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Mit Einfühlungsvermögen und Lebenserfahrung

Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten kann ein Friedensrichter helfen. In Ottendorf-Okrilla übt Regine Wolff dieses Amt aus.
Nicht jeder Streit muss vor Gericht landen. In vielen Gemeinden helfen zunächst Friedensrichter. Foto: Pixabay

Nicht jeder Streit muss vor Gericht landen. In vielen Gemeinden helfen zunächst Friedensrichter. Foto: Pixabay

Wie sagt der Volksmund so schön: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Dieses bekannte Zitat wird immer dann bemüht, wenn die Ungewissheit des Ausgangs einer Gerichtsverhandlung verdeutlicht werden soll. Damit nicht genug. So eine Verhandlung kann auch eine teure Angelegenheit sein. Die Ottendorferin Regine Wolff vertritt eine Instanz, mit deren Hilfe sich dieses Risiko vermindern lässt. »Schlichten statt Richten« - so lautet auch im Bautzener Landkreis das Motto der Friedensrichter. Die 57-Jährige ist seit fünf Jahren als Friedensrichterin in der Großgemeinde tätig.Wer wie sie im Job mit Moderation, Mediation und Konfliktverarbeitung zu tun hat, der hat beste Voraussetzungen für eine solche, ehrenamtliche Funktion. Regine Wolff arbeitet im Landesamt für Schule und Bildung, ist dort Koordinatorin für Inklusion.

Der Vergleich ist für alle Parteien bindend

In ihrer Sprechstunde, die sie allmonatlich im Rathaus abhält, werden Nachbarschaftsstreitigkeiten verhandelt. Wolff weist darauf hin, dass »da keine Urteile gefällt, sondern Lösungen gesucht werden«. Lösungen, mit denen beide Parteien leben können. Einfühlungsvermögen und Lebenserfahrung sind gefragt, wenn sich ein ein Zwist darum dreht, ob und wie störend Äste eines Baumes sein können, die aufs eigene Grundstück hineinragen oder wie laut ein Rasenmäher sein darf. Eine Handvoll Fälle seien es in Ottendorf-Okrilla jährlich, die sie schlichte. Schlichten heißt in dem Falle, dass auch ein Protokoll verfasst wird. Das ist dann der Punkt, an dem ein Friedensrichter wie Regine Wolff sagen kann: Geschafft. Einen Vergleich herzustellen, den sie mit den zerstrittenen Parteien vereinbart hat, ist das Ziel. Klar, hat sie auch schon erlebt, das so ein Schlichtungsverlauf ohne Ergebnis endet. Wird weiter gestritten, womöglich vor Gericht. Was viele ebenfalls nicht wissen, ist, dass ein getroffener Vergleich »für beide Parteien bindend ist«. Heißt: Eine Schlichtung beim Friedensrichter gilt 30 Jahre lang, hat eine vollstreckbare Wirkung. Woran man erkennt, dass das Friedensrichter-Ehrenamt ein fester Bestandteil der Rechtsordnung ist, zu den Pflichtaufgaben der Städte und Gemeinden in Sachsen gehört.

Aufklärungsbedarf fürs Ehrenamt

Allerdings findet sich für diese Aufgabe nicht immer jemand. So müssten sich im Bautzener Landkreis einige Kommunen einen Friedensrichter teilen, erzählt Bernhard Toffel. Der 72-Jährige war 15 Jahre Friedensrichter in Göda, ist Mitglied im Bund Deutscher Schiedsmänner und -frauen (BDS) und Vorsitzender der Bautzener BDS-Bezirksvereinigung. Toffel weist darauf hin, dass viele immer noch nicht wüssten, welche Aufgaben ein Friedensrichter überhaupt habe. Da herrsche Aufklärungsbedarf. Nicht so in Ottendorf-Okrilla. Hier habe man man einiges getan, um dieses Ehrenamt für die Bevölkerung transparent zu machen, so Regine Wolff.

Kosten bleiben überschaubar

Übrigens: Kommt es zu einer Schlichtung, sind die Kosten für die Beteiligten überschaubar. Bei rund 60 Euro liegen diese. Wie die geteilt werden, handeln die Parteien aus. Ihre Tätigkeit als Friedensrichterin betrachtet Regine Wolff auf jeden Fall als Zugewinn für ihre Persönlichkeit. Ende dieses Jahres läuft ihre Amtszeit aus, eine weitere kann sie sich gut vorstellen. Aber das entscheide die Gemeinde, so die 57-Jährige. Und es hängt davon ab, ob es Bewerber für dieses Ehrenamt gibt.


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