Seitenlogo
tok/spa

Pro und Contra: Braucht es den Ausbau der A4 östlich von Dresden?

Ostsachsen. Die A4 von vier auf sechs Spuren zu erweitern ist seit Jahren ein Thema in der Region. Doch was spricht eigentlich für und was spricht gegen den Ausbau? Dazu äußerten sich der Görlitzer Landrat Dr. Stephan Meyer und der Vorsitzende des BUND Dresden, Martin Ahlfeld.
Reichen die vier Spuren auf der A4, oder braucht es doch sechs?

Reichen die vier Spuren auf der A4, oder braucht es doch sechs?

Bild: T. Keil

Die Absage des Bundes an einen durchgehenden sechsspurigen Ausbau der Autobahn A4 östlich von Dresden bewegt seit Wochen die Gemüter. Im Januar war bekannt geworden, dass Bundesverkehrsminister Volkmar Wissing dem sächsischen Kabinett schon auf einer gemeinsamen Sitzung im Oktober 2022 mündlich mitgeteilt hatte, dass der Bund für einen Ausbau der A4 östlich von Dresden keinen Bedarf sieht. Auf unsere Nachfrage hieß es vom Bundesverkehrsministerium, dass bei den vom Freistaat bei der Fernstraßenplanungs- und Bau GmbH (DEGES) beauftragten planerischen Untersuchungen »kein hinreichender fachlicher Ansatzpunkt für einen Ausbau der A4 östlich von Dresden (AS Hermsdorf) besteht.« Dazu sei das prognostizierte Verkehrsaufkommen nicht ausreichend. Seitdem wird von vielen Seiten ein Umdenken des Bundes gefordert. Aber auch in Sachsen hält nicht jeder den Ausbau für zwingend notwendig.

 

Pro von Dr. Stephan Meyer

"Der Ausbau der Autobahn A4 ist von großer Bedeutung für die grenzüberschreitenden Verkehrsverbindungen zwischen Deutschland und anderen europäischen Ländern. Die A4 ist eine der wichtigsten Autobahnen in Europa und verbindet unseren Kontinent vom französischen Calais, über Köln und Dresden bis nach Kiew in der Ukraine. Ein Ausbau der A4 würde dazu beitragen, den internationalen Warenverkehr zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern zu verbessern und somit die Wirtschaft zu stärken. Hierzu sind die Voraussetzungen zu schaffen, um Straße und Schiene zu vernetzen und den Mehrwert für Unternehmen und die Umwelt zu erzeugen. Insbesondere Handwerkerinnen und Handwerker, die oft mit schwerem Gerät und Material unterwegs sind, benötigen eine entsprechende Infrastruktur. Auch Pendlerinnen und Pendler profitieren von einem Ausbau der A4, und das ist nicht nur für den regionalen Arbeitsmarkt von Vorteil. Die Erhöhung der Verkehrsflächen und die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur können dazu beitragen, dass die Verkehrssituation insgesamt entspannter wird und Staus vermieden werden können. Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Notwendigkeit des Ausbaus der A4 ist die Sicherheit. Sie ist eine der unfallträchtigsten Autobahnen in Deutschland und es kommt regelmäßig zu schweren Unfällen. Schließlich ist der Ausbau der A4 auch für die Strukturentwicklung in der Region von Bedeutung. Durch diesen würden auch die umliegenden Regionen in der brandenburgischen Lausitz gestärkt werden. Die Mehrheit der Menschen in der Oberlausitz steht hinter dem Ausbauziel, wie wir unlängst durch die breite Unterstützung der Städte und Gemeinden erleben durften. Jetzt gilt es, gemeinsam unsere Interessen gegenüber der Bundesregierung zu vertreten. Weil wir hier leben wollen."

 

Contra von Martin Ahlfeld

Beantragt, geprüft, abgelehnt und aus der Zeit gefallen - So sehr sich mancher Pendler ärgert, der immer wieder im Stau steht, ein Autobahnausbau löst das nicht. Er bedeutet 20 bis 25 Jahre Baustelle, würde also kurzfristig die Verkehrssituation verschärfen. Mehr noch: Wir wissen verkehrswissenschaftlich seit langem, dass Straßen langfristig gesehen keinen Stau auflösen. Sie erzeugen neuen Verkehr, weil sie das Autofahren immer noch attraktiver machen. Der Ausbau der A4 zwischen Bautzen und Dresden wurde auch vom Bundesverkehrsministerium geprüft und abgelehnt. Selbst in gängiger autofreundlicher Logik ergibt die Straße also keinen Sinn. Strategien für eine ökonomisch stabile Zukunft in der Lausitz müssen anders aussehen. Ausführliche Studien für die Bundesregierung haben gezeigt, dass zum Beispiel der Übergang von einer Kohle- zu einer Erneuerbaren-Energien-Region die Wertschöpfung erhöhen statt verringern können. Und auch zukünftige Mobilität geht anders: Der Verkehr muss auf die Schiene verlagert werden und es braucht Verkehrsvermeidung durch eine andere Regionalentwicklung. Ist weniger Verkehr notwendig, gibt es weniger Stau. Neue Straßen wirken dagegen in Zeiten der Klimakrise und in Zeiten fehlender Mittel für den Schienennetzausbau und die Reparatur des vorhandenen Straßennetzes wie aus der Zeit gefallen. Deutschland und die EU müssen in wenigen Jahren postfossil und klimaneutral werden. Die Klimakrise würde sonst schon rein ökonomisch so umfassend fatale Auswirkungen haben – man denke schon heute an die Folgen für Landwirtschaft und Wald –, dass sie jeden vermeintlichen Vorteil eines Autobahnneubaus überwiegen.


Meistgelesen