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Moderne Technik sorgt für Heimreise

Heiligen schreibt man oft Wunder zu, also Begebenheiten, die sich nicht rational erklären lassen. Oft erlebten sie sonderbare Erscheinungen oder verbrachten wundersame Taten. Dies soll auch Benno von Meißen (1010-1106) widerfahren sein. Benno, der im Mittelalter als Bischof an der Elbe residierte, über 40 Jahre die Geschicke seines Bistums lenkte und den christlichen Glauben im Siedlungsgebiet der heidnischen Slawen fest verankerte, erlebte Wunder. Seine Heiligsprechung 1523 sorgte dafür, dass er Sachsens erster Heiliger wurde, der zudem Schutzpatron von München und der katholischen Diozöse Dresden-Meißen ist sowie als Beschützer der Fischer und Tuchmacher gilt. Mit etwas Augenzwinkern kann seit kurzem auch Andreas Beuchel - Superintendent für Meißen-Großenhain und Dompfarrer zu Meißen - ein Wunder geschehen lassen, wenn er im hinteren Teil des Doms die Fernbedienung nach oben richtet und auf Knopfdruck das einstige Hochgrab des Heiligen auf die Bodenplatten projiziert wird. Wie auf ein hauchdünnes Seidentuch übertragen, breitet sich die an einen Holzschnitt erinnernde historische Abbildung der sogenannten Tumba Bennos vor den Augen des Betrachters aus. Wer für ein Foto schon einmal mit dem Tageslichteinfall durch die wandhohen Fenster im Innern des Domes gekämpft hat, wird die Herausforderung zu würdigen wissen, welche die Haustechniker mit der verwendeten LED-Technik hier gemeistert haben: Das Bild ist scharf und als aus Marmor im Stil der Gotik errichtetes Heiligengrab mit den ungewöhnlichen Erinnerungsgaben seiner Verehrer klar erkennbar. Die historische Grabstelle befand sich bis zur Reformation exakt in der Mitte des Kirchenschiffs, wo sie heute durch eine mit der schlichten Aufschrift „Benno“ signierten Steinplatte lokalisierbar ist. Die eigens für die Pilger errichtete Tür zu diesem Ort der Heiligenverehrung wurde ebenfalls im Zuge der Reformation zugemauert, sichtbar ist sie jedoch bis heute. Der Lauf der Geschichte meinte es jedoch nicht besonders gut mit St. Benno. Anlässlich der Erhebung der Reliquien am 16. Juni 1524 („Benno-Tag“) kritisierte Martin Luther mit seiner Schrift „Wider den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll erhoben werden“ diese Heiligsprechung. Damit meinte er aber weniger die Person des Bischofs, denn fromme Vorbilder sollten die Gläubigen selbstverständlich haben, sondern den sich ausbreitenden Benno-Kult, der dem Reformator zuwider war. Wo der Gottesdienst fortan dem evangelischen Ritus folgte, verschwand St. Benno, sowohl geistig wie auch physisch, heute liegen die Gebeine des Heiligen in der Münchner Frauenkirche bestattet. Ein paar Meter hinter der Lichtinstallation verweisen eine zweisprachige Wandtafel und eine ebenfalls besonders markierte Bodenplatte darauf, warum besonders viele niederländische Touristen den Burgberg erklimmen, den Dom besuchen und häufig danach fragen, wo denn nun „Anna van Saksen“ begraben liege. Besagte Anna (1544-1577) war die Tochter des Kurfürsten Moritz von Sachsen und der Agnes von Hessen. Sie wurde die zweite Ehefrau von Wilhelm von Oranien, dem Stammvater des noch heute regierenden niederländischen Königshauses. Des Ehebruchs bezichtigt und zu einem Geständnis erpresst, wurde sie nach Sachsen abgeschoben, in Dresden inhaftiert und schließlich namenlos im Dom zu Meißen – und obwohl sie lutherischer Konfession war - an der Seite ihrer katholischen Vorfahren bestattet. Auf Annas Grab weist nun der von der Batzdorfer Künstlerin Bettina Zimmermann mit Blei in der Sandsteinbodenplatte nachgezogene Namensschriftzug der sächsischen Fürstentochter hin. Mit den Hinweisen auf die Lebens- und Glaubensgeschichte zweier historischer Persönlichkeiten erzählt das 968 als Bistum gegründete Hochstift Meißen im Dom einen Teil seiner eigenen Historie und macht diese auch sichtbar. Die Sonderausstellung „Ein Schatz nicht von Gold: Benno in Meißen – Sachsens erster Heiliger“ wird vom 12. Mai bis 5. November gezeigt. M. Eckardt


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