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Nur die Luft rausnehmen?

Gefühlt jeden Tag wird irgendwo in Sachsen eine neue Petition für oder gegen etwas gestartet. Nur wie erfolgreich sind Petitionen? WochenKurier hat sich die Drucksache 6/16428 mal genauer angesehen.
Für den Erhalt der Dresdner Natur- und Umweltschule lief 2017 auch eine Online-Petiton. Der Weiterbetrieb der Schule mit staatlichen Finanzen (Drucksache 06/01953/4) wurde abgelehnt. Foto: Archiv/Schramm

Für den Erhalt der Dresdner Natur- und Umweltschule lief 2017 auch eine Online-Petiton. Der Weiterbetrieb der Schule mit staatlichen Finanzen (Drucksache 06/01953/4) wurde abgelehnt. Foto: Archiv/Schramm

»petitio« kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie Verlangen, Bitte oder Gesuch. Wer ein solches formuliert und einreicht, ist ein Petent. »Petitionen sind Seismographen für Gerechtigkeitsfragen«, sagt Jörg Vieweg, Obmann der SPD-Fraktion im Petitionsausschuss des Sächsischen Landtags. Die Frage ist: Welchen Erfolg haben all die vielen Petitionen? Wie oft wird ein entsprechendes Gesuch für den Einreichenden positiv entschieden? Wie oft steht als Ergebnis der Satz »Der Petition kann nicht abgeholfen werden« am Ende? Nachgeschaut und nachgezählt Anhand der Drucksache 6/16428 vom 25. Januar 2019 lassen sich diese Fragen recht gut beantworten. Auf 128 Seiten sind hier 68 Petitionen und deren Ausgang erfasst. Darunter solche, die »große Welle« machten im Freistaat und für die kräftig Unterschriften gesammelt wurden wie zum Beispiel jene zum Wolfsabschuss, zum Wegfall der 3. Sportstunde (wir berichteten darüber am 13. Februar), zum Kiesabbau in Söbrigen oder zur Schließung der Natur- und Umweltschule in Dresden. Die meisten Petitionen befassen sich allerdings mit Renten- und Sozialhilfeproblemen, es geht um die Frage der Kostenübernahme für einen elektrischen Rollstuhl, um Straßenbau und die Parksituation in einem bestimmten Viertel, um Lärmschutz im Ortsteil Gropzig und Verkehrslärm in Cunnersdorf oder scheinbar zu hohe oder unbegründete Gerichts- und Archivkosten. Einzelfälle sozusagen, bei deren Klärung die betroffenen Personen auf Hilfe per Petition hoffen. Allerdings: Unter den allermeisten Verlangen, Bitten, Gesuchen steht der Satz »Der Petition kann nicht abgeholfen werden«. Doch warum ist das so? Nachgefragt Bei Kerstin Lauterbach landen all diese als Petition formulierten Probleme. Sie ist Vorsitzende des Petitionsausschusses im Sächsischen Landtag und weiß, dass nur 27 bis 30 Prozent aller Anliegen positiv im Sinne des/der Petenten beantwortet werden können. Und was ist mit den restlichen 70 Prozent? »Entscheidend ist die Einhaltung der Gesetze. Wir können einen richtigen Sozialhilfebescheid oder ähnliches nicht positiv beantworten, wenn ein Amt alles richtig gemacht hat. Nur als Beispiel«, sagt sie und verweist außerdem darauf, dass für viele Anliegen eben nicht der Freistaat zuständig ist sondern der Bund (z.B. wenn es um Abfallwirtschaft und gefährliche Abfälle geht), Petitionen an die zuständigen Landkreise geschickt werden (z.B. beim Thema Lärmschutz) oder an Verkehrsverbände wie ZVOE und ZVON (z.B. wenn die Verlängerung der S-Bahntrasse von Dresden nach Bautzen begehrt wird). Nachgebessert Auf Antworten auf ihre Begehren warten Petenten übrigens oft ziemlich lange. Zuerst muss nämlich die Petition als solche vom Petitionsausschuss angenommen werden. Dann wird eine Stellungnahme vom zuständigen Ministerium eingeholt, dafür sind sechs Wochen Zeit. Danach ist der zuständige Bearbeiter Herr des Verfahrens, er kann weitere Nachfragen stellen, Vor-Ort-Termine oder Akteneinsicht anordnen und dafür weitere sechs Wochen einplanen. Immerhin: Der Landtag möchte das Petitionsrecht stärken und arbeitet daran, dass sich alle Bürger fortan im Internet darüber informieren können, welche Petitionen aktuell anhängig sind und wie deren Bearbeitungsstand ist. Verbessern sollen sich damit Öffentlichkeitsarbeit, aber auch die Effizienz bei Vor-Ort-Terminen des Ausschusses.

Wissenswertes rund um eine Petition

* Artikel 35 der Sächsischen Verfassung gewährt »jedermann« das Recht, Bitten und Beschwerden einzureichen. Das Petitionsrecht gilt für Erwachsene und Minderjährige, für Ausländer und Staatenlose. Auch Bürgerinitiativen oder juristische Personen des Privatrechts (z. B. eingetragene Vereine) können dem Ausschuss ihr Anliegen schildern * Auch Strafgefangene, Angehörige des öffentlichen Dienstes und Soldaten haben das Recht, Petitionen einzulegen. * Der Petent hat das Recht auf Prüfung u. Benachrichtigung. Carola Pönisch


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