Rainer Könen

Ein Besuch in der Villa »Buch«

Zschornau. Auch in den Kamenzer Ortsteilen wird der 800. Stadtgeburtstag gefeiert. Den Auftakt macht Zschornau-Schiedel.

Die alte Milchrampe am Ortseingang gehört zu den historischen Sehenswürdigkeiten des Ortsteils, in dem Ortsvorsteher Dieter Trepte seit 1979 lebt.

Die alte Milchrampe am Ortseingang gehört zu den historischen Sehenswürdigkeiten des Ortsteils, in dem Ortsvorsteher Dieter Trepte seit 1979 lebt.

Bild: Rainer Könen

Ganz so winzig wie der kleinste Park der Welt, der sich laut Guinnessbuch der Rekorde in der japanischen Stadt Nagaizumi befindet und gerade mal 0,23 Quadratmeter groß ist, ist die Parkanlage im Kamenzer Ortsteil Zschornau zwar nicht. Aber gefühlt dürfte dieses Fleckchen Grün, drapiert mit Holzbänken, einigen Bäumchen und Blumenbeeten, sicher zu den ganz kleinen Parkanlagen im Freistaat gehören. Die an der Staatsstraße 95 liegende Wohlfühloase ist ein beliebter Treffpunkt für die rund 350 Einwohner des zweigeteilten Ortsteiles. In dem natürlich auch Kamenz‘ Stadtgeburtstag begangen wird. Nicht mit so viel Pomp und Trubel wie in der Kernstadt, sondern in einem überschaubaren Rahmen, mit einem klassischen Dorffestprogramm auf dem Zschornauer Sportplatz. Organisiert vom hiesigen Dorfclub.

Das 800. Stadtjubiläum wird in den kommenden Wochen auch in den sieben Kamenzer Ortsteilen, die 1225 erstmals urkundlich erwähnt wurden, gefeiert. Den Auftakt macht Zschornau-Schiedel am 31. Mai/1. Juni. Ortsvorsteher Dieter Trepte, der dieses Amt seit 2002 ausübt, trifft man am »Aushängeschild unseres Dorfes«, wie der gebürtige Biehlaer die historische Milchrampe am Ortseingang beschreibt. Die gehört neben einer Betsäule von 1564, einem historischen Grabstein sowie einigen malerisch-aussehenden Dreiseithöfen in Zschornau-Schiedel zu den wenigen Sehenswürdigkeiten des Ortes. Die alte Milchrampe wurde 2023 über ein Förderprogramm neu gestaltet, weil der danebenstehende Baum, eine Esche, gefällt wurde. Keine Kneipe, kein Hotel, kein Sportclub. Wer im 1999 eingemeindeten Ortsteil Zschornau-Schiedel lebt, schätzt neben der Beschaulichkeit auch die weitläufige Wald- und Teichlandschaft, in die der Ort eingebettet ist. Hier kommen Wanderer und Radfahrer »voll auf ihre Kosten«, wie das Dieter Trepte beschreibt. Wer was erleben möchte, gar mal abheben will, hat es nicht weit: Der Kamenzer Flugplatz liegt gleich um die Ecke, der Segelfliegerclub der Lessingstadt hat sein Domizil im Ort. Trepte, der bis zu seinem Ruhestand als Hausmeister beim Kamenzer Kinderschutzbund arbeitete, schwärmt vom Leben am Rande der Kleinstadt: »Das Dorfleben ist bei uns top«, erzählt er und verweist auf den großen Zusammenhalt in der Bevölkerung. Zentraler Kommunikationspunkt im Dorf ist nicht wie in früheren Zeiten die Milchrampe, sondern die kleine Parkanlage. Deren Schmuckstück ist die Villa »Buch«. Eine alte Telefonzelle, die man zu einer Bücherzelle umfunktionierte. Die werde sogar rege genutzt, erzählt Trepte, der noch vier Jahre als Ortsvorsteher wirken will. 2029 wird er sein Amt abgeben. Und dann? Ach, da mache er sich überhaupt keine Sorgen, als Rentner habe man ja immer was zu tun.

Vermutlich wird er an den Sonntagen, wenn sich die Ü-40-Generation des Ortes im Park zum Dorfklatsch trifft, dort häufiger anzutreffen sein. Oder? Er schmunzelt.


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