

Sayeed Sarwar Eqbali ist 19 Jahre alt und startet demnächst in sein berufsvorbereitendes Jahr bei den Dresdner Verkehrsbetrieben. „Irgendwann war jemand von den DVB in unserer Schule und bot uns eine Ausbildung an“, erzählt der junge Mann in ziemlich gutem Deutsch. Neben ihm meldeten sich zwei weitere Asylbewerber. Letztlich fiel die Wahl auf ihn. „Der Auswahltest war ziemlich schwer“, sagt er heute.
Ein Aufnahmetest für alle
„Die Aufnahmeprüfung war die selbe, wie bei deutschen Bewerbern“, gibt Lars Seiffert vom DVB-Vorstand zu. Als allerdings die Frage auftauchte, wie man am besten ein Sportfest bei uns organisieren würde, war Sayeed ziemlich ratlos. Vielleicht zeigt diese Episode ganz gut, in welchem Terrain sich kommunale Unternehmen befinden, die Integration praktisch umsetzen (wollen). Möglichst keine Samthandschuhe und Extrawürste für Migranten lautet die Devise. Ganz ohne wird es nicht gehen. Am Ende haben die DVB ihre Auswahlkriterien so überarbeitet, dass jeder – egal wo er groß geworden ist – mit den Fragen etwas anfangen kann.
Autos lackiert in Kabul
Sayeed stammt aus Afghanistan, ist dort neun Jahre zur Schule gegangen und verdingte sich zuletzt als Autolackierer in Kabul. „Es gab Stress“, sagt er. 2015 sei er abgehauen nach Deutschland. Seit seiner Ankunft und der Unterschrift unter seinen Ausbildungsvertrag liegt eine lernintensive Zeit. Praktika, Deutschkurse, Unterricht am Berufsschulzentrum. „Wenn sie eines haben, dann ist das Zeit“, sagt Betreuer Gerhard Reißmann von der Stadtentwässerung. Dem eigentlich ganz umgänglichen Herren eilt eine gewisse Affinität für Pünktlichkeit voraus. Er hat aktuell gleich drei Afghanen (20, 27 und 28 Jahre) unter seinen Fittichen. Zu spät gekommen ist von ihnen noch niemand.
Vorgezogener Ausbildungsbeginn
Läuft alles so gut wie bisher, dürfen sie sich in drei Jahren „Fachkraft für Abwassertechnik“ nennen. Ursprünglich wollte man erst 2018 mit der Ausbildung starten. „Für Unternehmen, die sich dafür öffnen, ist es ein großer Gewinn, den kulturellen Hintergrund der jungen Menschen zu erleben“, wirbt Stadtentwässerungs-Chefin Gunda Röstel für das Dresdner VAbA-Projekt (Vorbereitung junger Asylsuchender auf eine berufliche Ausbildung).
Bitte altersoffen!
Allerdings müssten sich dafür die Berufsschulzentren in Sachen „Alter“ öffnen, mindestens bis U30. Fixe Ansprechpartner seien ebenfalls von Vorteil, so Röstel. Für Sozialbürgermeisterin Klaudia Kaufmann ist das Programm beispielhaft, was Integration bedeutet. „Es ist und war nie das Ziel der Stadt, die Integration sich selbst zu überlassen“, sagt sie. Dass dabei niemand etwas geschenkt bekomme oder in Watte gepackt werde, schiebt sie gleich hinterher.
5 Jahre Sicherheit
Wenn Sayeed sein Berufsvorbereitungsjahr meistert, wird er 2018 mit der Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik starten. „Mein Ziel ist ein guter Abschluss“, sagt er. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. „Die Defizite gerade in naturwissenschaftlichen Fächern sind groß“, weiß Reißmann. Sicherheit haben die angehenden Azubis für fünf Jahre. Ob sie danach bleiben dürfen oder zurück müssen, kann noch niemand sagen. Eines haben sie aber schon ganz gut drauf – unsere Umgangssprache. Mit „Tippel-Tappel-Tour“ konnten die vier Afghanen ursprünglich nichts anfangen. Inzwischen wissen sie wohl ganz gut, was das bedeutet.
Hintergrund
Im Zuge der Flüchtlingsströme schlossen sich 2016 fünf städtische Unternehmen (DREWAG, DVB, Stadtreinigung, Stadtentwässerung und DVB) zusammen, um 70 Asylbewerber im Alter zwischen 17 und 27 Jahren zu begleiten. Es entstanden zwei Vorbereitungsklassen mit berufspraktischem Schwerpunkt. Der Aktionsplan beinhaltet u.a. Unterrichtseinheiten in den BSZ, Schnuppertage, Exkursionen und Praktika in den Ferien. Laufzeit: bis 2018.