"Mit Paragraph 19 nicht vereinbar"
Anna Pietak-Malinowska ist seit 15 Jahren Ausländer- und Integrationsbeauftragte. Auch vor ihrer amtlichen Bestellung initiiere und führte sie ehrenamtlich viele Integrationsprojekte und Veranstaltungen durch. Umso überraschender kam für sie die Streichung des Passus, dass der Kreistag eine(n) Beauftragte(n) für Belange der im Landkreis lebenden Ausländer bestellt. (Wir berichteten) Wie es jetzt weitergeht? Dazu kann sie zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussagen treffen. "Das Thema wird gerade durch die Landkreisverwaltung geklärt."
Auf Nachfrage beim Sozialministerium Sachsen, ob die Streichung des Passus, auch wenn die Bestellung nicht mehr als Bestimmung in der Sächsischen Landkreisordnung enthalten ist, mit dem Sächsischen Integrations- und Teilhabegesetz vereinbar sei, erklärte das Ministerium:
"Die Streichung der Beauftragten für die Belange der im Landkreis lebenden Ausländer ist mit § 19 des Sächsischen Integrations- und Teilhabegesetzes (SächsIntG) nicht vereinbar. Die Vorschrift ist als "Soll-Vorschrift" formuliert, d. h. sie lässt Abweichungen vom Regelfall der Bestellung nur in begründeten Ausnahmefällen zu. Ob der behauptete Einsparungseffekt in der Sache überhaupt erreicht wird und wenn ja, ob damit ein begründeter Ausnahmefall vorliegt, bedarf der aufsichtsrechtlichen Prüfung¹.
Die Vorgänger-Vorschrift in der Sächsischen Landkreisordnung war nahezu gleichlautend verfasst. Der ehemalige § 60 Abs. 3 der Sächsischen Landkreisordnung, der durch das Inkrafttreten des SächsIntG aufgehoben und rechtstechnisch in das SächsIntG integriert worden ist lautete: "Zur Wahrung der Belange der im Landkreis lebenden Ausländer sollen die Landkreise Beauftragte für Migration und Integration bestellen." § 19 Abs. 1 des SächsIntG lautet: "Die Integrationsbehörden sollen im Rahmen der kommunalen Integrationsarbeit hauptamtliche Beauftragte für Integration und Teilhabe bestellen, die ausschließlich für die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund zuständig sind." Es ist falsch zu behaupten, dass die Aufgabe durch die Streichung in der Landkreisordnung entfallen ist. Gesetzlicher Regelungsort ist nunmehr das SächsIntG, am Aufgabencharakter der unteren Integrationsbehörden (in Sachsen: die Landkreise und Kreisfreien Städte) hat sich nichts geändert. Unterschiedlich ist nur das Merkmal der "Hauptamtlichkeit" (enthalten im § 19 Abs. 1 SächsIntG)."
Auf die Frage, ob Frau Pietak-Malinowska glaubt, dass die Entscheidung des Kreistages Teil eines größeren Trends werden und was das für die Integrationsarbeit in Deutschland insgesamt bedeuten könnte, betont sie, dass dies insbesondere angesichts des Fachkräftemangels und der Notwendigkeit, ausländische Arbeitskräfte zu integrieren, fatale Auswirkungen auf die Integrationsarbeit haben könnte. Dennoch zeigt sie sich zuversichtlich, dass die Aufgaben im Rahmen des neuen Sächsischen Integrations- und Teilhabegesetzes fortgeführt werden können.
Als Beispiele für ihre erfolgreiche Arbeit nannte Pietak-Malinowska unter anderem die Gründung des ersten Arbeitskreises Migration in Kamenz, der später zum Bündnis für Humanität und Toleranz wurde, die Organisation der ersten ehrenamtlichen Sprachkurse für Heimbewohner in Kamenz, sowie die Etablierung der Interkulturellen Woche im Landkreis Bautzen mit bis zu 50 Veranstaltungen.
¹ Als finanzielle Auswirkung wurde im Änderungsantrag die "Einsparung der Kosten für einen Ausländerbeauftragten" angeführt