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Grippe nicht unterschätzen

Die Grippewelle rollt über Deutschland und macht auch vor dem Landkreis Oberspreewald-Lausitz (OSL) nicht Halt. WochenKurier befragte Amtsärztin Dr. Susanne Rostenthal zur aktuellen Lage.
Dr. Susanne Rosenthal ist Amtsärztin und Leiterin des Gesundheitsamtes im Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Foto: sts

Dr. Susanne Rosenthal ist Amtsärztin und Leiterin des Gesundheitsamtes im Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Foto: sts

Wie stellt sich aktuelle Situation im Landkreis OSL dar?
Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden insgesamt 83 Erkrankte aller Altersstufen im Landkreis Oberspreewald-Lausitz registriert. Die meisten Erkrankten gibt es in der Altersstruktur zwischen sechs und 21 Jahren mit 17 Fällen, jeweils 15 Erkrankte stammen aus der Altersstruktur zwischen null und fünf Jahren sowie zwischen 80 und 89 Jahren. Mit 12 Erkrankten folgt die Gruppe der 30- bis 39-Jährigen. Gibt es bestimmte Schwerpunktregionen im Landkreis, in denen Grippeerkrankungen verstärkt auftreten? Die Grippeerkrankungen verteilen sich über den gesamten Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Es sind keine Schwerpunktregionen bekannt, in denen Grippeerkrankungen verstärkt auftreten. Warum ist vor allem Ende Januar die Zahl der Influenza-Infizierten sprunghaft gestiegen?
Die saisonale Grippe tritt in Deutschland im Winterhalbjahr, meist nach dem Jahreswechsel auf. Die messbare Influenza-Aktivität steigt in den meisten Jahren im Januar oder Februar deutlich an und erstreckt sich durchschnittlich über acht bis zehn Wochen, kann aber vereinzelt auch länger dauern. Der Anstieg an Erkrankungen ist dabei auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen sind Influenzaviren bei niedrigen Temperaturen und in trockener Luft stabiler. Bei trockener Luft ist die Schleimhaut der oberen Atemwege zudem anfälliger für eine Infektion. Im Winter ist unser Immunsystem generell weniger schlagkräftig als im Sommer. Hinzu kommt, dass wir uns im Winter für längere Zeit zusammen mit anderen Menschen in weniger belüfteten Räumen aufhalten. Welche Bevölkerungsgruppen im Landkreis OSL sind von der Influenza zurzeit am häufigsten betroffen?
Die in Arztpraxen behandelten Erkrankungsfälle umfassen das gesamte Altersspektrum, wobei die Zahl in den älteren Altersgruppen abnimmt. Kinder sind auch im Landkreis OSL am häufigsten betroffen. Ihr Immunsystem ist noch nicht ausgereift, es übt sozusagen noch. Befinden wir uns jetzt im Landkreis OSL auf dem Höhepunkt der diesjährigen Grippesaison?
In der jährlichen Grippewelle infizieren sich schätzungsweise fünf bis 20 Prozent der Bevölkerung, wobei nicht jeder Infizierte auch tatsächlich erkrankt. Die Stärke der Grippewellen schwankt von Jahr zu Jahr erheblich. Die Grippesaison ist von der Grippewelle zu unterscheiden: Die Grippesaison ist der Zeitraum, in dem Influenzaviren hauptsächlich zirkulieren. Das ist auf der nördlichen Halbkugel, also auch hier in Deutschland, zwischen Anfang Oktober bis Mitte Mai der Fall. Die Grippewelle hingegen ist der Zeitraum mit erhöhter Influenza-Aktivität. Die jährliche Grippewelle begann in den vergangenen Jahren meist im Januar und dauerte drei bis vier Monate. Ob die höchste Aktivität bereits vorliegt, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Ist man nach einer Grippeinfektion immun für den Rest der Grippesaison?
Ja, nach einer Grippeinfektion ist man immun für einen Zeitraum von etwa sechs bis 12 Monaten. Todesfälle durch Grippe sind nicht ausgeschlossen. Jährlich gibt es sie. Was macht diese Virusgrippe so gefährlich? Die Zahl der Todesfälle schwankt in den einzelnen Grippewellen stark. Wichtig zu wissen ist, dass ältere Menschen das höchste Risiko für schwere Verläufe und Todesfälle haben. Ursächlich dafür sind bestehende Vorerkrankungen, wie chronische Herz- und Lungenerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Immundefekte, neurologische beziehungsweise neuromuskuläre Erkrankungen und schwere Fettleibigkeit wie Adipositas. Bei schweren Verläufen und Todesfällen einer Grippe stehen sogenannte pulmonale Komplikationen im Vordergrund, wie zum Beispiel eine akute Verschlechterung bestehender Lungenerkrankungen. Grippeschutzimpfungen können einer schwerwiegenden Erkrankung vorbeugen. Inwieweit macht es Sinn, sich jetzt noch impfen zu lassen beziehungsweise gibt es jetzt noch die Möglichkeit, sich impfen zu lassen? Die jährliche Influenzawelle in Deutschland begann in den vergangenen Jahren meist zu Jahresbeginn. Vollständiger Impfschutz ist nach zehn bis 14 Tagen nach einer Impfung erreicht beziehungsweise aufgebaut. Daraus ergibt sich die Empfehlung: Um rechtzeitig geschützt zu sein, sollte man sich im Oktober oder November impfen lassen. Hat man den Zeitpunkt verpasst, kann es im Dezember und selbst zu Beginn oder im Verlauf der Grippewelle noch sinnvoll sein, die Impfung nachzuholen, da nicht genau vorherzusagen ist, wie lange eine Influenzawelle dauert. Die Impfung ist auch im Landkreis OSL solange möglich, wie Impfstoff vorhanden ist – im Gesundheitsamt des Landkreises in der Großenhainer Straße 62 in Senftenberg oder auch in den Hausarztpraxen. Warum müssen jedes Jahr neue Impfstoffe entwickelt werden?
Grippeviren sehr wandlungsfähig. Sie verändern sich ständig in geringem Umfang. Daher ist es notwendig, den Impfstoff jährlich anzupassen.
 
Welche weiteren Möglichkeiten gibt es, sich vor einer Grippe-Erkrankung zu schützen?
Die Übertragung der Infektion geschieht durch Tröpfchen, die beim Husten oder Niesen entstehen und über geringe Distanz auf Schleimhaut einer anderen Person gelangen sowie durch direkten Kontakt der Hände mit infizierten Oberflächen, wie etwa beim Händeschütteln. Vorbeugen kann man mit Hygienemaßnahmen wie häufigem Händewaschen und dem Desinfizieren von Flächen. Zu Personen mit Symptomen sollte Abstand gehalten werden. Die Impfung schützt mit 40 bis 60-prozentiger Wirksamkeit. In bestimmten Fällen helfen zudem antivirale Arzneimittel. Weitere Möglichkeiten vorzubeugen, sind regelmäßiges Lüften von Räumen, beim Husten und Niesen die Ellenbeuge nutzen statt der Hand, Einwegtaschentücher nach einmaligem Gebrauch sofort zu entsorgen und aufs Händeschütteln zu verzichten.
 
Worin liegen die wichtigsten Unterschiede zwischen einer gewöhnlichen Erkältung und einer Influenza?
Typische Influenzasymptome sind ein plötzlicher Erkrankungsbeginn, Fieber, trockener Reizhusten, Halsschmerzen sowie Muskel- und/oder Kopfschmerzen. Weitere Symptome können eine allgemeine Schwäche, Schweißausbrüche, fließender Schnupfen, selten Übelkeit/Erbrechen und Durchfall sowie ein insgesamt starkes Krankheitsgefühl sein. Bei einer Influenza treten häufiger Komplikationen auf. Die Erkältung unterscheidet sich von der Influenza darin, dass virologische Atemwegserreger ähnliche Symptome verursachen, jedoch tritt dabei wesentlich seltener hohes Fieber, sondern meist eine erhöhte Temperatur auf. Es gibt weniger komplizierte Verläufe. Eine sichere Abgrenzung ist allerdings nur durch Labordiagnostik möglich. Zu beachten ist, dass nicht alle erkrankten Influenza-Infizierten typische Symptome aufweisen. Hierbei gilt die Faustregel: ein Drittel erkrankt mit fieberhaftem Infekt, ein Drittel mit leichterem Infektverlauf, ein Drittel asymptomatisch. Besonders ältere Menschen entwickeln meist kein Fieber.


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