Dem Wolf auf der Spur
Es ist Mitte März und noch früh am Tag als im Büro der Fachstelle das Telefon klingelt. Der Anrufer – ein Jäger aus Crostwitz im Landkreis Bautzen – berichtet, dass mehrere Menschen der Gemeinde in den letzten Tagen einen Wolf gesehen hätten. Der Vorfall wird registriert, Daten werden ausgetauscht. Bei einer Wolfssichtung, sprechen die Experten der Fachstelle von einem unbestätigten Hinweis. Da der Anrufer die Namen der Augenzeugen nicht preisgeben will, bleibt zunächst nichts anderes übrig, als abzuwarten, ob sich der Verdacht erhärtet. Also sich tatsächliche »Zeugen« melden. Hinweise von Bürgern sind wichtig »Die Bevölkerung«, so erzählt Matthias Rau, Leiter der Fachstelle, »ist nach wie vor die wichtigste Informationsquelle für uns.« In diesen Tagen ist es eher ruhig. Mit schönem Wetter steige die Zahl der Anrufer. »Die Menschen sind dann mehr draußen unterwegs«, so Rau. Einen Wolf in freier Wildbahn zu sehen, dazu gehöre trotzdem sehr viel Glück. Noch schwieriger ist es, ihn zu fotografieren oder zu filmen. »Das wäre dann ein bestätigter Hinweis«, erklärt Mitarbeiter Konstantin Schanze. Um den Informationsaustausch zu verbessern, soll in den nächsten Wochen ein Portal online gehen, über das Bilder, Videos und Informationen unkompliziert hochgeladen werden können. Sämtliches Material landet schließlich in einer Datenbank. »Sinn und Zweck des Monitorings ist es, Bestandsgrößen und Territorien festzustellen«, erklärt Schanze. Der Informationsaustausch sei aber keine Einbahnstraße. »Im Gegenzug versuchen wir für die Menschen vor Ort, die Lage einzuschätzen und sie mit Informationen zu versorgen«, so Schanze weiter. Daneben sei der Freistaat auch verpflichtet, der EU regelmäßig Bericht zu erstatten. Neben Augenzeugenberichten erhält die Fachstelle auch Bildmaterial von Wildkameras. Erst neulich wurden Fotofallen in Moritzburger Wäldern angebracht. Hier weiß man von einem Tier. Ob es sesshaft oder nur durchgezogen ist, bleibt die große Frage. Generell spricht man von einem Wolfsterritorium, wenn mindestens über sechs Monate bestätigte Hinweise erbracht werden können. Dessen Zentrum befindet sich dort, wo Welpen erstmalig nachgewiesen werden können. Warum in Nossen? Die Fachstelle, untergebracht in einem ausrangierten Autobahnpolizeirevier im Nossener Ortsteil Deutschenbora, beschäftigt sieben Mitarbeiter und scheint auf den ersten Blick weit weg von den Wolfhotspots in der Lausitz. »Tatsächlich befinden wir uns in der Mitte des Freistaats, können alle Ecken gut erreichen«, so Rau mit Blick auf die Wolfsterritorien in Nordsachsen. Gegenwärtig gibt es im Freistaat 28 Rudel und ein Paar. Wie viele Tiere genau in Sachsen leben, könne man trotz aller Bemühungen nicht seriös sagen. Doch es gibt Entwicklungen. In der Lausitz wird es eng »Wir haben in den letzten Jahren eine Verdichtung der Wolfsterritorien in der Lausitz festgestellt«, erzählt Rau. Für die Experten ist das ein Indiz, dass die Nahrungsgrundlage dort nach wie vor ausreicht. Ganz anders die Situation im Erzgebirge. Hier gibt es nur vereinzelte Sichtungen. Warum der Wolf die Höhenlagen meidet, ist nicht genau bekannt. »Wahrscheinlich ist der Druck noch nicht groß genug, um ins Gebirge ausweichen zu müssen. Der Aufwand, um einen Rückzugsort zu finden, wäre dort auch größer«, meint Rau. In der Fachstelle geht man davon aus, dass der Wolf von Tschechien aus das Erzgebirge besiedeln wird. Berichte von Kollegen aus dem Nachbarland untermauern diese Theorie. Entschädigung nach Rissen Werden beispielsweise Schafe, Ziegen oder Rinder tot vorgefunden bzw. besteht der Verdacht auf einen Wolfsriss, dann sind ebenfalls die Mitarbeiter der Fachstelle gefragt. Die sogenannte Rissbegutachtung wird vor Ort durchgeführt – in der Regel innerhalb von 24 Stunden. So konnten von 178 Meldungen im letzten Jahr insgesamt 108 dem Wolf zugeschrieben werden. Schadensbilanz: 326 tote, 44 verletzte und 41 vermisste Nutztiere. Die Einschätzung der »Gutachter« ist am Ende Grundlage für eine Entschädigung durch die Landesdirektion. »Dabei ist auch entscheidend, ob der Halter den Mindestschutz erfüllt hat«, sagt Schanze. Dazu zählen beispielsweise Elektrozäune (2.000 Volt) mit einer Mindesthöhe von 90 Zentimetern. In dieser Angelegenheit gibt es die nächsten Jahre noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. »In etwa zwei Dritteln der Fälle hatten die Tierhalter keinen Mindestschutz. Erfahrungsgemäß wird sich erst mit dem Thema beschäftigt, wenn es Schäden gab«, sagt der Fachstellenleiter. Dabei fördert der Freistaat Investitionsmaßnahmen zum Herdenschutz bis zu 100 Prozent. DNA-Abstrich und GPS-Halsband Manchmal nehmen die Experten auch einen DNA-Abstrich von den Bissrändern am Tatort. Die Proben werden dann in einem Referenzlabor analysiert. »Wir erfahren dadurch u.a., ob es sich um einen bekannten oder neuen Wolf handelt«, sagt Schanze. Durch den genetischen Fingerandruck konnte beispielsweise eine Riss-Serie im Wermsdorfer Forst einem einzigen Wolf zugeordnet werden. Derzeit sind außerdem zwei Tiere mit einem Sendehalsbandausgestattet. Anhand der GPS-Daten können die Mitarbeiter der Fachstelle ein Bewegungsprofil erstellen und das Territorium abgrenzen. Natürlich sterben auch Wölfe. Das Gros durch Autounfälle. Seit 2002 gab es aber auch zehn illegale Tötungen. Zuletzt wurde bei Spreewitz (nahe Spremberg) ein Projektil in einem toten Wolf gefunden. Das LKA ermittelt in dem Fall.

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