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Risiko Menschwerdung

Region. Morgen ist Heiligabend. Pfarrer Udo Jäkel aus der Katholischen Pfarrgemeinde Senftenberg spricht im WochenKurier-Interview über dieses besondere Fest.

Pfarrer Udo Jäkel aus der Katholische Pfarrgemeinde Senftenberg »St. Peter und Paul« mit den Kirchorten  Klettwitz, Ruhland und Schwarzheide.

Pfarrer Udo Jäkel aus der Katholische Pfarrgemeinde Senftenberg »St. Peter und Paul« mit den Kirchorten Klettwitz, Ruhland und Schwarzheide.

Bild: sts

Mit welchen Gefühlen blicken Sie in diesem Jahr auf dieses Fest?

 

Mit Vorfreude, auch, wenn es in den Gemeinden seit Jahren einen gewissen Umbruch gibt. Früher hat man gesagt, dass sich der Pfarrer freut, wenn die Kirchen Ostern oder Weihnachten voll sind. Das sind sie auch, aber es hat sich dahingehend gedreht, dass von der Stammgemeinde viele Leute zu ihren Kindern und Enkeln fahren und andere wieder herkommen. Man freut sich über eine volle Kirche, aber es sind plötzlich ganz viel fremde Menschen da. Dass man alle wiedersieht, die man aus der Gemeinde kennt, das ist Weihnachten nicht mehr der Fall.

 

Welchen Platz nehmen die zurückliegende Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine im Weihnachtsgefühl ein?

 

Mit Blick auf Corona ist die positive Änderung, dass in diesem Jahr die Einschränkungen wegfallen. Letztes Jahr haben wir das Krippenspiel draußen aufgeführt, bei Regen - jetzt können wir wieder in der Kirche sein. Das ist natürlich angenehmer. Der Krieg in der Ukraine hat manchen Menschen näher gebracht, dass die eigene Komfortzone gar nicht so sicher ist wie man dachte. Es ist plötzlich ganz viel fragwürdig geworden. Das ist vielleicht für Weihnachten auch eine Chance, dass sich der ein oder andere stärker fragt, worauf es ihm im Leben eigentlich ankommt.

 

Samstag ist Heiligabend. Können Sie kurz erklären, was die Christen am 24. Dezember feiern?

 

Die Christen feiern die Geburt Jesu, die Menschwerdung des Gottessohnes. Diese Geburt feiern wir jedes Jahr aufs Neue. Zum einen erinnern wir an ein Ereignis, welches 2000 Jahre zurückliegt, zum anderen wird Weihnachten eine neue Ankunft Christi in meinem persönlichen Herzen erhofft und schließlich auch die Wiederkunft Jesu Christi am Ende der Zeiten. Dieser Dreiheit gedenken wir gleichzeitig. Es ist also nicht nur ein Rückblick auf Vergangenes, sondern auch etwas, was Gegenwärtiges verändern soll und Zukünftiges erwartet.

 

Wie wichtig ist dabei das Krippenspiel während der Gottesdienste?

 

Das ist sehr wichtig und wird gern von den Mitwirkenden umgesetzt. Wir haben übrigens eine perfekte Maria. Sie wird seit Jahren von einem Mädchen gespielt, dass aus Syrien stammt. Sie hat das typische orientalische Aussehen mit langen schwarzen Haaren und sie hat das Erzählen im Blut, macht das mit vielen Gesten. In diesem Jahr beteiligen sich rund 12 Kinder aus dem Religionsunterricht vom Vorschulalter bis zur 6. und 7. Klasse am Krippenspiel. In Senftenberg wird es um 15.30 Uhr aufgeführt.

 

Das Licht von Bethlehem ist auch wieder in der Gemeinde eingetroffen. Welche Rolle spielt es mit Blick auf das Fest?

 

Es steht an unserer Krippe und wer mag, kann es sich mit einer eigenen Kerze mit nach Hause holen. Das wird in unserer Gemeinde gern genutzt.

 

In der Weihnachtsgeschichte ist der Geburtsort Jesu interessant. Als Sohn Gottes wird er nicht in einem Palast oder in einer guten Stube, sondern in einem Stall oder in einer Grotte geboren. Ist das eines Gottessohnes nicht unwürdig?

 

 Das ist gerade das Schöne. Es ist eine wirkliche Menschwerdung Christi. Der Sohn Gottes nimmt menschliche Gestalt an, wird wahrer Mensch - und das nicht besuchsweise. Er geht das Risiko der Menschwerdung ein - mit allen Erschwernissen wie Zahnschmerzen und Pubertät, Zweifel, Angst und Ungewissheit. Der Zusatz etwa ›sie wickelte ihn in Windeln‹ zeigt diese enge Bindung. Das Kind schwebte nicht über der Krippe und verbreitete schon Licht und Wärme, sondern es ist ganz Mensch geworden. Diese Menschwerdung ist der Kern der Weihnachtsgeschichte.

 

Was kann jeder einzelne für sich selbst aus der Weihnachtsbotschaft mitnehmen?

 

Das ist eine Frage des Geheimnisses. Die Menschwerdung Christi ist ein Geheimnis, was der Mensch mit Glauben, dem Vertrauen auf Gott, begreifen und sich selbst erschließen muss.

 

Wenn Sie einen Weihnachtswunsch frei hätten: Was würden Sie sich wünschen?

 

Ein Wunsch wäre ein dauerhafter Waffenstillstand im Ukraine-krieg. Ich wünsche mir auch, dass wir uns an vergangene Weihnachten in der Familie erinnern und wir auch an die Menschen denken, die uns vorausgegangen sind. Dieses Erinnern ist etwas sehr Schönes.


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