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Tony Keil

"Die Stimmung im Werk ist bescheiden"

Görlitz. Im Görlitzer Alstom-Werk bangt man weiter um die Zukunft. 400 Arbeitsplätze könnten wegfallen. Der MP fordert eine Quote für "Local Content".

Ministerpräsident Michael Kretschmer, Oberbürgermeister Octavian Ursu und der Betriebsratsvorsitzende René Straube vor dem Werk in Görlitz.

Ministerpräsident Michael Kretschmer, Oberbürgermeister Octavian Ursu und der Betriebsratsvorsitzende René Straube vor dem Werk in Görlitz.

Bild: Keil

Mit einer Menschenkette setzte die Belegschaft von Alstom in Görlitz vergangene Woche ein Zeichen gegen den geplanten Stellenabbau. Hand in Hand stand man vor den Werkstoren, um für den Erhalt der Arbeitsplätze zu demonstrieren. Bis zu 400 Arbeitsplätze will der französische Konzern, der das Werk 2021 von Bombardier übernommen hatte, in der Neißestadt streichen. Angekündigt hatte man das schon Ende 2021, seitdem regt sich erwartungsgemäß Widerstand gegen die Pläne.

 

Heute (12. September) besuchte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer das Görlitzer Werk. "Ich wollte damit meine Unterstützung dokumentieren", sagte der MP vor den Werkstoren der Presse. Denn die Pressevertreter durften während des Besuchs nicht mit aufs Firmengelände. Der Ministerpräsident betonte auch, dass der neue Werksleiter sich mit viel Engagement einbringe und dass man darauf setze, das Görlitz einen guten Teil der Aufträge, die Alstom aktuell akquiriere, abbekommt. Schließlich investiere der Bund stark in die Schiene. Mit der Stadt wolle man außerdem Besprechen, wie man das Thema Ausbildung unterstützen könne. Dazu nahm auch Oberbürgermeister Octavian Ursu an dem Treffen teil.

 

Der Görlitzer Betriebsratsvorsitzende René Straube, der gleichzeitig auch an der Spitze des Gesamtbetriebsrats steht, gab derweil einen Einblick in die Stimmung im Werk. "Die Stimmung im Werk ist bescheiden. Wir sind seit fünf Jahren in der Situation, dass es Scheibchenweise bergab geht." Die Verhandlungen mit Alstom liefen schleppend, so Straube.

 

Ministerpräsident Michael Kretschmer sprach sich bei dem Treffen für eine Regelung aus, nach der ein gewisser Teil der in Deutschland eingesetzten Schienenfahrzeuge lokal produziert sein müsse. Das könnte per Quote festgelegt werden. Allerdings bräuchte es dazu eine bundesweite Regelung, die aktuell nicht in Sicht ist. René Straube sprach sich ebenfalls dafür aus und betonte, das eine solche Quote zum "Local Content" für die gesamte Produktionskette gelten sollte.

 

Die Forderung an Alstom, statt mit dem Rotstift zu hantieren lieber an Zukunftsperspektiven zu arbeiten, kommt auch von der IG Metall. "Ein weiterer Stellenabbau für das Werk in Görlitz wäre langfristig kaum verkraftbar. Die Auswirkungen für die Region und die hier lebenden Familien wären dramatisch. Das wissen wir nicht erst seit 2018", sagt Eileen Müller, Politische Sekretärin der IG Metall Ostsachsen. Man habe als IG Metall mit den Betriebsräten ein gutes, nachhaltiges Alternativkonzept entwickelt. Klar sei aus Sicht der Gewerkschaft, dass ein Abbau von Arbeitsplätzen nicht notwendig ist. "Qualitativ hochwertige Produkte erfordern Fachkräfte mit viel Erfahrung und Know-how. Hier sendet Alstom ein völlig falsches Signal an die Kolleginnen und Kollegen. Wir wollen jetzt mit Alstom auf Basis unseres Konzepts über langfristige und nachhaltige Zukunftsperspektiven für alle Werke verhandeln", so Müller. Die Verkehrswende werde nur gelingen, wenn mehr Güter auf die Schiene verlagert werden. Die Einsparungen beim CO2-Ausstoß seien nachweislich enorm. "Der Bedarf für Waggonbau und Schienenfahrzeuge wird steigen, deshalb ist es zwingend erforderlich, dass steuerfinanzierte Fertigung unbedingt auch in Deutschland bleiben muss."


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