Zwischen Motivation und Enttäuschung
Das Geräusch von krächzenden Raben unterbricht die spätsommerliche Idylle. Die beiden Weidentore knarren und quietschen verdächtig laut. Doch hier fehlt nicht etwa Öl für die Schmierung. All das ist genauso gewollt. Die Tor-Riegel haben das Aussehen von großen Knochen, es sind Runenzeichen und Zaubersymbole zu sehen.
Die beiden Weidentore verbinden auf der Kuhweide den Erlebnispfad. Ihr Anblick versprüht an jener Stelle unweit der Krabatmühle ihren ganz eigenen Charme und lässt die sorbische Sage um den Zauberlehrling Krabat nicht nur akustisch, sondern auch visuell lebendiger werden.
Handwerk trifft auf Mystik
Nur ein paar Meter davon entfernt werkeln Jugendliche unter fachlicher Anleitung an »ihrem« Klangspiel, das mal wieder Opfer von Vandalismus geworden ist und repariert werden muss. Für die Teilnehmer der »Offenen Jugendwerkstatt – #Ziel?Los!Leben.« ist das eine bittere Enttäuschung. Sind sie beziehungsweise ihre Vorgänger doch die Hauptakteure dieser sehr gelungenen Kunstwerke, die sich wunderbar in die Kulisse des sorbisch geprägten Erlebnisortes einfügen. Sie sind mit sehr viel Liebe zum Detail erarbeitet worden. Hier treffen qualitativ hochwertige handwerkliche Umsetzung und optisch aussehende Mystik aufeinander.
»Wir müssen mehrmals im Jahr Reparaturleistungen umsetzen, weil die Dinge von Besuchern einfach nicht geschätzt, sondern mit roher Gewalt zerstört oder gestohlen werden«, erklärt Projektleiterin Doreen Zschiesche. In ihren Worten schwingt Traurigkeit mit. Lasse der Vandalismus doch auch die Motivation der Jugendlichen sinken, wenn ihre mühselige Arbeit immer wieder zerstört werde. Bis solch ein Kunstwerk fertig ist, hat das Team um die Projektleiterin mit Volkmar und Markus Graupner sowie Cindy Jirsak im Vorfeld bereits intensive Aufbauarbeit geleistet, um die Teilnehmer in der Offenen Jugendwerkstatt wieder in einen strukturierten Lebensalltag zu führen, der mit vielen Problemen und schwierigen Situationen behaftet war.
Die praktischen Arbeiten rund um die Krabatmühle machen den Teilnehmern Spaß. Der Erlebnishof in Schwarzkollm ist einer von mehreren Kooperationspartnern, mit denen Projekte für die Region und deren gemeinnützigen Einrichtungen umgesetzt werden.
Ein Lächeln huscht jetzt über die Gesichter der Jugendlichen. Die Stimme des Krabat, alias Schauspieler Joachim Kaps, ist soeben ertönt. Der Wechsel des defekten Bewegungsmelders und die neue Sprachaufnahme des Zauberlehrlings in dem neuen Soundhaus sind erfolgreich umgesetzt worden. Die literarische Botschaft stammt aus dem Buch von Ottfried Preußler und begrüßt nun wieder die Besucher, wenn sie die Weidentore öffnen.
Zukünftig sollen rund um den Pfad noch weitere elf Stationen unter der Obhut der Offenen Jugendwerkstatt entstehen.
Fit gemacht für den Arbeitsmarkt
Neben den praxisorientierten Arbeiten werden mit sozialpädagogischer Begleitung auch schulische Defizite aufgearbeitet, berufsorientierende Maßnahmen und Erlebnispädagogik angeboten. Ganz individuell, um vorhandene persönliche Ressourcen zu nutzen und Stärken zu fördern. Das erklärte Ziel: Eine gesunde Basis schaffen, um darauf aufbauen und die Jugendlichen für den Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt fit machen zu können.
Auf Wunsch der Teilnehmer wurden ein Besuch des Kriegsgefangenenlagers Elsterhorst in Nardt, Einblicke in Jugendwerkhöfe in der ehemaligen DDR und ein Zeitzeugengespräch mit einem ehemaligen Heimbewohner eines Kinderheims in der DDR organisiert. Es braucht eben »nur« die richtige Basis, um das Interesse und die Motivation der Jugendlichen zu wecken. Es läuft in der Offenen Jugendwerkstatt. Jetzt wären noch Besucher wünschenswert, die die Arbeit der Jugendlichen rund um die Mühle auch zu schätzen wissen.
Hintergrund: Die Offene Jugendwerkstatt
- Vor 30 Jahren begann das Diakonische Werk Hoyerswerda mit der Jugendsozialarbeit, die im Laufe der drei Jahrzehnte unter verschiedener Trägerschaft stetig fortgeführt wurde.
- Die Offene Jugendwerkstatt, aktuell in Trägerschaft der St. Martin StattRand gGmbH, hat ihren Sitz im Haus Bethesda, wird durch das Jobcenter und das Jugendamt des Landkreises Bautzen finanziert.
- In den letzten zwölf Jahren wurden mehr als 300 Jugendliche betreut.