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Carola Pönisch

MZ: Familienkutsche – Sportskanone – Arbeitstier

Sie waren die Motorräder der DDR - Exportschlager, robuste Alltagsbegleiter und von ihren Fans liebevoll „Emme“ genannt. Heute ist das charakteristische Zweitakt-Knattern der Motorräder aus der Erzgebirgsstadt Zschopau eine Seltenheit geworden.

 Unter der Marke MZ feierten die begehrten Zweitakter einst große Erfolge und eroberten die Welt. Sie rollten in 100 Ländern auf den Straßen. Auch im Rennsport gehörten die Maschinen mit ihren unverwüstlichen Zweitaktmotoren aus der DKW-Tradition lange Zeit zur Weltspitze. Zwischen 1957 und 1973 war MZ die führende deutsche Marke im Motorradrennsport der Hubraumklassen 125 ccm, 250 ccm und 350 ccm. Allein in den 1960er- Jahren gewann das Enduro-Team der DDR auf MZ sechsmal die legendären Six Days, die bis heute schwerste Motorsport-Geländeprüfung der Welt. Vor 30 Jahren (1987) nahm die DDR-Mannschaft zum letzten Mal daran teil und feierte ihren größten Erfolg bei der Internationalen Sechstagefahrt. Sie gewann den großen Pokal der Six Days. Nach der begehrten Renn-Trophäe erhielten alle MZ-Motorräder der Baureihen ES und ETS den Beinamen "Trophy" bzw. "Trophy-Sport". Bis 1989 gehörte MZ zu den größten Motorradherstellern international. Insgesamt verließen 2,5 Millionen Motorräder das Werk in Zschopau. Seit 2013 ist die sächsische Traditionsmarke endgültig Geschichte. Es war ein Abschied auf Raten, der mit der Privatisierung des volkseigenen Unternehmens nach der Wende 1990 begann und den auch zahlreiche Wiederbelebungsversuche nicht aufzuhalten vermochten. Große Sonderschau In der Ausstellung des Verkehrsmuseums Dresden wird die MZ-Historie wieder lebendig. In beeindruckender Weise ist ein Querschnitt der breiten Produktpalette, die 30 Baureihen und MZ-Sonderausführungen umfasste, zu sehen. 35 Serienmotorräder, Rennmaschinen und Gespanne, aber auch Sondermodelle im Staatdienst aus der Zeit von 1950 bis 2005 sind ausgestellt, ergänzt durch umfangreiches Bildmaterial, Filme über die Geschichte von DKW und MZ sowie historische Dokumente. Unter den Exponaten befindet sich auch eine selten gezeigte ISCH Typ 49 von 1954, eines der meistgebauten Motorräder der Sowjetunion. Wie ihr Vorläufer die ISCH 350, ein Nachbau der DKW NZ 350, wurde sie von DKW-Meistern und -Ingenieuren auf Fertigungsanlagen der Zschopauer Werke gebaut, die 1945 als Reparationsleistung in die Motorenfabrik Izhewsk am Ural gingen. Anlass für die Sonderausstellung im Verkehrsmuseum sind zwei Jubiläen. Vor 95 Jahren wurde bei DKW in Zschopau (damals Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen), der Wiege und Hochburg des Motorradbaus in Deutschland, das erste motorisierte Zweirad, das sog. Reichsfahrtmodell", gebaut. Sechs Jahre später stieg das Werk mit 60.000 Motorrädern pro Jahr zum größten Motorradhersteller der Welt auf. An die großen Erfolge von DKW konnte das in der DDR 1952 staatseigen gewordene Unternehmen Motorradwerk Zschopau (MZ) anknüpfen. Mit der MZ ES, im Volksmund "Eisenschwein" genannt, denn sie wog stolze 150 kg, wurde vor reichlich 60 Jahren der Markenname MZ aus der Taufe gehoben. Zum erfolgreichsten Modell avancierte die Baureihe ETZ, die neben den wesentlich verbesserten Fahreigenschaften durch ein völlig neues Design überzeugte. Die MZ ETZ lief 550.000-mal vom Band und wurde in der DDR zum Verkaufshit und ein Exportschlager. Knapp 50% aller DDR-Haushalte besaßen um 1980 ein Motorrad, die meisten fuhren MZ. Der Grund dafür waren die langen Wartezeiten auf einen Pkw. Doch MZ-Motorräder waren auch im Ausland beliebt. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg wurde die RT 100 in einigen europäischen Ländern gebaut. Nach 1945 entstanden Kopien in den USA, Großbritannien und der UdSSR. Weitere Hersteller kopierten das Konzept der RT 125, u. a. in Italien, Ungarn, Japan und Indien. Damit gilt die von Hermann Weber konstruierte RT 125 als das meistgebaute und meistkopierte Motorrad weltweit. Im hohen Norden Finnlands und unter der sengenden Sonne Afrikas rollten die MZ-Zweitakter zur Zufriedenheit ihrer Besitzer. Hauptabnehmer in Osteuropa waren Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien und die UdSSR. Die Ausfuhr in westliche Länder erfolgte nach England, Dänemark, die USA und über die Firma Neckermann in die Bundesrepublik Deutschland. Ende der 1970er Jahre lieferte MZ auch nach Iran, Irak und Ägypten - später nach China, um nur einige zu nennen. Der Exportanteil betrug in den 1970er Jahren ca. 50% und steigerte sich in den 1980er Jahren auf teilweise über 80%. In einzelnen Ländern wie Kuba sind MZ-Motorräder heute immer noch der Renner. Kultstatus Viele MZ-Enthusiasten sind dem Aufruf des Verkehrsmuseums gefolgt und haben ihre persönlichen Erlebnisse mit dem Zweitakter aufgeschrieben. Diese Geschichten finden sich in der Ausstellung wieder und lassen so manche Erinnerungen wach werden. An der Museumskasse zu erwerben: 4,50 Euro "mz-schlager. eine zweitakt-revue des veb motorradwerk zschopau" Reprint der Originalausgabe von 1962. Begleitprogramm Kostenlose Führungen mit dem Kurator der Ausstellung (ohne Voranmeldung): 18. Februar, 18. März, 22. April, 13. Mai, 24. Juni, 15. Juli, 6. August jeweils 15 Uhr. Darüber hinaus werden Vorträge und Schraubergespräche stattfinden, zu denen Sie herzlich eingeladen sind. Die Termine werden auf der Homepage des Verkehrsmuseums und in der Tagespresse veröffentlicht.


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