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Ein Gespür für die Zeit: 100 Jahren und drei Generationen

Am 1. Oktober 1920 begann die Geschichte des Uhrmacherbetriebes Handrick in Spremberg (Spree-Neiße). 100 Jahre später sorgt Uhrmacher Carsten Handrick in der dritten Generation dafür, dass die Uhren in der Region zuverlässig die Zeit anzeigen.
Carsten Handrick führt den Uhrmacherbetrieb in Spremberg bereits in dritter Generation. Foto: asl

Carsten Handrick führt den Uhrmacherbetrieb in Spremberg bereits in dritter Generation. Foto: asl

Zu jener Zeit, als Herbert Handrick die Uhrmacherwerkstatt in Spremberg-Süd gründete, hatten Uhren einen hohen Stellenwert. Sie galten als Wertgegenstand, den man – vereinfacht gesagt – zur Konfirmation bekam und bis zum Ende seines Lebens bei sich trug. Davon profitierte der kleine Handwerksbetrieb, denn es gab viele Uhren zu reparieren. Im Laufe der 1920er Jahre zog das Geschäft auf den Spremberger Marktplatz, doch das Gebäude brannte im Zweiten Weltkrieg aus. Heute hat der Uhrmacherbetrieb Handrick seinen Sitz in der Langen Straße 13. In den 1950er Jahren übernahm Uhrmachermeister Hans-Joachim Handrick die Geschäfte und prägte die Geschichte des Unternehmens für rund fünf Jahrzehnte. Zusammen mit seiner Mutter, die in Spremberg vielen als „Oma Käthe“ bekannt sein dürfte, hielt Hans-Joachim Handrick den Betrieb nach dem Krieg aufrecht. So ließ sie es sich nicht mit über 80 Jahren nehmen, ihren Sohn im Geschäft zu unterstützen. In diesem Zeitraum wurden neun Lehrlinge ausgebildet, von denen einer – Uhrmachermeister Ewald Buchler – noch heute hin und wieder im Betrieb mitarbeitet. „Wir hatten schon immer ein ganz besonderes Verhältnis zu unseren Lehrlingen und den Mitarbeitern“, erzählt Carsten Handrick, der den Familienbetrieb seit 1. Januar 2000 in dritter Generation leitet. „Eigentlich wollte ich nie Uhrmacher werden“, sagt Firmeninhaber Carsten Handrick mit einem Schmunzeln. Und dennoch begann er 1988 eine zweite Lehre als Uhrmacher in Elsterwerda, um mit ins Familiengeschäft einzusteigen. Mittlerweile gehören zwei Geschäfte zum Unternehmen: Im Laden in der Langen Straße werden nach wie vor Uhren repariert und restauriert. Hier steht die handwerkliche Arbeit und Dienstleistung im Mittelpunkt. Im Laden in der Dresdener Straße 6 dreht sich alles um Gravuren, Vereinsbedarf und vieles mehr. Dieses Geschäftsfeld hat Carsten Handrick mit seiner Frau, einer gelernten Werkzeugmacherin, in den vergangenen 20 Jahren stark ausgebaut. „Wir haben einiges in moderne CNC-, Fräs- und Lasergravurtechnik investiert. Damit ist die Bearbeitung verschiedenster Materialien, wie Gold, Silber, Zinn, Edelstahl und Titan sowie Glas, Holz und Kunststoff möglich“, so der 52-Jährige. Carsten Handricks Steckenpferd sind jedoch historische Großuhren. „Als gelernter Schlosser sind mir die großen Zahnräder manchmal lieber, als die kleinen“, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu. So lagert aktuell das Uhrwerk des Spremberger Rathausturms bei ihm, um vollständig restauriert und danach wieder eingebaut zu werden. Darin sieht Handrick auch die Notwendigkeit seines Berufsstandes: „Öffentliche Uhren werden erst dann bemerkt, wenn sie nicht mehr funktionieren. Und wenn es mechanische Systeme sind, die dahinterstecken, bedarf es ein Uhrmacher, um sie wieder zum Laufen zu bringen.“ Neun Pflege- und Wartungsverträge hat er in diesem Nischensegment, unter anderem ist die Turmuhr auf dem Gerichtsberg in Cottbus dabei. „Jede Generation unserer Familie ist ihren ganz eigenen Weg gegangen. So war es immer und so ist es noch heute“, resümiert der Handwerker, dem bei der Nachfolge vor allem wichtig war, dass er frei agieren kann. Letztlich entscheidet der Markt über den Erfolg eines Unternehmens. Da müsse man sich immer wieder anpassen. „Das Wichtigste aber ist die Ehrlichkeit gegenüber den Kunden.“


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