Seitenlogo

Leserbrief - Antwort: Zweifel an der Testpflicht

Foto: Andrew Dunstan | Unsplash

Foto: Andrew Dunstan | Unsplash

Zweifel an der Testpflicht“ auf das Coronavirus SARS-CoV-2 lautet die Überschrift eines Leserbriefes einer Apothekerin im WochenKurier vom 20. März 2021. Ihre Ausführungen sollen wissenschaftlich beweisen, dass die „Theorie der symptomfreien Ansteckung obsolet“ ist „und alle bisherigen Maßnahmen aus wissenschaftlicher Sicht nicht mehr erforderlich“ sind. Zum Beweis wird eine Meta-Analyse (Statistische Zusammenfassung früherer Forschungsarbeiten weltweit) von Biostatistikern der Universität von Florida herangezogen, die man online ansehen kann („Household Transmission of SARS-CoV-2“, JAMA Netw Open. 2020 Dec). Dort wird untersucht, inwieweit das Virus sich innerhalb von Haushalten von Erstinfizierten auf weitere Personen im Haushalt weiter verbreitet. Korrekt werden im Leserbrief ausgewählte statistische Maßzahlen zitiert, die anscheinend belegen, dass asymptomatische und präsymptomatische Personen keine weiteren Personen infizieren. Dieser umfangreiche Teil im Brief ist eine 1:1-Kopie aus einer „Corona-kritischen“ Website (corona-transition.org). Hätte die Autorin des Leserbriefes selbst in der Orginalarbeit nachgelesen, hätte sie die folgenden Schlussfolgerungen finden können: Von den 54 Untersuchungen lieferten nur 4 (!) Daten zur Infektiosität von Symptom-freien Personen (davon 3 Untersuchungen mit nur jeweils 25 Fällen!), und die Autoren kommen selbst zu dem Schluss, dass für diese Fälle ihre Ergebnisse keine verlässlichen Schlussfolgerungen zulassen. Und sie betonen auch das eigentliche und wichtige Ergebnis ihrer Meta-Analyse: Haushalte sind wichtige Teilhaber in der Verbreitung des Virus. In der Diskussion zu dem Analysepapier wird auch schon vorhergesagt, dass Impfgegner aus den für den Laien unverständlichen statistischen Zahlen falsche Schlussfolgerungen für ihre Zwecke ziehen werden. Und genau das ist hier in dem Brief der Leserin, die auch einen gegen die Corona-Impfungen gerichteten Brief an Bundesärzte- und –apothekerkammer unterzeichnet hat, passiert: Während längst wissenschaftlicher Konsens darüber besteht, dass auch a/prä/symptomatische Personen das Coronavirus übertragen, wird im Leserbrief in völlig unzulässiger und unwissenschaftlicher Art und Weise behauptet, dass „alle bisherigen Maßnahmen aus wissenschaftlicher Sicht nicht mehr erforderlich“ sind, weil eben Menschen ohne Symptome angeblich nicht infektiös seien. Das ist eine geradezu „heroische“ Behauptung, die im weiteren mit der Anzweifelung der Verwertbarkeit von Antigen-Schnelltests fortgesetzt wird. Wissenschaftlich richtig wird in der Zuschrift berechnet, dass trotz der geringen falsch-positiven Rate der Tests von nur ca. 1% in einer weitgehend Coronavirus-freien Bevölkerung eine sehr große Zahl falsch-positiver Testergebnisse resultieren muss. Und wieder wird eine völlig unzulängliche Schlussfolgerung daraus gezogen: „Die jetzt geplante Teststrategie … führt aufgrund statistisch zu erwartender falsch positiver Ergebnisse zu enormen Inzidenzwerten, die politisch zu neuen Lockdowns führen werden.“  Hier fehlt – bewußt? – der „kleine“ Hinweis, dass alle positiven Tests durch Wiederholung und Kontrolle mit der PCR-Methode (als „Goldstandard“ mit nahezu 0 % falsch-positiver Rate) abgesichert werden, abgesehen davon, dass auch die Schnelltests immer besser werden, und manche schon unter 1% Fehlerrate erreichen. Man kann es oft sehen, wie Ergebnisse aus wissenschaftlichen Studien in der Presse durch Hervorheben publikumswirksamer Parameter daraus falsch interpretiert werden. Den hier analogen Fall einer Leserzuschrift halte ich für unverantwortlich, da diese durch ihre  wissenschaftlich daherkommende („das muss doch von einem Fachmann kommen“), tatsächlich aber völlig irrelevante Betrachtung die Leute nur weiter verunsichert. Dr. Hartmut Berger, Kamenz Leserbriefe geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich des Verfassers. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe - bitte mit Anschrift und Telefonnummer - gekürzt zu veröffentlichen. Kontakt-Mail: redaktion@wochenkurier.info


Meistgelesen