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Silke Richter/asl

Von Obstrettern und Marktschwärmern

Über 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland, laut der Umweltorganisation World Wide Fund For Nature (WWF), jährlich in der Tonne. Die Marktschwärmerei setzt nachhaltig dagegen.
Unter der Leitung von Dagmar Steuer treffen sich immer donnerstags Obstretter auf der Plantage von Ulrich

Unter der Leitung von Dagmar Steuer treffen sich immer donnerstags Obstretter auf der Plantage von Ulrich

Der Duft von süßen Beeren liegt in der Luft. Es summt und brummt zwischen den Bäumen und Sträuchern. Auf der Plantage von Ulrich Schmidt in der Holbeinstraße 5 darf die Natur noch zu Hause sein. Igel und andere Tiere bleiben im Winter gern. Finden sich doch genügend ungestörte Behausungen, die ihnen das Überleben sichern. Hier wird auch nicht gemäht, wenn Wildblumen in voller Blüte stehen. Mittenmang der Felder arbeitet sich an jedem Morgen eine Gruppe von sechs Frauen schrittweise durch. Schwarze, saftige Brombeeren und knackig grüne Bohnen wandern in die Erntekörbe. Natürlich per Hand. Ganz behutsam gepflückt und sorgsam verstaut. Jeden Donnerstag treffen sich unter Leitung von Dagmar Steuer die so genannten Obstretter, um dem 81-jährigen Ulrich Schmidt etwas unter die Arme zu greifen und gleichzeitig anderen Menschen etwas Gutes zu tun. Unentgeltlich.

Gute Idee hilft den Verbrauchern

Zu den ehrenamtlichen Helferinnen gehört auch Katrin Kittel. Die Laubuscherin freut sich, dass sie auf diese Art und Weise helfen und auch etwas für sich selbst tun kann. »Als ich von der Obstretter-Aktion gehört habe, war ich sofort begeistert. Das ist eine sehr gute Idee und hilft den Verbrauchern gesünder, effektiver und auch sehr viel sinnvoller einzukaufen«, ist die 52-Jährige überzeugt. Die Initiative hat sich aus der Marktschwärmerei heraus gegründet. Ein Projekt, das seit Mai dieses Jahres immer mehr Gestalt annimmt. Dessen Prinzip funktioniert so: Auf der Internetseite der Marktschwärmerei Hoyerswerda sind alle teilnehmenden regionalen Direktvermarkter, wie beispielsweise Ulrich Schmidt, zu finden. Die aufgelisteten Produkte können bis jeweils Mittwochabend bequem von zu Hause aus angesehen, ausgesucht und bestellt werden. Ohne Mitgliedsbeitrag und ohne Mindestbestellwert. Bezahlt wird bei dem Online-Einkauf beispielsweise per PayPal. Jeder Kunde erhält eine Nummer, mit der er jeden Freitag zwischen 17 und 18.30 Uhr seine bestellten Waren in der ehemaligen Teppichhalle im Industriegelände (Nähe Kaufland) abholen kann. Gratis-Tisch und Erntedankfest Auch Kleingärtner beteiligen sich mittlerweile rege und bringen ihre frisch geernteten Produkte in die Markthalle. Geholfen ist damit nicht nur den Direktanbietern selbst, sondern auch der Kundschaft. Lebt die Markschwärmerei doch von der Philosophie, frische Ware direkt aus der Umgebung anbieten zu können, um die regionale Wirtschaft nachhaltig zu unterstützen und zu fördern. Verbunden mit dem positiven Nebeneffekt, dass kurze Anfahrtswege und Energieeinsparungen die Umwelt schonen. Seit drei Wochen gibt es jeden Freitag auch einen Gratis-Tisch, auf dem Produkte landen, die in Haushalten oder Firmen nicht mehr gebraucht werden, aber eben deshalb nicht in der Mülltonne landen müssen. Nudeln, Obst, (altes) Brot zur Viehfütterung, Tee, Gemüse, Kräuter oder Kosmetikprodukte finden hier schnell einen neuen, glücklichen Verbraucher. Wer neugierig geworden ist, kann sich gern als Obstretter probieren oder die Marktschwärmer besuchen. Am 25. September von 16 bis 19 Uhr findet in der Markthalle zudem eine Premiere statt: das erste Erntedankfest, bei dem auch Vorträge über gesunde Lebensweise geplant sind. Mehr Informationen und Kontakt zu den Marktschwärmern gibt‘s online.


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