Silke Richter

Ein Jubiläum und ein Abschied

Hoyerswerda. Die Integrationskita »Pusteblume« feiert in diesem Jahr 30 Jahre VdK-Sozialverbandsträgerschaft. Ende Juli wird die langjährige Kitaleiterin Karin Wagner verabschiedet.
Karin Wagner (rechts) sieht ihrem Abschied in der Kita »Pusteblume« mit einem weinenden und einem lachenden Auge entgegen.

Karin Wagner (rechts) sieht ihrem Abschied in der Kita »Pusteblume« mit einem weinenden und einem lachenden Auge entgegen.

Bild: Silke Richter

Die ersten Abschiedsgeschenke stehen auf dem Tisch. Darunter ist auch ein sommerlich angehauchter bunter Liegestuhl. Er lässt im Büro der Kita-Chefin Urlaubsfeeling aufkommen. Für viele Mitarbeiter und Eltern ist es noch nicht so richtig fassbar, dass Karin Wagner die Leitung der VdK-Kita »Pusteblume« abgibt und in den Ruhestand geht.

»Ich könnte ein Buch über meine Arbeit schreiben«, meint die 64-Jährige. Nach ihrem Studium begann ihr Berufsalltag in einer Kita im WK 9. Es sei ein Sprung ins kalte Wasser gewesen, erinnert sie sich zurück. Von jetzt auf gleich wurde der jungen Erzieherin die Verantwortung einer gesamten Kindergruppe übertragen. Schnell habe sie ihre Gruppe ins Herz geschlossen. Gern erinnert sich Karin Wagner auch an die Erlebnisse mit der Patenbrigade aus dem einstigen Robotron-Betrieb zurück, die mit der Kita intensiv kooperierte.

 

In stürmischen Zeiten die Leitung übernommen

Kurz vor der Wende, im September 1989, übernahm die mittlerweile zweifache Mutter die Kita mit der Nummer 22, die heute den Namen »Pusteblume« trägt. Das ist jetzt über 30 Jahre her. Anfangs hegte Karin Wagner viele Zweifel, ob sie der neuen Herausforderung als Kita-Leiterin überhaupt gewachsen sei. Dazu kamen Ängste um die Kinder. Wurde doch der angrenzende Weg in unmittelbarer Nähe zum Spielplatz regelmäßig von großen Lieferwagen genutzt. Zudem sei die Kindereinrichtung in keinem schönen Zustand gewesen. Die gesamte Atmosphäre in dem Haus hatte etwas von Aufbruch, Abschied, Neubeginn und irgendetwas dazwischen. Stürmische politische Zeiten die auch vor der Kindereinrichtung keinen Halt machten.

Und dennoch passierten auch ganz wunderbare Dinge, die den späteren Weg der Kita ebnen sollten. Bei gegenseitigen Besuchen trafen immer wieder Kinder mit und ohne Handicap aufeinander. Für die Mädchen und Jungen waren diese Begegnungen völlig normal. »Und so entwickelte ich immer mehr den Gedanken, das Thema Integration mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Große Unterstützung erhielten wir auch von dem damaligen Dezernent Martin Schmidt.«

 

Erste »Kita mit integrativem Charakter«

Im Jahr 1990 durfte sich die Einrichtung als erste und einzige im Stadtgebiet »Kita mit integrativem Charakter« nennen. Ein Weg, der aber auch so manche Eltern von Kindern ohne Handicap ins Grübeln brachte ob der Tatsache, dass sich manche Jungen und Mädchen sehr stark mit den behinderten Kindern identifizierten. Für viele Mütter und Väter eine eher unbekannte, befremdliche Situation mit der sie nicht so recht umgehen konnten. Irgendwann war aber auch das völlige Normalität, die sich nicht selten in Dankbarkeit widerspiegelte. Sei doch die Integration als solches für alle Seiten sehr positiv und gewinnbringend, so Karin Wagner aus ihren Erfahrungswerten. Das durchweg positive Echo der Eltern und die sehr gute Entwicklung der Kinder sollten ihr Recht geben.

All das kann aber letztlich nur funktionieren, wenn auch die Rahmenbedingungen stimmen. »Als der VdK-Sozialverband 1993 die Trägerschaft übernommen hat, wurden optimale Bedingungen für Erzieher und Kinder geschaffen. Ohne dessen Unterstützung wäre die Umsetzung des Konzeptes nicht machbar«, meint Karin Wagner, die mit Blick auf ihren Abschied auch ihre Kollegen vermissen wird. Ein Team, das durch Höhen und Tiefen zusammengewachsen sei und sich stetig weiterentwickelt habe.

 

Jetzt ist die Zeit, um loszulassen

Und warum nun ausgerechnet der Kita-Name »Pusteblume«? »Der Löwenzahn ist zwar klein, aber schon fest mit Wurzeln verankert und dem Licht zugewandt. Daraus wird irgendwann eine Pusteblume, deren Schirmchen sich in einer Kugel geborgen fühlen. Sie wachsen gerade, aber auch krumm und schief. Eben individuell. Haben alle Schirmchen genug Kraft, können sie in alle Himmelsrichtungen fliegen und sich entfalten. Dann ist es Zeit loszulassen.«

Loslassen. Ein Begriff, der nun auch für Karin Wagner noch mehr an persönlicher Bedeutung gewinnt. Am 31. Juli endet ihr Berufsleben. Ihre anvisierten Reiseziele und der Fakt, dass nun mehr Zeit für die Familie bleibt, machen ihr den Weg in den Ruhestand etwas leichter.


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