

Wie ein Kreuzfahrtschiff mutet der Entwurf an. Halbrunder Bug, unendlich viel Glas in der typischen Lochfassade, wie die des Alten Sachsenbades, das dem neuen Rondell folgt. Ein architektonischer Riese in Pieschen. Ein harmonischer Entwurf trotz seiner Größe, der die Einmaligkeit des Sachsenbades gelungen in die Moderne mitnimmt. Ein Entwurf eines Investors, der nach 30 Jahren Leerstand endlich etwas tut.
Das Landesdenkmalamt ist angetan, Stadtplaner loben die Kubatur des Sachsenbad-Entwurfs und Kerstin Zimmermann vom Amt für Stadtstrategie im Rathaus würde »alles tun, damit das Sachsenbad keine Brache bleibt« wie sie sagt.
Bei so viel Einvernehmen, müssten alle zufrieden sein. Doch genau das sind viele Pieschener nicht. Das Alte Sachsenbad bleibt »ein hochemotionales Thema« wie eine Stadtbezirksrätin zur Vorstellung der aktuellen Pläne im Rathaus sagte. André Powileit, Projektentwickler vom Käufer, einer Tochtergesellschaft der MONTIS Reals Estate GmbH, hört sich die Argumente der Stadtbezirksbeiräte an, antwortet ausführlich, zeigt Pläne in die Runde. Auslöser der Pieschener Gefühlslage ist er nicht. Diesen Schuh muss sich die Stadt anziehen.
Sie hatte den Pieschener Bürgern versprochen, es wird ein Neues Sachsenbad geben, wenn der Verkauf des Alten zustande kommt. Viele hatten dem Versprechen damals schon misstraut – und abgelehnt. Doch der Stadtrat stimmte zu. Nun stehen die Pieschener einem weiteren Flächenverkaufs-Antrag des Investors gegenüber und fürchten, daß damit der Traum vom Bau eines Neuen Sachsenbades nebenan endgültig ausgeträumt ist.
Stadt will das Sachsenbad auf keinen Fall zurück
Das Problem ist nur – der Investor kann den Bürgern nicht versprechen, daß die Stadt im Anschluss an seine Investition eine Schwimmhalle baut. Angesichts der Schieflage der Stadt ist das sogar die nächsten zehn Jahre nahezu ausgeschlossen. Nur so lassen sich die Fragen an André Powileit erklären, warum der Investor denn so groß anbauen müsse oder ob er Garantien für eine Schwimmhalle geben könne oder gar zurücktrete, falls der Stadtrat dem neuerlichen Flächenkauf nicht zustimme? Letzteres ist für André Powileit »kein Thema« und Kerstin Zimmermann springt ihm bei: »Die Stadt will das Sachsenbad auf keinen Fall zurück!« Architekt Jens Heinrich Zander erklärt, warum es überhaupt zum neuerlichen Flächenwunsch kam.
Grund sind »Verluste von Bestand«, sprich die Bausubstanz ist viel schlechter als ursprünglich belegt. Einmal fällt der hintere Anbau mit Keller weg - wo sich der Tiefkeller genau befindet, das ist noch eine große Unbekannte – denn es gibt verschiedene Pläne.
Auch im Hauptgebäude fehlen zwei Drittel des Untergeschosses wegen Baufälligkeit an »Ertragsfläche«. 1.800 Quadratmeter fallen weg, 3.000 Ertrags-Quadratmeter entstünden durch den neuen Anbau. Umplanung, Abbruch, weitere Schadstoffe sowie die Betonsanierung an Stützen und Reparaturen am Dach haben aber schon jetzt einen mittleren sechsstelligen Betrag gekostet. Außerdem wurde umgeplant: eine Tiefgarage mit etwa 80 Plätzen, Brandschutz, technische Gebäudeausrüstung. Die Nutzung soll mit den Sparten Büros, Gesundheit (Sauna, Fitness) und Gastronomie bleiben. Etwas Besonderes könnte das Schwimmbecken mit 4,50 Meter Tiefe im Raum werden: für Konzerte, Vorträge, Ausstellungen. Der Investor erklärt drei Jahre zu brauchen: ein Jahr für Planung und Vergabe, zwei Jahre für den Mammut-Bau.
Der wegfallende Tennisplatz könnte am Alten Leipziger Bahnhof einen Platz bekommen. Auch das muss von der Stadt geklärt werden.Der Investor hat in seinen Entwürfen das städtische Schwimmbad »Neues Sachsenbad« gedreht. Zum einen weil der Entwurf der Bäder GmbH über das schon erworbene Gelände des Investor ging. Zum anderen, weil sich so das Problem Lärmschutz zu den Wohnhäusern Wüllner Straße klären lässt. Der Investor hat angekündigt, die Zu- und Abfahrt zur neuen Schwimmhalle über sein Grundstück »Altes Sachsenbad« anzulegen und vertraglich zu sichern. Mehr Entgegenkommen geht nicht.
»Wir müssen dankbar sein«, sagt Kerstin Zimmermann folgerichtig. Sie werde sich für das versprochene Neue Sachsenbad einsetzen.
Der Antrag »Flächenverkauf für den erweiterten Anbau« geht kurz nach der Sommerpause in den Stadtrat. Den Pieschenern bleibt »nur« die Protokollnotiz, daß die Studie der Bäder GmbH auch ohne das vom Investor gewünschte Grundstück ein Schwimmbad für machbar hält und der großartige Entwurf eines Bauherrn für ein einzigartiges Gebäude in Pieschen. Mal sehen was die Stadträte dazu sagen.
Wer eine Referenz sucht: Die Pittlerwerke Leipzig, früher VEB Drehmaschenwerk, hat André Powileit ebenfalls umgebaut.