Die Zuständigkeiten sind bis auf Kreisebene geregelt. Fallen entlang Transitstrecken Zuletzt wurde sogar das Sächsische Jagdgesetz geändert. Seit Februar dürfen Sachsens Jäger Schalldämpfer nutzen und ihr Jagdgebiet beleuchten. Weiterer Punkt ist eine Verordnung, die die Fangjagd (Fallen/Käfige) zulässt, um den Schwarzwildbestand und damit das Risiko einer Ausbreitung von ASP zu reduzieren. Voraussetzung ist jedoch, dass ASP-Fälle im Land bzw. im angrenzenden Nachbarland auftauchen, was ja derzeit der Fall ist. "Wir werden zunächst Fallen im Bereich des Sachsenforst entlang der Transitstrecken aufstellen", sagte Daniel Gellner vom Landwirtschaftsministerium. Die Maßnahme ist nicht unumstritten und Gellner weiß, dass es wahrscheinlich keine schönen Bilder werden. Es sei aber ein Mittel, um den Bestand wirksam zu minimieren, sagt er. Die gefangenen Tiere werden in der Regel vom Jäger erschossen. Wann damit begonnen wird, steht noch nicht fest. Abschussprämie und Nachtsicht? Allerdings sind nur 13 Prozent von Sachsens Jagdfläche in staatlichen Händen. Für ehrenamtliche Jäger dürfte es kaum Anreize geben, sich derlei Fallen anzuschaffen und diese mehrmals täglich zu kontrollieren. Eine Abschuss-Prämie ist ebenfalls kein Thema. Das Verbot von elektrischen und optischen Geräten, die der Nachtjagd auf Schwarzwild dienen, kann laut Verordnung zwar aufgehoben werden. Erlaubt sind auf Waffen montierte Nachtzielgeräte trotzdem nicht. Grund ist das Waffenrecht auf Bundesebene. Dem Vernehmen nach hat wohl das Bundesinnenministerium arge Bedenken. Käufermentalität Die Präventionsmaßnahmen durch eine verstärkte Jagd haben ohnehin ihre Grenzen. Epidemiologen gehen davon aus, dass der Bestand auf ein Schwein pro Quadratkilometer reduziert werden müsste, um das Risiko einer Ausbreitung erheblich zu verringern. Zwar ist die Afrikanische Schweinepest für den Menschen nicht gefährlich, für die Wirtschaft allerdings schon. "Händler kaufen dann Schweinefleisch in Regionen ein, die nicht betroffen sind", sagt Gellner. In sächsischen Betrieben werden ca. 680.000 Schweine gehalten. 2016 gab es im Freistaat 89 Schlacht- und fleischverarbeitenden Betriebe mit 3.600 Beschäftigten (Umsatz: 740 Millionen Euro). 2015 zählte Sachsen 585 Fleischereien mit 9.200 Mitarbeitern.  Wichtige Verhaltensregeln.


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