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31. Oktober: Ein eingeschränkter Jubeltag

Samstag, 31. Oktober. Für evangelische Christen ist es der Reformationstag, für andere das Halloweenfest. Thomas Köhler, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Niederlausitz, dazu im WochenKurier-Interview.
Superintendent Thomas Köhler. Foto: Dietmar Seidel

Superintendent Thomas Köhler. Foto: Dietmar Seidel

Reformation oder Halloween: Wem gehört der 31. Oktober wirklich?
Der Tag gehört allen oder niemanden. Er findet seine Bedeutung durch die Menschen, die diesen Tag bedenken beziehungsweise feiern. Was feiern evangelische Christen am Reformationstag?
Nach der Überlieferung hat Martin Luther am 31. Oktober 1517 Thesen zur Reform der Kirche an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen. Er wollte damit zu einer Diskussion zur Reform der Kirche einladen. Später wurde dieser Tag zum Gedenktag der Reformation und ist zugleich Mahnung, dass Kirche sich immer wieder ändern muss. Und worauf wurzelt Halloween?
Halloween kommt von dem englischen Wort ›All Hallows’ Eve‹, was Abend vor Allerheiligen bedeutet. Allerheiligen ist ein katholisches Fest, an dem der Heiligen gedacht wird. Halloween kommt eigentlich aus Irland. Die Form des Festes jedoch, wie wir es kennen, stammt eher aus Amerika. Welche Bedeutung hat für Sie persönlich der Reformationstag?
Wenn ich den Reformationstag feiere, erinnere ich mich an Jesus Christus als den Grund unseres Glaubens. Kirche soll auf ihn hinweisen. Zugleich ist die Reform der Kirche nicht durch Martin Luther erledigt. Ich frage mich immer wieder, was die Kirche heute tun soll, also, was Jesus Christus heute von uns will. Mit dem Reformationstag gedenken die Protestanten die Spaltung der Kirche. Ist es heute noch angemessen, diese Spaltung mit einem Feiertag zu bejubeln?
Ein Jubeltag ist der Reformationstag nur sehr eingeschränkt. Neben der Erinnerung bleibt der Schmerz, dass eine Einheit der Kirche bisher nicht möglich ist. Sehen Sie perspektivisch die Möglichkeit einer Wiedervereinigung der evangelischen und katholischen Kirche?
Ich würde mich freuen, wenn die Christen in der Welt ihren Glauben in einer weltweiten Kirche bezeugen und feiern könnten. Dabei geht diese Einheit dann weit über die Einheit der evangelischen und katholischen Kirche hinaus. Es gibt weit mehr Kirchen. Gern würde ich den Reformationstag aufgeben und dafür einen kirchlichen Vereinigungstag feiern. Der Theologieprofessor und Bibelübersetzer Martin Luther ist die zentrale Figur der Reformation vor 503 Jahren. Was können wir für unser heutiges Leben von ihm lernen?
Martin Luther hat die Bibel neu in den Mittelpunkt der Kirche gerückt. Durch die Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache hat er unsere gemeinsame deutsche Sprache geschaffen. Mir ist bis heute seine Erkenntnis wichtig, dass ich nichts leisten muss, um von Gott anerkannt zu sein. Gott nimmt mich an, wie ich nun einmal bin. Das ist mir gerade in unserer heutigen Leistungsgesellschaft wichtig. Luther war ein Mann klarer Worte. Die fand er auch Richtung Judentum, das er wohl nicht so recht neben dem Christentum duldete. Wie bewerten Sie diesen damaligen Luther-Standpunkt aus heutiger Sicht?  Ja, Martin Luther hat manchmal sehr derb gesprochen. Man könnte auch sagen, er hat verbal zugeschlagen. Dabei hat er auch falsche und aus heutiger Sicht unzulässige Positionen vertreten. Gerade gegenüber dem Judentum hat er am Ende seines Lebens Forderungen aufgestellt, die ich nur ablehnen kann. Viele Jahre lang hatte er ganz anders über das Judentum geredet. Warum er seinen Standpunkt geändert hat, kann man nur mutmaßen. Wahrscheinlich hat es auch mit seiner Überzeugung zu tun, dass das Weltende bevorsteht. Der Reformationstag bekommt durch das Halloweenfest zunehmend Konkurrenz. Ist das ein Zeichen dafür, dass sich die Menschen von der Kirche entfernen?
Ich nehme wahr, dass Menschen durchaus viel von Kirche erwarten, wenn es eine Beziehung zu ihrem eigenen Leben gibt. So wenn sie ihre Kinder in evangelische Kindergärten oder Schulen schicken, wenn ihre Angehörigen von Diakoniestationen betreut werden oder auch, wenn es persönliche oder gesellschaftliche Notlagen gibt. Halloween ist für mich eher ein fröhliches Fest und ist kein Zeichen der Entfernung von der Kirche. Zumal es eigentlich ein kirchliches Fest war, da es von dem katholischen Feiertag Allerheiligen ausgeht und aus dem gut katholischen Irland kommt. Halloween ist ein Fest mit Spaßfaktor und zieht junge Leute an. Wie kann da eine kirchliche Reformation überhaupt mithalten?
Spaß gehört zum Leben und muss sein, ist jedoch nicht alles. Leider gibt es auch andere Zeiten und Situationen. Auch daran erinnert die Kirche. Der Glaube gibt Trost in schweren Zeiten und hilft im Alltag zu leben. Ihr letztes Wort…?
Wenn wir heute das tun, was Gott von uns will, dann begehen wir den Reformationstag richtig. Gerade in dieser Zeit der Einschränkungen hilft mir das Vertrauen auf Gott, gelassen zu leben.


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