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Karl Mays sterbliche Überreste radioaktiv?

Eine forensische Untersuchung der sterblichen Überreste Karl Mays bringt etwas Licht ins Dunkel um die Todesursache des berühmten Schriftstellers.

Nachdem im Jahr 2014 statische Schäden am Grabmal Karl Mays auf dem Friedhof Radebeul-Ost entdeckt worden waren, bestand nach der vorübergehenden Entfernung der tonnenschweren Marmorplatte zur Gruft die wohl für lange Zeit einmalige Möglichkeit, die beiden Särge von Karl May und dessen Gattin Klara zu begutachten. Insbesondere galt das Augenmerk den sterblichen Überresten Karl Mays. 1942 waren sein bester Freund Richard Plöhn und seine Schwiegermutter Wilhelmine Beibler ausgebettet und anderweitig bestattet worden. Um auszuschließen, dass in den Wirren des zweiten Weltkriegs irrtümlich Karl May eine andere Ruhestätte fand, er das Schicksal von Mozart und Schiller teilt, die sich nicht in ihren Gräbern befinden, wurde am 20. Oktober 2014 sein vermeintlicher Zinksarg im Auftrag der Karl-May-Stiftung von Ärzten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Leipzig geöffnet und die darin befindlichen sterblichen Überreste direkt in der Gruft obduziert. Bei dem fast vollständig von Weichteilen befreitem menschlichen Skelett auf einer Schicht von groben Sägespänen und Stroh handelt es sich tatsächlich um den sächsischen Dichter und Volksschriftsteller. Reste der Bekleidung und Sargbeigaben wiesen auf eine ungestörte Bestattung hin. Da u. a. die Todesursache Karl Mays von der Forschung nicht beweiskräftig geklärt werden konnte, die Darstellungen zwischen seriösen Forschungsansätzen und geschmacklosen Spekulationen variieren - zwischen natürlichem Tod und Gattenmord -, sah sich die Karl-May-Stiftung veranlasst, die Wahrheitsfindung mit allen Möglichkeiten zu unterstützen. Die Stiftung veranlasste die chemisch-toxikologische Untersuchung der sterblichen Überreste von Karl May auf Medikamente, Drogen sowie Schwermetalle, ferner die molekulargenetische Untersuchung zur Bestimmung des DNA-Musters für eine evtl. Abstammungsbegutachtung. Die notwendigen Proben wurden Karl May direkt in der Gruft entnommen, bevor er noch am selben Tag in seinem Zinksarg würdevoll erneut bestattet worden ist. Im Rahmen des forensisch-anthropologischen Gutachtens erfolgte die Identifizierung der sterblichen Überreste durch einen Fotovergleich des Schädels mit einem Porträt von Karl May. Wie aus dem Gutachten weiter hervorgeht, fanden sich keine verheilten oder frischen Knochenbrüche und keine Hinweise für krankhafte Knochen- oder Zahnveränderungen. Die auf einigen zeitgenössischen Fotos angedeutet erkennbaren 'O-Beine' sind als Fehlinterpretation infolge von Körperhaltung und Aufnahme-Perspektive zu betrachten, denn am Skelett fand sich keine entsprechende Bein- bzw. Gelenkdeformation. Die toxikologischen Untersuchungen ergaben allerdings auffällig hohe Konzentrationen von Blei und Cadmium. Dieser Befund dürfte auf Mays Aufenthalt im Badekurort Joachimsthal (Mai 1911) zurück zu führen sein, wo er radioaktive Bäder erhielt. "Bei der physikalischen Untersuchung der Knochen- und Weichteilproben wurde außerdem die Aufnahme von Radium nachgewiesen", heißt es in dem Gutachten. Mögliche Quellen wären z. B. bleihaltiges Brunnen- oder Leitungswasser oder die Verwendung bleihaltige Emaille-Kochgeschirre. Cadmium war/ist enthalten in z. B. Wasser aus Brunnen oder Heilquellen in Joachimsthal, Nahrungsmitteln sowie im Tabakrauch. "Als Vergiftungsquellen sind am ehesten Trinkwasser, Nahrung bzw. Tabakrauch zu diskutieren. Der gleichzeitige Nachweis erhöhter Konzentration von Blei und Cadmium spricht eher gegen eine absichtliche Vergiftung, da diese Metallverbindungen kaum gemeinsam in handels- oder gewerbeüblichen Produkten vorkommen. In Anbetracht [...] der Laborergebnisse und dem fehlenden Nachweis konkurrierender Todesursachen kommt eine chronische Blei/Cadmium-Vergiftung als Todesursache in Betracht", so das Fazit. Die DNA-Analyse verlief ohne auswertbare Resultate. Die Karl-May-Stiftung erwägt die Veröffentlichung eines ausführlichen Forensisch-anthropologischen Berichts an geeigneter Stelle. Foto: Archiv


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