Roberto Rink

Natur Natur sein lassen?

Sächsische Schweiz. Nach den Waldbränden in der Gohrischheide wird erneut über Waldbrandprävention im Nationalpark Sächsische Schweiz diskutiert.

Glutnest eines Waldbrandes im Jahre 2024 in der Kernzone des Nationalparks Sächsische Schweiz.

Glutnest eines Waldbrandes im Jahre 2024 in der Kernzone des Nationalparks Sächsische Schweiz.

Bild: M. Förster

Sommersaison ist Waldbrandsaison. Aus den verheerenden Waldbränden Anfang Juli in der Gohrischheide, die auf einer Fläche von 2.400 Hektar wüteten, sollten auch Lehren für den Nationalpark Sächsische Schweiz gezogen werden.


Im Nachgang des Waldbrandes im Nationalpark Sächsische Schweiz 2022 wurde, maßgeblich von Prof. Michael Müller von der TU Dresden, ein Waldbrandschutzkonzept für die Nationalparkregion erarbeitet, das inzwischen in vielen Teilen umgesetzt wurde und wird. Er bezeichnet die Waldbrände als extreme menschliche Eingriffe, die den Ansätzen im Sinne von »Natur Natur sein lassen« in Totalreservaten in Schutzgebieten oder in Wildnisgebieten zuwiderlaufen. »Vielmehr müssen gerade deshalb Waldbrände in diesen Gebieten verhindert oder schnellstmöglich gelöscht werden. Ich möchte wirkliche Totalreservate und Wildnisgebiete ebenfalls als Referenzflächen haben und genau deshalb wirksam vor Waldbränden schützen«, sagt Prof. Müller.

Zum Umgang mit toten Bäumen gilt, dass letztendlich die Waldbesitzer darüber unter Beachtung geltender Rechtsvorschriften frei entscheiden können und das gilt längst nicht mehr nur in Schutzgebieten. »Für die Waldbrandentstehung und -ausbreitung hat stärker dimensioniertes Totholz (mehr als 10 cm Durchmesser) eine vergleichsweise geringe Bedeutung. An öffentlich gewidmeten Straßen und Wegen gilt ohnehin eine Verkehrssicherungspflicht. Ansonsten enthalten alle Waldbrandschutzkonzepte als Standard, dass stehendes Totholz entnommen oder eingekürzt werden muss, wenn dieses beim Umstürzen ausgewiesene Waldbrandschutz- oder Einsatzwege erreichen und dadurch die dort agierenden Einsatzkräfte gefährden könnte. Für die gezielte Minderung des potenziellen Brennmaterials, also der Streuauflage, der Bodenvegetation oder des geringer dimensionierten (weniger als 10 cm Durchmesser) liegenden Totholzes gibt es spezielle Herangehensweisen, dieses an den genannten Wegen mechanisch zu verringern bzw. deren Entzündbarkeit im Brandfall zu mindern oder auszuschließen«, sagt Prof. Müller.

 

Totholz reduzieren?

 

Die Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz äußerte sich kürzlich in einem Pressestatement zu den jüngsten Waldbrandereignissen. Sie fordert weiterhin, dass abgestorbene Fichtenbestände als brennbares Material angesehen und »deren Anteil in der Sächsischen Schweiz umgehend reduziert werden« müsse. Das Konzept »Natur Natur sein lassen« muss laut der Bürgerinitiative in einer Kulturlandschaft wie der Sächsischen Schweiz grundlegend in Frage gestellt werden. In ihrem Statement wird der Feuerökologe Johann Georg Goldammer zitiert, der für einen Waldumbau mit einem Nebeneinander von Nadelwald, Laub- und Mischwald plädiert. Totholz betrachtet der Experte als erhöhtes Brandrisiko. Den »Umbau von Nadelreinbeständen und das Freischneiden von Waldwegen« empfiehlt auch Georg Lindner, Vorsitzender des Sächsischen Waldbesitzerverbandes, als Vertreter privater und körperschaftlicher Wälder.


Elbsandsteinführer Marco Angermann hat sich ebenfalls mit dem Thema Waldbrandschutz in der Sächsischen Schweiz auseinandergesetzt. Er betont, dass der Grundsatz der Waldbrandschutzkonzeption zur Reduzierung von Totholz nicht für den »Sonderfall Nationalpark Sächsische Schweiz« gelte. »Man spielt stattdessen weiter auf Zeit – hofft, dass es keinen Waldbrand mehr gibt und gleichzeitig die Bäume schnell nachwachsen«, meint Angermann.



Wie reagiert derNationalpark?



Haben die neuerlichen Diskussionen um den Waldbrandschutz auch Konsequenzen für die Präventionskonzepte der Nationalparkverwaltung / Staatbetrieb Sachsenforst? Zunächst betont Lars Richter, Pressesprecher des Staatbetriebs Sachsenforst, dass der Nationalpark Sächsische Schweiz und das Naturschutzgebiet Gohrischheide aufgrund ihrer sich sehr stark unterscheidenden naturräumlichen Ausstattung beim Waldbrandschutz differenziert betrachtet werden müssen. Viele Maßnahmen des Waldbrandschutzkonzepts von Prof. Müller habe der Nationalpark bereits umgesetzt.
»So wurden drei mobile Löschwasserzisternen mit je 20.000 Litern Fassungsvermögen von Sachsenforst angeschafft und ergänzen die sieben neuen, durch die Kommunen gebauten festen Zisternen mit 500.000 Litern Wasser«, sagt Richter. Außerdem hat Sachsenforst eigene Löschtechnik beschafft. Zudem werden 140 Kilometer wichtiger Einsatzwege durch die Nationalpark- und Forstverwaltung permanent freigehalten. Die Nationalparkwacht übernimmt, seit 2022 um zehn Personen aufgestockt, ganzjährig Aufklärungsarbeit im Nationalpark.

Zum Thema »Totholz« äußert sich die Nationalparkverwaltung allerdings nicht.


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