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Garantie läuft ab. Was nun?

Ein neues Auto, das im Jahr zwölf Mal stehen bleibt, würde man dem Händler zurückgeben. Auf diese einfache Formel bringt es der Meißner Stadtrat Ulrich Baudis im Zusammenhang mit dem Burgberg-Aufzug. Hat sich die Stadt etwa Schrott andrehen lassen? Gab es womöglich schon Fehler in den Planungen? All diese Fragen bleiben auch zwei Monate vor dem Ende der Garantie im Nebel.
Immerhin: Bis Mitte Februar 2016 fuhr der Lift 500.000 Mal. Die Störungen konnten von monatlich 2,6 im Jahr 2012 auf zuletzt eine pro Monat reduziert werden. Foto: Archiv

Immerhin: Bis Mitte Februar 2016 fuhr der Lift 500.000 Mal. Die Störungen konnten von monatlich 2,6 im Jahr 2012 auf zuletzt eine pro Monat reduziert werden. Foto: Archiv

Am 11. Mai 2016, also genau fünf Jahre nach der Inbetriebnahme des Burgberg-Aufzugs (8. Mai 2011), erlischt die Gewährleistung für das seinerzeit 2.172.345 Euro teure Bauwerk. „Das betrifft die Aufzugstechnik. Die Gewährleistung für das Beton- und Stahlkonstrukt ist schon letztes Jahr abgelaufen“, erklärte Dirk Herr vom Stadtbauamt zur jüngsten Stadtratssitzung. Aufgrund der Störungen in der Vergangenheit gab die Stadtverwaltung letztes Jahr ein Gutachten bei dem Berliner Aufzug-Sachverständigen Wilfried Lenz in Auftrag. Die Ergebnisse wurden in einer nichtöffentlichen Bauausschusssitzung im Januar und nun im Stadtrat vorgestellt. Gutachten „Ein Großteil der Probleme besteht an der Bergstation“, sagte Herr. Er erinnerte daran, dass der bauliche Eingriff am Domplatz damals so schonend wie möglich zu erfolgen hatte, um die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens zu gewährleisten. In der Folge hatte man auf einen Witterungsschutz verzichtet. Die Mängelliste ist lang. So ist im Gutachten zu lesen, dass Wasser und die damit hohe Luftfeuchtigkeit in den Maschinenraum eindringt (schlecht für elektrische Bauteile) und die Tragseilspannung sehr unterschiedlich ist (höherer Verschleiß an Umlenkrollen, Treibscheibe und Tragseilen). Die Sensorleisten der Türanlage (Bergstation) stellen der Expertise zufolge eine weitere Störungsquelle dar (wegen Laub, tiefstehende Sonne). Die Antriebseinheiten im Boden vor der Bergtür sind stark angerostet, weil die Abdeckung – ein Edelstahlblech – die Bauteile nicht vor Wasser schützt. Beim Thema Klimaanlage kommt der Gutachter zu dem Fazit, dass die verbaute Anlage ausreichend sei, sie aber bei einem Stromausfall ihre Funktion gänzlich einstellt (gefährlich bei Extremtemperaturen). Letztlich sei der Aufzug auch zu langsam. Statt 5,8 km/h, wie angegeben, liege die reale Betriebsgeschwindigkeit nur bei maximal 3,6 km/h. Einzelne Bauteile arbeiten zudem nur bis minus 20 Grad zuverlässig. Daher muss der Aufzugsbetrieb bei tieferen Temperaturen eingestellt werden. Falsche Variante, kein Konstruktionsfehler Gutachter Wilfried Lenz spricht allerdings nicht von einem generellen Konstruktionsfehler. „Alle Mängel, die im Gutachten aufgezeigt werden, kann man abstellen bzw. minimieren“, sagte er gegenüber dem WochenKurier. Umfangreichste Maßnahme sei seiner Empfehlung nach die Einhausung der Bergstation.
Man spreche bei dem Burgberg-Aufzug aber eben von einer Außenanlage, die nicht nur Witterungsverhältnissen, sondern auch Bewegungen des Untergrunds ausgesetzt sei. Hinzu kommt die Elektronik moderner Aufzüge. „Früher wurden Relais verbaut, die relativ unempfindlich gegenüber Wettereinflüssen waren. Heute sind Aufzüge mit Halbleiterbauteilen zugestopft, die größtenteils nur zwischen minus 12 und 35 Grad Celsius zuverlässig funktionieren. Das ist eben so“, sagte er. Alles was darüber hinausgehe, steigere die Störanfälligkeit. In Summe wäre seiner Ansicht nach ein senkrechter Aufzug mit Brücke die bessere Variante für Meißen gewesen. Dieser Entwurf  war damals auch im Gespräch, jedoch nicht genehmigungsfähig.  Inzwischen sind Schreiben der Stadtverwaltung auf dem Weg. Die Herstellerfirma und das Planungsbüro haben bis März Gelegenheit, zu den Mängeln Stellung zu beziehen und sich zu überlegen, wie sie aus der Welt zu schaffen sind. Der Stadtrat erwägt im schlimmsten Fall  ein Beweissicherungsverfahren. Dass man so lange abgewartet habe, konnten einige Räte nicht verstehen.


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